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Deutsche Umwelthilfe warnt Große Koalition vor Rollback in der Klimaschutz- und Luftreinhaltepolitik - Kapitel "Umwelt und Verkehr" im Koalitionsvertrag setzt Wunschzettel der Autoindustrie eins zu eins um

Radolfzell (ots)

Russfilterförderung bleibt Schimäre -
Einrechnung von Biokraftstoffen in den Flottenverbrauch soll 
deutschen Autobauern auch für die Zukunft den Bau von Spritfressern 
ermöglichen
Autobauern auch für die Zukunft den Bau von Spritfressern 
ermöglichen
Berlin, 6. November 2005: Die Große Koalition will im Bereich 
Verkehr auf jede wirksame Klimaschutz- und Luftreinhaltepolitik 
verzichten. Alle Diskussionen der vergangenen Jahre über die 
Feinstaubbelastung in den Städten und die Eindämmung der 
Treibhausgasbelastung durch den Autoverkehr sollen im Sinne der 
deutschen Automobilindustrie und auf Kosten von Gesundheit und 
Klimaschutz entschieden werden. Das geht nach Überzeugung der 
Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) aus dem Wortlaut des 
Ergebnisprotokolls der AG Umwelt - Kapitel "Umwelt und Verkehr" der 
laufenden Koalitionsverhandlungen hervor.
"Was da zu Papier gebracht wurde, ist im Ergebnis die 
Eins-zu-Eins-Umsetzung des Wunschzettels der deutschen 
Automobilindustrie. Es entsteht der Eindruck, als hätte der Verband 
der deutschen Automobilindustrie bei den Verhandlungen der 
Koalitionsarbeitsgruppe Umwelt den Vorsitz geführt", sagt 
DUH-Bundesgeschäftsfüher Jürgen Resch.
Nach dem Wortlaut des Papiers sollen gefilterte und ungefilterte 
Diesel-Neufahrzeuge erst ab 2008 unterschiedlich besteuert werden. 
Bis dahin haben sich aber selbst die Nachzügler unter den deutschen 
Herstellern wie der VW-Konzern verpflichtet, keine Diesel-Pkw mehr 
ohne Filter auszuliefern. Der steuerliche Malus wird so zur Schimäre.
Umgekehrt werden Automobilhersteller, die bis 2008 keinen geregelten 
Russfilter anbieten, belohnt. Denn nur ihre Autos werden bei einer - 
noch dazu weniger wirksamen - Nachrüstung bezuschusst. 
Autohersteller, die heute schon serienmäßig 100-Prozent-Rußfilter 
anbieten, müssen die Mehrkosten ohne Zuschuss an den Kunden 
weitergeben. Käufer dieser Fahrzeuge haben keine Aussicht auf 
steuerliche Förderung. Zudem gehen alle Autokäufer leer aus, die sich
seit Anfang 2005 aus Sorge um die Umwelt aber auch im Vertrauen auf 
die Förderzusagen aller politischen Lager für einen 
partikelgefilterte Neuwagen entschieden haben.
Die Formulierung zur Kennzeichnung einer Dieselruß-Plakette 
("möglichst einfache und transparente Lösung") lässt befürchten, dass
sich die Große Koalition dem Vorschlag des Bundesrats von Mitte 
Oktober anschließt, wonach zwischen Fahrzeugen, die nur die derzeit 
verpflichtende Euro-4-Norm einhalten und partikelgefilterten 
Diesel-Pkw nicht unterschieden wird. Die Deutsche Umwelthilfe fordert
eine eigenständige Kennzeichnung von Pkw und Nutzfahrzeugen, die über
einen 100-Prozent-Partikelfilter verfügen. Resch: "Ohne 
eigenständiger Kennzeichnung von rußfreien Dieselfahrzeugen können 
die Kommunen in Zukunft nicht differenziert mit Fahrverboten auf hohe
Feinstaubbelastungen reagieren. Für den Autokäufer entfiele zudem 
jeder Anreiz, jetzt nur noch Diesel-Fahrzeuge mit 100-Prozent-Filter 
zu kaufen".
Als "größten Kniefall vor der Automobilindustrie" bezeichnete 
Resch den Vorschlag der Koalitionäre, den Einsatz von Biokraftstoffen
in die Klimaschutzvereinbarung zwischen dem europäischen 
Automobilverbandes ACEA und der EU-Kommission einzurechnen. Die 
europäischen Hersteller hatten sich verpflichtet, bis 2008 bei 
Neufahrzeugen eine durchschnittliche Emission von 140 g CO2 pro km 
nicht mehr zu überschreiten. Die EU hat zudem 1996 in ihrer 
