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[PM] Nationaler Bildungsbericht: Der Bildungsweg ist immer noch von der sozialen Herkunft abhängig

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Pressemitteilung | Bamberg, 23.06.2020

Sperrfrist bis 23.06.2020, 11 Uhr

8. Nationaler Bildungsbericht "Bildung in Deutschland 2020" veröffentlicht

Daten des Nationalen Bildungspanels zeigen: Der Bildungsweg ist immer noch von der sozialen Herkunft abhängig

Das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) hat in Kooperation mit dem DIPF | Leibniz Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, dem Deutschen Jugendinstitut (DJI), dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), dem Soziologischen Forschungsinstitut an der Universität Göttingen (SOFI), dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) und den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder (Destatis, StaLä) den 8. Nationalen Bildungsbericht "Bildung in Deutschland 2020" fertiggestellt, der am 23.06.2020 vorgestellt wurde. Ein besonderes Anliegen des Bildungsberichts ist die Darstellung von Verläufen, Risikofaktoren und Gelingensbedingungen von Bildung, wodurch sich auch Erkenntnisse über Bildungsergebnisse und -erträge gewinnen lassen. Im aktuellen Bericht wurde in verstärktem Maße mit längsschnittlichen Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) gearbeitet, das am LIfBi beheimatet ist und das von einem deutschlandweiten Netzwerk seit rund zehn Jahren durchgeführt wird. Beispiele für NEPS-Befunde im aktuellen Bildungsbericht sind die folgenden sieben Ergebnisse.

Soziale Herkunft bestimmt den Schulverlauf

Vergleicht man auf Basis der NEPS-Daten die Verläufe von Schülerinnen und Schülern mit niedrigem, mittlerem und hohem sozioökonomischem Status, prägt die soziale Herkunft nicht nur den Übergang auf die weiterführenden Schulen, sondern spielt auch für die weitere Schullaufbahn eine wichtige Rolle. Gegenüber Gleichaltrigen mit niedrigem Sozialstatus schlagen statushohe Schülerinnen und Schüler mit 79 % fast dreimal so häufig die Gymnasiallaufbahn ein und führen diese bis zum Ende des Sekundarbereichs fort. Bemerkenswert ist aber auch, dass 16 bzw. 13 % der Jugendlichen mit niedrigem und mittlerem Sozialstatus während oder nach dem Sekundarbereich I noch in einen höher qualifizierenden Bildungsgang wechseln.

Die NEPS-Daten zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der Schülerinnen und Schüler (81 %) einen geradlinigen Verlauf des Sekundarbereichs I an der Schule haben, an der sie auch gestartet sind. Kinder, die nach der Grundschule auf ein Gymnasium oder eine Realschule übergehen, revidieren diese Bildungsentscheidung deutlich seltener als an den übrigen Schularten. Immerhin aber wechseln 11 % der Hauptschülerinnen und -schüler in Richtung höher qualifizierender Schularten und/oder Bildungsgänge (Quelle: Bildungsbericht 2020, Kap. D2)

Entwicklung der Mathe-Kompetenzen kann ein guter Indikator für Aufwärts- oder Abwärtsmobilität sein

Bei Realschülerinnen und -schülern zeigen die NEPS-Daten, dass bei gleichem Ausgangsniveau vor allem diejenigen ihre Schullaufbahn mit dem Besuch eines Gymnasiums fortsetzen, die zuvor größere Kompetenzfortschritte in Mathematik erzielten. Auch an Schulen mit zwei Bildungsgängen schließen vermehrt solche Jugendlichen einen höher qualifizierenden Bildungsgang an, die im Sekundarbereich I die größten Leistungsverbesserungen hatten. Umgekehrt verhält es sich bei der Abwärtsmobilität an Gymnasien: Schülerinnen und Schüler, die das Gymnasium vorzeitig in Richtung niedriger qualifizierender Schularten verlassen, starten und beenden den Sekundarbereich I mit schlechteren Leistungen in Mathematik als jene, die das Gymnasium ohne Wechsel durchlaufen. (Quelle: Bildungsbericht 2020, Kap. D7)

Auch zwei Jahre nach dem Abschluss ist nicht jeder Jugendliche in beruflicher Ausbildung

