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Börsen-Zeitung: Wer zahlt, schafft an, Kommentar von Bernd Wittkowski zur Diskussion über das im Auftrag des Bundesfinanzministeriums erstellte Gutachten zur Reform von Anlegerentschädigung und Einlagensicherung

Frankfurt (ots)

Das ist mal ein origineller Vorschlag zur
Überwindung der Dreisäulenstruktur des Bankgewerbes: Nach dem im 
Auftrag des Bundesfinanzministeriums erstellten Gutachten der 
Professoren Bigus (Uni Bern) und Leyens (Uni Hamburg) zur Reform von 
Anlegerentschädigung und Einlagensicherung sollen künftig alle für 
alle haften - Privatbanken, Volksbanken und Sparkassen mithin auch 
für jene gruppenfremden Finanzhäuser, die in ihren Kreisen keinen 
Schutz fanden. Das ist das Prinzip des Länderfinanzausgleichs oder 
der Gesetzlichen Krankenversicherung: Wer mies wirtschaftet oder 
Schlimmeres anstellt, hält sich bei denen schadlos, die ihre Finanzen
und Risiken im Griff haben. "Überlaufregelung" heißt das. Der Begriff
impliziert, dass im Notfall schon ein Sicherungstopf ausgelaufen ist 
oder - wie die Entschädigungseinrichtung der 
Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) - seit eh und je ziemlich leer 
war.
Anlass der Überlegungen ist der 670-Mill.-Euro-Betrugsfall Phoenix
Kapitaldienst. Die 750 Vermögensverwalter, Börsenmakler und sonstigen
EdW-Mitglieder, die per - oft an die Substanz gehender - Sonderumlage
zur Kasse gebeten werden, sind zwar ebenso zu bedauern wie 30000 
geprellte Anleger, die sich bis zu 20000 Euro auf den Schutz ihrer 
Anlage verlassen konnten. Aber so, wie es sich die Gutachter 
vorstellen, nämlich zulasten der Kreditwirtschaft und ihrer Kunden, 
darf das Problem nicht gelöst werden. Wer zahlt, schafft an: Es kann 
doch nicht allen Ernstes daran gedacht sein, dass Banken und 
Sparkassen für in Teilbereichen konkurrierende Finanzdienstleister 
haften sollen, ohne dass Letztere sich den Aufnahmekriterien und 
Kontrollmechanismen der etablierten und bewährten Sicherungssysteme 
unterwerfen. An diesen Kriterien und Mechanismen müssen aber 
zumindest jene Akteure scheitern, die sich im oder an der Grenze zum 
grauen Kapitalmarkt bewegen.
Ein Entschädigungssystem, das schon dem ersten härteren 
Belastungstest nicht standhält, ist ein klarer Fall von 
Fehlkonstruktion. Das muss nicht an schlechter Umsetzung durch 
nationale Gesetzgeber oder mangelhafter Aufsicht liegen. Es kann auch
sein, dass schon die EU-Richtlinie zur Anlegerentschädigung missraten
war. Offenbar gibt es bestimmte Schäden, für die nach Art, Entstehung
oder Umfang keine Solidargemeinschaft geradestehen kann und will. 
Unabhängig davon muss die Frage erlaubt sein, ob wirklich jede Form 
von Geldanlage schutzbedürftig und schützenswert ist.
(Börsen-Zeitung, 13.3.2008)

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