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SAT.1

Angela Merkel über die Ökosteuer, Renten, Steuerreform, Rechtsradikalismus, ihr Verhältnis zu Helmut Kohl und Roland Koch

Berlin (ots)

Das SAT.1-Interview mit der CDU-Parteivorsitzenden
Angela Merkel am Samstag, den 16. September 2000 um 17.30 Uhr
Mit CDU-Parteichefin Angela Merkel setzen die SAT.1-Nachrichten am
Samstag, 16. September 2000 um 17.30 Uhr, ihre Interview-Reihe mit
bundesdeutschen Spitzenpolitikern fort. SAT.1-Chefredakteur Jörg Howe
und Hans Schregelmann (Leiter der Parlamentsredaktion) trafen sich
zum Gespräch mit Angela Merkel in der SAT.1-Nachrichtenzentrale in
Berlin-Mitte.
Vorab einige O-Töne aus dem heute aufgezeichneten Interview.
Die Interviewpassagen sind frei zur Veröffentlichung bei
Quellenhinweis: SAT.1-Nachrichten.
Ökosteuer
SAT.1: Bundeskanzler Schröder weigert sich im Moment kategorisch,
die Ökosteuer auszusetzen oder die Mineralölsteuer zu senken. Ist
diese Steuerproblematik das große Thema, mit dem Sie jetzt endlich
gegen Rot-Grün punkten können?
   Angela Merkel: "... Es ist schon die Aufgabe einer Opposition,
sich solcher Themen anzunehmen. Und deshalb glaube ich, dass Herr
Schröder einen Fehler macht, wenn er einfach ignorant über die Leute
hinwegspricht. Wenn er auch sagt, wer unsere CDU-Kampagne
unterstützt, der ist gegen vernünftige Politik. Es ist ja noch nicht
so, dass der Bundeskanzler der Staat selbst ist, sondern wir haben
schon noch Meinungsvielfalt. Und ich bin eigentlich ein bisschen
verwundert, warum die Bundesregierung sich so hartleibig zeigt, denn
in ihrer Koalitionsvereinbarung hat Rot-Grün geschrieben, dass die
Ausgestaltung der Ökosteuer immer in Abhängigkeit von den
Energiepreisen erfolgen soll. Und genau das ist unsere
Mindestforderung. Am besten aber, die ganze Steuer weg."
SAT.1: Der Bundeskanzler wirft Ihnen vor, Ihre Kampagne sei ein
Aufruf zur Nötigung. Bleiben Sie dennoch bei Ihrer Aktion?
Angela Merkel: "Das zeigt nur, dass der Bundeskanzler schlechte
Nerven hat, dass er weiß, dass er nicht Recht hat. Er hat sich als
Autokanzler immer wieder profilieren wollen. Er hat mal im Wahlkampf
gesagt, 6 Pfennig, das ist das Ende der Fahnenstange und dann hat er
sein Wort gebrochen. Und jetzt holt ihn das ein. Und deshalb ist es
absurd. Wir halten Gesetze ein und wir klären die Menschen auf. Wir
kommen mit ihnen ins Gespäch und das ist unsere Aufgabe."
SAT.1: Was würden Sie vorschlagen, um Heizölpreise, insbesondere
aber auch Benzin und Diesel zu senken?
Angela Merkel: "Wir würden vorschlagen, dass die ganze Ökosteuer
rückgängig gemacht wird. Das Mindeste wäre erstmal am 01.01.2001
keine weiteren Erhöhungen, aber Schritt für Schritt kann man
natürlich die ganze Ökosteuer wieder abschaffen, weil wir jetzt in
einer konjunkturell guten Lage sind und jetzt schon absehbar ist,
dass Steuermehreinnahmen eintreten werden. Die Steuerschätzungen
werden überboten, dass heißt, man muss dem Bürger an dieser Stelle
nicht das Geld aus der Tasche ziehen."
Sozialdemokratie/CDU-Geschichte
Angela Merkel: "... Jeder spürt inzwischen auch in der CDU, dass
die Sozialdemokratie versucht, unser Erbe kaputtzumachen und unsere
Geschichte zu zerschlagen und sich als die alleinigen Verfechter des
21. Jahrhunderts darzustellen. ... Auf der Grundlage unserer
Geschichte lösen wir die Probleme des 21. Jahrhunderts."
Verhältnis CSU/CDU
SAT.1: Die CSU wirft der CDU vor, Sie hätte keinen Biss. Wie gehen
Sie mit dieser Kritik um?
   Angela Merkel: "...Wer meinen Biss spüren will, der kann ja davon
auch was bekommen, das ist nicht das Problem. Ich finde, dass wir zum
Beispiel bei unserer Ökosteuerkampagne, bei unserer Rentenkampagne im
vorigen Jahr, dass wir sehr wohl Biss haben. ... Es gibt die
gemeinsame Sehnsucht, die Probleme der Gegenwart und der Zukunft
