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Amnesty International

Anschläge am 11. September 2001
Reaktionen auf Attentate gefährden Menschenrechte weltweit

Bonn (ots)

amnesty international lehnt Maßnahmen entschieden ab,
die zu weiteren Menschenrechtsverletzungen führen / Neuer ai-Bericht
belegt weltweite rassistische Angriffe auf Muslime, Araber und
Asiaten / Gesetzesvorhaben europäischer Regierungen gefährden
Bürgerrechte und Flüchtlingsschutz / Afghanische Zivilbevölkerung in
Gefahr von Menschenrechtsverletzungen
Bonn, 4. Oktober 2001 - Auch nach den furchtbaren Anschlägen in
New York und Washington dürfen Schock und Entsetzen Regierungen nicht
dazu verleiten, Maßnahmen zu ergreifen, die zu weiteren
Menschenrechtsverletzungen führen. Das macht die
Menschenrechtsorganisation amnesty international deutlich, die heute
einen ersten Bericht über die Auswirkungen der Anschläge auf die
Menschenrechte vorlegt.
So sind in mindestens zehn Ländern Muslime und Menschen mit
arabischer oder asiatischer Herkunft oder Aussehen angegriffen
worden. Der Bericht zeigt weiter, dass es bereits Anzeichen dafür
gibt, dass Maßnahmen, die mit dem Kampf gegen Terrorismus
gerechtfertigt werden, zu Einschränkungen der bürgerlichen und
politischen Rechte führen können. "Das Entsetzen über die Anschläge
darf nicht dazu führen, dass einzelne Gruppen im Namen der
Terrorbekämpfung zu Opfern werden", betont Dr. Iris Schneider,
Sprecherin der deutschen Sektion von amnesty international.
In  Europa  planen  die Regierungen Gesetze und  Maßnahmen, die zu
einer Bedrohung für die Freiheitsrechte ihrer Einwohner werden
können. Auch die Regelungen, die zum Schutz vor
Menschenrechtsverletzungen dienen, sind in Gefahr, von den geplanten
Maßnahmen aufgehoben zu werden. In einigen Ländern werden Schritte
zur Bekämpfung illegaler Einwanderung diskutiert, die
Flüchtlingsrechte aushöhlen würden. Die Europäische Union will die
Definition des Begriffs Flüchtling neu fassen und könnte damit gegen
die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 verstoßen.
In der Folge der Anschläge ist es zu einer Welle rassistischer
Gewalttaten gekommen. Männer und Frauen jeden Alters sind beschimpft
und attackiert worden, weil sie durch ihre tatsächliche oder
vermeintliche Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder
Nationalität direkt mit den Attentaten in Verbindung gebracht wurden.
Trotz der Aufrufe zu Toleranz und Zurückhaltung wurden allein in den
USA in den zurückliegenden Wochen 540 Angriffe auf arabischstämmige 
Amerikaner und 240 auf Sikhs registriert. In Polen, Indien,
Großbritannien und Dänemark wurden Moscheen und Hindu-Tempel
angegriffen.
In einer Reihe von Ländern (Mexiko, Brasilien und Paraguay) wurden
Menschen muslimischer oder arabischer Herkunft festgenommen, weil sie
verdächtigt wurden, Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen zu
haben. amnesty international  befürchtet, dass es bei diesen
möglicherweise willkürlichen Inhaftierungen auch zu Misshandlungen
gekommen sein könnte.
Die Organisation ist zudem ist in großer Sorge, dass Teile der
afghanischen Bevölkerung von Menschenrechtsverletzungen bedroht sind.
Vor allem Angehörige von nicht-paschtu-Minderheiten, die im
Herrschaftsgebiet der Taliban leben, sind gefährdet, weil sie
beschuldigt werden könnten, mit der gegnerischen Nord-Allianz zu
sympathisieren.
"Wenige Wochen nach der UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus  müssen
wir beobachten, dass viele Menschen angegriffen und diskriminiert
werden, weil sie einer bestimmten ethnischen oder religiösen Gruppe
angehören", sagt Iris Schneider. "Und während die Weltöffentlichkeit
noch mit den jüngsten Ereignissen beschäftigt ist, können Regierungen
den Druck auf  ihre politischen Gegner erhöhen".
Äußerungen der chinesischen Regierung lassen amnesty international
befürchten, dass die Behörden die Ereignisse des 11. September dazu
nutzen wollen, ihren Druck auf ethnische Gruppen zu erhöhen, die
verdächtigt werden  "Separatisten", "Terroristen" oder "religiöse
Extremisten" zu sein. Dazu gehören  vor allem Muslime in der
Autonomen Uigurischen Republik Xinjiang (Sinkiang). Auch die
Regierung von Usbekistan könnte die gegenwärtige Situation dazu
nutzen, jede Form islamischer Opposition brutal zu unterdrücken.
Angesichts dieser beunruhigenden Tendenzen fordert amnesty
international alle Regierungen auf, die Rechte aller Einwohnerinnen
und Einwohner gleichermaßen zu schützen und klarzustellen, dass sie
rassistische Übergriffe in keinem Fall tolerieren werden.
amnesty international fordert deshalb alle Regierungen auf,
sicherzustellen, dass:
  • bei ihren Reaktionen auf die Attentate vom 11. September die Rechte aller Menschen geachtet werden;
  • alle geplanten gesetzgeberischen Maßnahmen den Schutz der Menschenrechte beachten;
  • Asylsuchende geschützt werden und ein faires Asylverfahren erhalten;
  • niemand in ein Land abgeschoben wird, in dem er oder sie von Menschenrechtsverletzungen bedroht ist;
  • rassistische Übergriffe verurteilt und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.
"Es  kann  keinen Zweifel geben, dass Regierungen ihre Bürger vor
drohenden Anschlägen  schützen  müssen. Die Maßnahmen, die sie dazu
ergreifen, dürfen jedoch  nicht  zu  weiteren 
Menschenrechtsverletzungen  führen", sagt Iris Schneider.
Wenn Sie Nachfragen oder Interviewwünsche haben oder den Bericht
bestellen wollen, wenden Sie sich bitte an die ai-Pressesprecherin
Dr. Iris Schneider, die zurzeit (und auch am 3. Oktober) telefonisch
in London unter 0044-207-413 5885 zu erreichen ist.
Oder Sie wenden sich ab dem 4. Oktober an:
amnesty international               + 49 - (0)228 - 98373-306 / - 0
- Pressestelle -                    + 49 - (0)228 - 630036
53108 Bonn                          E-Mail:  presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de

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