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Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: n-tv wird seine Talkshows einstellen

Berlin (ots)

Der Berliner Nachrichtensender n-tv wird seine
Talkshows einstellen. Betroffen sind „Der Grüne Salon", der „Talk in
Berlin" und „Maischberger". Die Begründung ist schlicht: Der
finanziell notleidende Privatsender muss noch stärker sparen, um das
Defizit für 2004, rund 28 Millionen Euro, zu verringern. Mit diesem
Beschluss, getroffen vom Mehrheitseigner RTL und ausgeführt vom
Berliner Statthalter, n-tv-Geschäftsführer Johannes Züll, verliert
der Sender seine erfolgreichsten Formate. So schnellte die
Zuschauerquote am vergangenen Montag, als Bundeswirtschaftsminister
Wolfgang Clement im „Grünen Salon" bei Andrea Fischer und Claus
Strunz zu Gast war, von 60 000 Zuschauern (Marktanteil: 0,2 Prozent)
auf 200 000 Zuschauer (0,6 Prozent) hoch. Nichts anderes passiert,
wenn Klaus Bresser am Sonntag zum „Talk in Berlin" bittet. Letzter
Termin für den „Grünen Salon": 17. November, Schlusspunkt für den
„Talk in Berlin": 30. November, Finale für „Maischberger": Juni 2004.
n-tv ist nicht seit gestern klamm, seitdem der Marktführer des
deutschen Fernsehens, die RTL Group in Köln, die Mehrheit erworben
hat. Aber die Hoffnung, dass RTL das Blatt bei n-tv wenden kann,
diese Hoffnung trog bisher. Es hat am Standort an der Berliner
Taubenstraße bereits harte Einschnitte gegeben: Entlassungen,
Kürzungen bei Gehältern, Druck auf die Zulieferer bei Progamm und
Technik. Und die Schrauben werden weiter angezogen: Die Online-
Redaktion wird aufgelöst (20 Stellen weniger), Christine Kolmar, die
stellvertretende Chefredakteurin wird entlassen, der Umzug des
Senders in die Kölner RTL-Zentrale unter Beibehaltung einer kleinen
Nachrichten-Mannschaft im Berliner RTL-Studio steht bevor, im
Programm findet der Austausch von kostenträchtigen Sendungen gegen
durchgesponserte Magazine statt - siehe die tägliche Abendstrecke
zwischen Steuererklärung und Wellness. Jetzt, mit dem Ende der
Talkformate, wird n-tv total entkernt; was vom eigentlichen
Nachrichtensender bleibt, ist das Gerüst der News zur halben und zur
vollen Stunde. Alles sieht danach aus, als sollte der erste private
Nachrichtensender in Deutschland zu einer weiteren Abspielstation von
RTL-Programmen , sprich ein „RTL 4" werden. n-tv- Chef Züll und Hans
Mahr, der RTL-Informationsdirektor, wollten auf Anfrage des
Tagesspiegel die Entwicklungen in der Taubenstraße nicht
kommentieren. Kein Trost wird es sein, dass der privaten Konkurrenz
von N 24 das Wasser ebenso am Hals steht. Ansprechbar war M. Walid
Nakschbandi, Geschäftsführer der Produktionsgesellschaft AVE, die für
n-tv den „Grünen Salon" und den „Talk in Berlin" herstellt. „Mir tut
es für den Sender Leid", sagte Nakschbandi dem Tagesspiegel. Die
Entscheidung sei auch ihm gegenüber mit der erodierenden
Finanzsituation des Senders begründet worden. Die AVE sei n-tv bei
den Kosten bereits beträchtlich entgegengekommen: „Im Vergleich zu
2003 haben den ,Talk in Berlin' um 39 Prozent, den ,Grünen Salon' um
36 Prozent günstiger produziert." Die AVE und ihre Redaktionen, die
Moderatoren, die technischen Dienstleister, alle hätten Verzicht
geleistet- umsonst. Weiter runter, wäre nicht mehr drin gewesen: „Wir
machen keine Discount-Talkshows." Für die AVE sieht Nakschbandi die
geringsten Auswirkungen: „Wir stehen auf mehreren Standbeinen,
Talkshows, Musikproduktionen, Dokus und Reportagen." Die betroffenen
Mitarbeiter würden an anderer Stelle im Unternehmen weiter
beschäftigt. Immerhin, die AVE besitzt beim „Talk" wie beim „Grünen
Salon" das Copyright. Für das Umtopfen des politischen Talkformates
in ein anderes Programm ist der Markt sehr, sehr eng. Anders beim
„Grünen Salon", der möglicherweise in einem öffentlich- rechtlichen
Programm in dieser Region wiedereröffnet wird. Auch n-tv denkt
weiter. So soll der RTL-Angestellte Heiner Bremer, der jeden Montag
das „Duell" moderiert, die „Maischberger"-Sendung Mitte 2004
übernehmen, ein politischer Talk als preisgünstige Studiosendung
gefahren werden. Steht Klaus Bresser, der Moderator des „Talks in
Berlin" zur Verfügung: „Ich bin keiner, der antichambriert." Er stehe
für ernsthaften, seriösen Journalismus. Wofür aber steht ein n-tv mit
Zukunft?
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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