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Mindestens 155 begleitete Suizide in Deutschland im Jahr 2013
"Report Mainz", heute, 14.1.2014, um 21.45 Uhr im Ersten

Mainz (ots)

Im Jahr 2013 hat es in Deutschland mindestens 155 Fälle von begleiteten Suiziden bei Schwerstkranken gegeben. Die Zahl beruht auf Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" bei zwölf Sterbehelfern in Deutschland, die überwiegend anonym tätig sind. Darunter sind Ärzte, u. a. der Berliner Urologe Uwe Christian Arnold, der Verein "Sterbehilfe Deutschland" und ein pensionierter Pädagoge. Der ehemalige stellvertretende Schulleiter, Peter Puppe, bekennt sich in "Report Mainz" erstmals öffentlich, Schwerstkranken beim Suizid zu assistieren. Seit 2005 sei er als Sterbehelfer in Deutschland unterwegs. Er habe pro Jahr 4-5 Menschen in den Tod geholfen - zumeist mit einem Medikamentencocktail: "Ich helfe, wenn eine schwere Erkrankung ohne Aussicht auf Besserung, ohne Aussicht auf medizinische Hilfe oder gar Gesundung vorliegt und das eindeutige Signal über längere Zeit 'Ich möchte nicht mehr weiterleben, weil ich es als absolutes Leid und als unwürdig empfinde'." Der 70-jährige Pensionär aus Norddeutschland berät dabei Schwerstkranke, welche Mittel sie sich zu besorgen haben, und ist beim Suizid dabei. Selbst aktiv greife er nicht ein, sagt er, weil es sich ansonsten um verbotene aktive Sterbehilfe handele.

Diese Form des assistierten Suizides hält der Münchener Medizinrechtler Wolfgang Putz für "absolut legal". Putz, der ein Grundsatzurteil vor dem Bundesgerichtshof zum Patientenverfügungsrecht durchgefochten hatte, sagt in "Report Mainz": "Dieser selbsternannte Sterbehelfer - in Anführungszeichen - handelt vollkommen rechtmäßig, wenn er nur freiverantwortlichen Patienten hilft. Es kommt einzig und allein darauf an, ob der Patient, der den Suizid begehen möchte, freiverantwortlich ist und wohlüberlegt handelt."

Diese Form der organisierten Sterbehilfe soll nach dem Willen des neuen Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe verboten und unter Strafe gestellt werden. Gröhe steht damit in einer Reihe mit prominenten Unionsvertretern und auch mit dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering. Den Bedarf bei Schwerstkranken am ärztlich assistierten Suizid belegt dagegen eine aktuelle Studie des Instituts für Medizinethik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Von 66 schwerstkranken Patienten, die an der Muskellähmung ALS leiden, äußersten fast die Hälfte (42 Prozent), an Suizid zu denken. 50 Prozent könnten sich vorstellen, ihren Arzt um Suizidhilfe zu bitten. Gleichzeitig belegen die Patienteninterviews, dass sich fast keiner traut, seinen Arzt daraufhin anzusprechen. "Man kann daraus schließen, dass Gespräche über Suizidhilfe ein Tabu sind im Verhältnis zwischen Arzt und Patient", sagt Studienleiter Dr. Ralf Jox. Ein striktes Verbot der Suizidhilfe werde diesen Schwerstkranken nicht gerecht, so die Meinung des Münchener Mediziners. Er plädiert für eine Regelung mit klaren Bedingungen und Kontrollen, die den Ärzten die Suizidhilfe ermöglicht. Ralf Jox: "Eine solche Regelung könnte nicht nur Rechtssicherheit bieten, sondern könnte die Sorgen und Ängste der Patienten, ihre Autonomie ernst nehmen."

Weitere Informationen unter SWR.de/report. Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei. Fragen bitte an "Report Mainz", Tel. 06131/929-33351.

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