Klimaschutzstrategie die weitere Absenkung der CO2-Emissionen auf 120
g / km beschlossen.
Die DUH hatte erst Ende Oktober nachgewiesen, dass die deutschen 
Autohersteller dieses Ziel faktisch aufgegeben und sich vom Bau 
spritsparender und abgasarmer Pkw verabschiedet haben, im Gegensatz 
zu vielen ausländischen Marken die zwischenzeitlich erheblich 
effizientere Flottenverbräuche vorweisen können. Der Verband der 
deutschen Automobilindustrie (VDA) widersprach daraufhin der 
DUH-Darstellung und erklärte, man werde diese Vereinbarung erfüllen. 
Resch: "Es gibt nicht den geringsten Grund, die Autohersteller mit 
dem Trick einer Berücksichtigung irgendwelcher Anteile an Biosprit 
aus der Verpflichtung zu entlassen, verbrauchsärmere Fahrzeuge zu 
bauen. Der gemeinsame Wunsch, den Anteil regenerativ erzeugter 
Kraftstoffe zu erhöhen, hat nichts mit der Notwendigkeit zu tun, 
effizientere Autos zu bauen."
Die deutschen Autobauer erwähnen selbst in ihren Publikationen, 
dass das erklärte politische Ziel der EU (seit 1996) ein 
Flottenverbrauchswert von 120 g CO2 / km für das Jahr 2010 ist. "Es 
wäre ein Armutszeugnis für die neue Bundesregierung, wenn sie 
anstelle konkreter Maximalverbrauchsregelungen zur Sicherstellung 
dieser Grenzwerte das Gegenteil beschließen sollte und die 
Autoindustrie auffordert, ruhig bis zu 10 % höhere Spritverbräuche zu
realisieren wie bisher bisher vereinbart war und diese absurde 
Lockerung des Klimaziels in vorauseilendem Gehorsam in ihr Programm 
schreibt", sagt Resch.
Nach Informationen der DUH haben Volkswagen und Ford bereits vor 
etwa drei Jahren auf EU-Ebene eine Initiative mit dem Ziel gestartet,
die so genannten "Monitoring Rules" der Klimavereinbarung zwischen 
ACES und EU dahingehend zu ändern, dass der Anteil von 
Biokraftstoffen im Kraftstoffmix als Minderungsleistung eingerechnet 
wird. Der Vorschlag wurde von der EU verworfen. Die EU hat daraufhin 
festgehalten, dass indirekte CO2-Emissionen die durch Primärenergie- 
oder Kraftstoffproduktion entstehen, sowie mögliche Einsparungen 
durch die Verwendung von Biokratstoffen etc., nicht im Monitoring zu 
berücksichtigen. Die ACEA-Verpflichtung wird nur ausschließlich auf 
die direkten CO2-Emissionen des Fahreugs angewendet. Für die DUH ist 
es ausgesprochen verwunderlich, dass nun ausgerechnet die 
Umweltpolitiker von SPD, CDU und CSU einen erneuten Vorstoß 
unternehmen, die Klimaschutzanforderungen an die Automobilindustrie 
aufzuweichen und EU-Klimaschutzstrategien aktiv zu unterlaufen.
Diese Initiative deckt sich auch mit aktuellen internen Versuchen 
der deutschen und europäischen Automobilindustrie, die 
Reduktionsanstrengungen von den fahrzeugseitigen Minderungen weg und 
hin zu Maßnahmen in der gesamten Mobilitätskette zu bewegen. Dieser 
intern als "integrierter Ansatz" kommunizierte Entlastungsversuch der
Automobilindustrie soll dazu dienen "kostspielige technische 
Maßnahmen" zu vermeiden. Er hat offenbar auch direkten Eingang in die
Koalitionsverhandlungen gefunden.
Resch: "Wir sehen die große Gefahr, dass hier mit gefälliger Lyrik
ein knallhartes Rollback in der Klimaschutz- und Luftreinhaltepolitik
kaschiert wird. Der Einfluss mächtiger Industrielobbys auf die 
Verhandlungen ist offenbar größer als wir in unseren schlimmsten 
Träumen befürchten mussten."
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH), Hackescher Markt 4, 
10178 Berlin, Tel.: 030/ 25 89 86-0 Tel.: 0171/ 3649170, E-Mail:  
resch@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 
10178 Berlin, Tel.: 030/ 25 89 86-15, mobil 0171/ 56 60 577, E-Mail:  
rosenkranz@duh.de

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell

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