Repräsentative Daten von Schulentlassenen der Jahrgangsstufen 9 und 10 zeigen, dass sich drei Monate nach Verlassen der allgemeinbildenden Schule 52 % in einer dualen oder vollzeitschulischen Berufsausbildung befinden. Darüber hinaus sind 17 % der Schulentlassenen an Schulen gewechselt. Zudem befinden sich weitere 21 % in einer berufsvorbereitenden Maßnahme, rund 7 % sind ungelernt erwerbstätig, arbeitsuchend oder arbeitslos gemeldet. 3 % der Jugendlichen befinden sich in Elternzeit, im Militärdienst oder der weitere Bildungsverlauf konnte nicht nachvollzogen werden. 24 Monate nach Verlassen der allgemeinbildenden Schule befinden sich 58 % der Jugendlichen in einer vollqualifizierenden Ausbildung. Gleichzeitig zeigen die Daten aber auch, dass zu diesem Zeitpunkt 30 % der Schulentlassenen noch nicht den Sprung in eine qualifizierte berufliche Ausbildung oder in ein anderes weiterführendes Bildungsangebot geschafft haben. (Quelle: Bildungsbericht 2020, Kap. E4)

Sozialstrukturelle Merkmale bestimmen die Übergangsprozesse in die berufliche Ausbildung

Der schnelle Übergang in eine berufliche Ausbildung gelingt besser, je höher der schulische Schulabschluss ist:34 % der Jugendlichen mit einfachem Hauptschulabschluss starten direkt nach Schulabschluss in die Ausbildung, bei Jugendlichen mit Mittlerem Abschluss sind es hingegen 56 %). Schulentlassene ohne Migrationshintergrund schaffen häufiger den nahtlosen Übergang ins duale System und sind seltener in instabilen Ausbildungsverläufen anzutreffen als Jugendliche mit Migrationshintergrund. Jugendliche mit hohem Status gehen häufiger in eine weiterführende (berufliche) Schule, um dort die Fachhochschulreife zu erlangen, münden andererseits jedoch seltener in eine betriebliche Ausbildung ein als statusniedrigere. (Quelle: Bildungsbericht 2020, Kap. E4)

Defizite in den IT-Kompetenzen zum Studienbeginn und im fortgeschrittenen Studium

Ein Fünftel der später Studierenden erreicht am Ende der Schulzeit nicht das Basisniveau der IT-Kompetenzen, das bei Studienbeginn vorliegen sollte. Hier zeigen die NEPS-Daten, dass zwar nach den ersten drei Studienjahren ein deutlich höheres Kompetenzniveau festzustellen ist. Geht man jedoch davon aus, dass Informations-, Computer- und Technologie-bezogene Kompetenzen (ICT) auf höherem Niveau eine Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium sind, bleibt etwa die Hälfte der Studierenden hinter den Anforderungen zurück. (Quelle: Bildungsbericht 2020, Kap. H5)

Geringe Fachwechsel bei Studierenden

Die Daten des NEPS weisen auf eine hohe Stabilität der Studienentscheidung hin: Nur 15 % der befragten Studierenden wechseln die Fachrichtung, und wenn sie einen Fachwechsel vornehmen, dann relativ früh nach Aufnahme des Studiums. An Universitäten ist die Wechselquote mit 20 % deutlich höher als an Fachhochschulen (8 %). In der Medizin kommt es kaum zu Wechseln und im Lehramt nur in wenigen Fällen. Die Wechsel erfolgen häufig von Fach- zu Lehramtsstudium sowie von den Natur- zu den Ingenieurwissenschaften. (Quelle: Bildungsbericht 2020, Kap. F4)

Steigender Bildungstand von Kindern im Vergleich zu ihren Eltern

Betrachtet man anhand der NEPS-Daten den Bildungstand der Eltern und ihrer Kinder, so zeigt sich, dass Nachkommen im Alter von 30 Jahren einen höheren Abschluss erreicht haben als ihre Eltern: Sie verfügen häufiger über einen Hochschulabschluss, einen Fach- und Berufsakademie- oder Verwaltungshochschulabschluss. Der Großteil der 30-Jährigen (63 %) ist im direkten Vergleich mit ihren Eltern intergenerational bildungsmobil - sie erwerben entweder einen höheren oder aber einen niedrigeren Bildungsabschluss, wobei die Aufwärtsmobilität höher ist als die Abwärtsmobilität. (Quelle: Bildungsbericht 2020, Kap. I4)

