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FZ: Geliebt und gehasst Kommentar der "Fuldaer Zeitung" zum Tod von Guido Westerwelle

Fulda (ots)

Guido Westerwelle war einer von denen, die es in der Politik zu selten gibt: ein Staatsmann, der zugleich ein hervorragender Entertainer ist - oder umgekehrt: ein Entertainer, der über brillanten politischen Sachverstand verfügt. Er war ein Mann klarer Worte und Prinzipien, der wusste, wie man Menschen für sich gewinnt. Und das registrierte man auch als Journalist: Seine Interviews wurden nicht - wie oft üblich - von einem Mitarbeiterstab aus PR-Profis weichgeklopft oder verwässert, bevor sie erscheinen durften. Er eckte an, und das schien für ihn eine Leidenschaft zu sein. Die Partei liebte ihn dafür: Über zwei Jahrzehnte war er die Lichtgestalt der Liberalen, der die 5-Prozent-Partei zu neuen Höhen führte. Doch sein größter Triumpf war zugleich der Beginn seiner größten Niederlage: Westerwelle vermochte es nicht, all die Pläne, die er in der Opposition verkündet hatte, in die Realität umzusetzen. Sein Satz aus dem Wahlkampf 2009, er werde keinen Koalitionsvertrag unterschrieben, in dem nicht eine große Steuerreform verankert sei, nahmen viele Menschen wörtlich - und wurden bitter enttäuscht.

Es war im Sommer 2002, als wir uns das erste Mal begegneten. Eine gemeinsame Fahrt im "Guido-Mobil" von Kassel bis zum Edersee war für die Presse organisisert worden. Als FDP-Chef und Spitzenkandidat hatte er sich großkotzig zum Kanzlerkandidaten gemacht und 18 Prozent als Ziel ausgerufen. Das waren die Zeiten, als selbst seine Schuhsohlen mit einer "18" bedruckt waren. Doch hinter all dem Klamauk trat ein sensibler, verbindlicher und kluger Kopf mit klaren Vorstellungen von einem besseren Land hervor. Die Reise wurde zur Lehrstunde im Fach Politikvermittlung, denn er begeisterte selbst politikmüde Menschen wieder für das, was sich im Bundestag tat.

Obwohl er Zeit seines Lebens Politik machte, war Westerwelle eine Ausnahmeerscheinung unter den Berufspolitikern. Er lebte anders, sammelte Kunst, liebte Musik, war Genussmensch, für viele vielleicht zu sehr Hedonist. Mit dem Amt des Außenministers, das er nach dem grandiosen FDP-Erfolg 2009 übernahm, wurde er leiser und ruhiger. Entscheidungen wie die Nichtteilnahme am militärischen Eingreifen in Libyen, für die er scharf kritisiert wurde, erwiesen sich im Nachhinein als weise und vorausschauend.

Doch Wähler und die eigene Partei hatten keine Gnade mit Westerwelle, dem die nicht eingehaltenen Wahlversprechen angelastet wurden. Als er 2013 sang- und klanglos von der politischen Bühne verschwand und ein halbes Jahr später die Nachricht von seiner schweren Krankheit auftauchte, da lag der Schluss, die Ereignisse hätten ihn zermürbt, nicht ganz fern. Es ist müßig zu fragen, wie heute Entscheidungen der Bundesregierung mit einem Vizekanzler Westerwelle aussähen. Fest steht: Er hat die Politik, ja die ganze Republik bunter und sympathischer gemacht. Schade, dass es nun kein politisches Comeback mehr geben wird. Vollendet war dieses Leben noch nicht. / Bernd Loskant

Pressekontakt:

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Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de

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