anzupacken. Es hilft nicht, wenn man sozusagen unterm Tisch immer ein
bisschen noch rempelt..."
Renten
SAT.1: Haben Sie die Befürchtung, dass Gerhard Schröder Ihnen als
Konsenskanzler Themen wie Steuer und Rente wegnimmt?
   Angela Merkel: "... Die Rente ist über viele Jahrzehnte immer von
den großen Volksparteien gemeinsam gelöst worden. Die
Sozialdemokraten haben das '98 verlassen, diese Basis, aber das ist
kein Grund für uns zu sagen, wir sind hier nicht zu einer
Zusammenarbeit bereit. ... Wir haben Gewaltiges durchgesetzt und
setzen vielleicht auch noch Gewaltiges durch. Wir haben die
steuerliche Förderung in der privaten Altersvorsorge bereits ein
Stück weit hinbekommen. Es geht jetzt darum, ob Schröder ein Herz für
Kinder hat, ob etwas für die Familien getan wird... Es geht um die
Rückkehr zu einer richtigen Nettoanpassung der Rente und nicht der
Willkür der Inflationsrate. Wenn wir solche Punkte durchsetzen
können, dann haben wir wirklich etwas geschafft. Dann ist eine
Grundlage für einen Konsens gegeben. Wenn das nicht der Fall ist, wir
müssen jetzt den Gesetzentwurf abwarten, dann wird man auch Kritik
üben müssen. Ich glaube, dass die Union richtig getan hat, sehr hart
zu verhandeln, sehr stark die eigene Position in den Vordergrund zu
schieben. Und wir hatten eine Position, bevor Herr Riester überhaupt
eine formuliert hatte."
Steuerreform
Angela Merkel: ..."Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die
Steuerreform nicht gut ist für den deutschen Mittelstand. Die
Steuerentlastungen für den Mittelstand, das wird sich im nächsten
Jahr zeigen, die kommen eben nicht wie für die Kapitalgesellschaften
2001, sondern die kommen dann erst 2005. Das ist eine lange Strecke
für den Mittelstand ..."
Rechtsradikalismus
SAT.1: Sind Sie für ein NPD-Verbot?
   Angela Merkel: "Es liegt nicht an mir zu sagen, ob ich dafür oder
dagegen bin, weil ich es in der Sache gar nicht einschätzen kann. Ich
finde den Weg richtig, der jetzt gegangen wird, dass die
Bundesregierung ...überprüft, ob die Grundlagen für ein Verbot
gegeben sind. Ich persönlich fände es schlecht, wenn man von
vornherein sagt, wir verbieten eine Partei nicht. Wenn die Grundlagen
da sind, sollte man diesen Weg gehen, wenn es nicht ausreicht, sollte
man ihn nicht gehen. Ich finde, man sollte es schnell prüfen und
nicht allzuviel darüber sprechen, sondern dann einfach handeln."
Helmut Kohl
SAT.1: Sind Sie auf dem Weg zur Versöhnung mit Helmut Kohl?
   Angela Merkel: "Ich glaube, dass es doch jedem klar ist, dass
Helmut Kohl große Leistungen vollbracht hat, historisch... Und es ist
auch klar, dass Fehler passiert sind... Ich bin sehr froh, dass wir
am 1. Oktober die gemeinsame Veranstaltung haben, dass Helmut Kohl
dort spricht. Ein 3. Oktober 2000, ohne dass Helmut Kohl das Wort
ergreift, ist für mich schwer vorstellbar... Wir haben sehr, sehr
viel aufgeklärt innerhalb der CDU und jetzt schauen wir nach vorn und
dazu gehört eben auch die Bewahrung der Geschichte, die Bewahrung der
historischen Rolle von Helmut Kohl. Und dafür bin ich als
Parteivorsitzende verantwortlich..."
Roland Koch/Spendenskandal
SAT.1: Ist Roland Koch eine Belastung für die Union?
Angela Merkel: "Nein! Er ist ganz eindeutig ein strategisches
Kampfprojekt der Sozialdemokraten... Roland Koch, als ein
intelligenter, leistungsstarker CDU-Ministerpräsident, ist inzwischen
strategisch von der SPD aufs Korn genommen worden..."
Achtung Radiostationen: Ausgewählte O-Töne des SAT.1-Interviews
mit Angela Merkel können auch über ORS empfangen werden.
Das nächste SAT.1-Interview findet am 26. September 2000 mit
Bundeskanzler Gerhard Schröder statt.
Rocco Thiede
SAT.1 PRESSE & PR
Tel.: 030 / 2090-2385 / Fax: 030 / 2090-2337
E-Mail:  rocco.thiede@sat1.de
SAT.1 im Internet: http://www.sat1.de und
http://www.sat1nachrichten.de

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