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Über den Nationalen Bildungsbericht

Der alle zwei Jahre erscheinende Bericht "Bildung in Deutschland" als Gemeinschaftswerk verschiedener Einrichtungen aus der Bildungsforschung liefert eine umfassende Gesamtschau des deutschen Bildungswesens. Er wird alle zwei Jahre auf Basis von amtlichen Statistiken sowie sozialwissenschaftlichen Daten und Studien erstellt. Als systematische Bestandsaufnahme des gesamten Bildungswesens verfolgt er langfristige Entwicklungslinien und macht auf neue Akzentuierungen aufmerksam. Hierzu werden indikatorengestützt die Strukturen und Leistungen verschiedener Bereiche entlang des Bildungs- und Lebensverlaufs vom Elementarbereich über Schule und berufliche Ausbildung bis zu Hochschule und Weiterbildung berichtet. Die Bildungsberichterstattung ist dabei als Bestandteil einer umfassenden "Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring" zu verstehen, die darauf abzielt, durch kontinuierliche, datengestützte Beobachtung und Analyse Informationen für die Bildungspolitik, Bildungsverwaltung und die Praxis aufzubereiten und bereitzustellen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördern die Erarbeitung des Berichts. In der Ausgabe 2020 führt der Bildungsbericht die in den vorherigen Berichten dargestellten Indikatoren zum deutschen Bildungswesen fort und nimmt zugleich neue Indikatoren auf. Der neueste Nationale Bildungsbericht mit dem Schwerpunktkapitel "Bildung in einer digitalisierten Welt" wurde am 23.6.2020 vorgestellt. Bei seiner Erarbeitung haben unabhängige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus folgenden Einrichtungen mitgewirkt: DIPF | Leibniz-Zentrum für Bildungsforschung und Bildungsinformation (Federführung), Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für lebenslanges Lernen (DIE), Deutsches Jugendinstitut (DJI), Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi), Soziologisches Forschungsinstitut an der Universität Göttingen (SOFI) sowie die Statistischen Ämter des Bundes (Destatis) und der Länder. Die Kultusministerkonferenz (KMK) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördern die Erarbeitung des Berichts.

Über das LIfBi und das NEPS

Das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V. (LIfBi) an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg fördert die bildungswissenschaftliche Längsschnittforschung in Deutschland. Hierzu stellt das LIfBi grundlegende, überregional und international bedeutsame, forschungsbasierte Infrastrukturen für die empirische Bildungsforschung zur Verfügung. Das größte Projekt ist das Nationale Bildungspanel (NEPS - National Educational Panel Study), ein interdisziplinäres Exzellenznetzwerk, das deutschlandweit die Expertise von rund 220 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an mehr als 30 Standorten vereint. Mit mehr als 60.000 getesteten und befragten Zielpersonen von der Geburt über Ausbildungs- und Erwerbsphase bis hinein in die Nacherwerbsphase sowie 40.000 zusätzlich befragten Personen aus deren Umfeld eröffnet das NEPS fundierte Analysemöglichkeiten für die Bildungsforschung. Die Daten des NEPS werden durch das LIfBi Bildungsforschenden weltweit zugänglich gemacht. Geleitet wird das NEPS von Prof. Dr. Cordula Artelt, Direktorin des LIfBi in Bamberg.

BILDMATERIAL:

  • NEPS-Logo ( Download)
  • LIfBi-Logo ( Download)
  • LIfBi Außenansicht Wilhelmspost( Download)Verwendung nur unter Angabe von: Foto: Jürgen Schabel/Universität Bamberg

PRESSEKONTAKT:

Dr. Florian Mayer
Telefon: +49 951 863-3573
Mobil: +49 172 911 82 84
E-Mail:  kommunikation@lifbi.de 

www.lifbi.de/Kommunikation

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