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General-Anzeiger: Leitartikel zum Zustand der Koalition: Reaktives Moderieren

Bonn (ots)

Von Alexander Marinos

Wofür steht eigentlich Angela Merkels CDU? Bei den anderen Parteien fällt einem gleich etwas ein: Die SPD fordert den Mindestlohn, die Grünen wollen schneller raus aus der Atomenergie, die Linkspartei will Hartz IV (und am liebsten gleich das ganze politische und ökonomische System) abschaffen und die FDP - hurra! - hat nun offenbar endlich niedrigere Steuern durchgesetzt. Früher einmal gab es wenigstens widerstreitende Interessen zwischen den Konservativen, den Liberalen und den Sozialpolitikern in der CDU, ein munteres Hin und Her zwischen Modernisierern und Bewahrern, aus dem Konzepte und Parteiprogramme resultierten. Doch nachdem sich profilierte Flügelstürmer wie Roland Koch und Jürgen Rüttgers nicht einmal mehr auf der Ersatzbank befinden, ist die innerparteiliche Debatte mausetot. Die CDU ist noch nicht einmal in der Lage, eine ordentliche Krise zu zelebrieren, wie es sich für eine lebendige demokratische Partei gehört. Wer mit Blick auf die verlorenen Landtagswahlen nach der überfälligen Diskussion über Inhalte und Personen fahndet, findet das pure Nichts. Mit anderen Worten: Waren Maß und Mitte einmal Markenzeichen der Christdemokraten, die breite Mehrheiten in der Bevölkerung sicherten, regiert heute nur noch das Mittelmaß. Das ist besonders bemerkenswert, wenn man sich vor Augen führt, dass es dem Land vergleichsweise gut, ja mit Blick auf die ökonomischen Daten sogar blendend geht. Und es ist ja auch nicht so, dass die Regierung Merkel nichts tut. Sie verwaltet Deutschland auf eine Weise, dass niemandem ein größeres Leid geschieht, und reagiert auf äußere Umstände immer dann, wenn es ihr zum Zwecke der Selbsterhaltung unumgänglich erscheint. Ansonsten profitiert sie von den Vorgängerregierungen: von der großen Koalition, die Deutschland mit der Kurzarbeit hervorragend auf die Zeit nach der Krise vorbereitet hat, und auch von der Regierung Schröder, deren Sozialreformen zu den Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg gehören. Zu einem eigenen großen Wurf allerdings, einer mutigen Reform wie der Agenda 2010, ist Schwarz-Gelb nicht in der Lage. Es fehlt der Mut, es fehlt die Kompetenz. Und speziell der Kanzlerin fehlt wohl auch das Interesse. Sie gibt keine Richtung vor, weil sie keine Richtung hat. Was manche als pragmatisch und unideologisch loben, entpuppt sich zunehmend als phlegmatisch und ideenlos. Die Frage, wann Merkel ihren Kompass verloren hat, greift schon lange zu kurz. Eher muss man fragen: Hatte sie je einen? Sicher, man kann darin ein besonderes Maß an Flexibilität erkennen, wenn ausgerechnet eine CDU-geführte Regierung die Wehrpflicht abschafft, eine Frauenquote in Konzernspitzen einführen will, aus der Atomenergie aussteigt, sich von der Hauptschule verabschiedet und - nicht zu vergessen - den Verbündeten diesseits und jenseits des Atlantiks beim Thema Libyen auf beispiellose Weise in den Rücken fällt. Aber wenn dem so gar nichts typisch Christdemokratisches gegenübersteht? Wenn immer mehr in Vergessenheit gerät, was das überhaupt ist: typisch christdemokratisch? Man darf gespannt sein, was außer Merkel und dem Wort "Mitte" 2013 auf den Wahlplakaten der CDU zu finden sein wird. Wie wäre es damit: "CDU - Wir sind nach allein Seiten offen."

Pressekontakt:

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Alexander Marinos
Telefon: 0228 / 66 88 612
a.marinos@ga-bonn.de

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