Schmutzige Fiat-Wohnmobile: Deutsche Umwelthilfe fordert Kraftfahrt-Bundesamt nach neuen Messungen zu rechtlichen Schritten auf
Berlin (ots)
- Abgas-Messungen der DUH belegen erneut extrem hohe Stickoxid-Emissionen im Realbetrieb bei einem Wohnmobil auf Fiat Ducato Basis
- Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bleibt untätig, obwohl die Grenzwertüberschreitungen bekannt und rechtliche Schritte möglich sind
- DUH fordert KBA auf, endlich gegen die Fiat-Mutter Stellantis vorzugehen und will die Behörde zur Not gerichtlich dazu zwingen
Angesichts massiv erhöhter Stickoxid-Emissionen bei Fiat-Wohnmobilen fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit einer formalen Beschwerde auf, rechtlich gegen den Hersteller vorzugehen. Aktuelle Messungen des Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) der DUH im Realbetrieb bei sommerlichen Außentemperaturen an einem Wohnmobil auf Fiat Ducato Basis, dem 180 Multijet, Abgasnorm Euro 5, weisen einen durchschnittlichen Stickoxidausstoß von 2.056 mg/km aus. Der für das Fahrzeug geltende Grenzwert liegt bei 280 mg/km.
Das KBA bestätigte, in eigenen Untersuchungen Auffälligkeiten in Bezug auf die hohen Stickoxid-Emissionen als Folge von Unzulässigkeiten bei Fiat Ducato Modellen festgestellt zu haben. Im selben Zug kündigte das KBA Anfang 2021 an, die entsprechenden Typgenehmigungsbehörden zu informieren und diese aufzufordern, geeignete Maßnahmen durchzuführen. Spätestens mit der bereits im September 2020 in Kraft getretenen Verordnung 2018/585 hat jedoch auch das KBA die Möglichkeit, als Marktüberwachungsbehörde selbst Maßnahmen zu ergreifen. Nach den Erfahrungen des Dieselskandals hatte die EU diese Regelung eingeführt, um Behörden auch dann Handlungsmöglichkeiten einzuräumen, wenn sie nicht selbst die Typgenehmigung der betroffenen Modelle erteilt haben. Durch diese neue Verordnung ist das KBA nicht mehr nur Genehmigungs-, sondern auch Marktüberwachungsbehörde, was zur Folge hat, dass das KBA gegen jeden Hersteller eines Fahrzeuges mit einem nicht konformen Bauteil vorzugehen hat.
Da das KBA nach aktuellem Wissensstand bisher untätig blieb, hat die DUH Beschwerde eingereicht und sieht gegebenenfalls rechtliche Schritte vor: "Mit der am 29. Juni 2022 eingereichten Beschwerde unseres Mandanten hat das KBA nun drei Monate Zeit, geeignete Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um die Übereinstimmung der betreffenden Fahrzeuge herzustellen. Sollte das KBA nicht fristgerecht geeignete Maßnahmen ergreifen, sehen wir uns gezwungen, den Klageweg einzugehen", sagt Remo Klinger, der die DUH in diesem Fall vertritt.
Darüber hinaus kann das KBA Bußgelder gegen den Hersteller verhängen, im Fall illegaler Manipulation bis zu 5.000 Euro pro Fahrzeug. Darauf hatte die DUH bereits vor Jahren hingewiesen.
Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Aufgrund des hohen Anschaffungspreises sind Wohnmobile besonders lange im Einsatz. Es ist nicht hinnehmbar, wenn sie keine funktionierende Abgasreinigung an Bord haben. Obwohl schon 2016 der damalige Bundesverkehrsminister Dobrindt sowie danach sein Nachfolger Scheuer über illegale Abschalteinrichtungen bei Fiat-Wohnmobilen Bescheid wussten, wurde bis heute kein Rückruf angeordnet und Bußgeld verhängt. Der amtierende Bundesverkehrsminister Wissing sowie das ihm untergeordnete KBA müssen den betrügerischen Machenschaften der Fiat-Mutter Stellantis endlich ein Ende setzen und die betroffenen Fahrzeuge zurückrufen, damit der Hersteller sie auf seine Kosten mit wirksamer Abgasreinigungstechnik nachrüstet. Sollte das Kraftfahrt-Bundesamt weiterhin untätig bleiben, werden wir gegen die Behörde rechtlich vorgehen."
Hintergrund:
Seit sechseinhalb Jahren führt das EKI auch Abgas-Messungen an Wohnmobilen und leichten Nutzfahrzeugen durch - mit erschreckendem Ergebnis: Selbst Wohnmobile mit Abgasnorm Euro 6 überschreiten den Stickoxidgrenzwert im Realbetrieb um das bis zu 16-fache. Die Messergebnisse hat die DUH öffentlich gemacht sowie den Behörden und der ermittelnden Staatsanwaltschaft Frankfurt zur Verfügung gestellt.
Das EKI hat bisher Abgas-Messungen an 12 Wohnmobilen und leichten Nutzfahrzeugen durchgeführt, bei denen die Modelle auf Fiat Ducato Basis besonders schlecht abschneiden. Selbst Wohnmobile, die noch Mitte 2019 neu zugelassen wurden - knapp vier Jahre nach Aufdeckung des Dieselabgasskandals - überschreiten mit durchschnittlich 1.996 mg NOx/km den Euro 6 Stickoxidgrenzwert für leichte Nutzfahrzeuge von 125 mg/km um das bis zu 16-fache. Das wurde kürzlich an einem Carthago Chic E-Line I 64 XL QB (Fiat Ducato Chassis) gemessen. Dies ist besonders gravierend, da circa 70 Prozent der in Deutschland gefertigten Reisemobile auf einem Fiat Chassis aufbauen und mit Fiat Motoren ausgestattet sind.
Link:
Zum Messbericht: https://l.duh.de/p220708a
Pressekontakt:
Prof. Dr. Remo Klinger, Geulen & Klinger Rechtsanwälte
0171 2435458, klinger@geulen.com
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de
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