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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Amokläufen

Bielefeld (ots)

Amokläufe in Erfurt, Winnenden, Ansbach: Nachdem
der erste Schmerz abgeklungen ist, schlägt die Stunde der sogenannten
Experten. Psychiater, Medienpädagogen, Juristen, Kriminologen und 
Ingenieure versuchen zu erklären, warum die Bluttat geschah und wie 
sie sich in Zukunft vielleicht verhindern ließe. Die Palette der 
Vorschläge reicht von unrealistisch über wohlfeil bis sinnvoll. Jetzt
legte der »Expertenkreis Amok«, der sich intensiv mit der Tragödie 
vom 11. März in Winnenden befasste, als der 17-jährige Tim K. in der 
Albertville-Realschule und auf der Flucht 15 Menschen tötete, 83 
Empfehlungen vor.
Eine davon sollte die Politik sofort umsetzen. So fordern die 
Fachleute, dass die Höchststrafe für Amokdrohungen von drei auf fünf 
Jahre ausgeweitet wird. Das unermessliche Leid, das Gewalttäter aus 
Menschenhass, Abscheu gegen Schule und Lehrer oder aus gekränktem 
Stolz anrichten, ist schon schlimm genug. Dass sich dann auch noch 
Trittbrettfahrer berufen fühlen, aus Geltungssucht oder welchen 
Motiven auch immer Amokläufe anzukündigen, muss der Staat mit allen 
rechtlichen Mitteln unterbinden. Nach Winnenden zählten die Behörden 
sage und schreibe 200 Trittbrettfahrer. Hier hilft nur Abschreckung: 
also rauf mit der Höchststrafe auf fünf Jahre!
In Deutschland herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die 
Schulen keine Hochsicherheitstrakte werden dürfen. Waffenkontrollen 
und Metalldetektoren an den Eingängen gelten als übertrieben, als 
deplatziert in Gebäuden, in denen junge Leute zu gebildeten, 
toleranten, friedensliebenden, humanistisch gesinnten Menschen 
geführt werden sollen. Nichts spricht gleichwohl dagegen, die 
indirekte Sicherheit für Schüler und Lehrer zu verbessern. Deshalb 
sollte die Politik den Vorschlag aufgreifen, spezielle Türsysteme 
einzubauen, die sich im Ernstfall nur noch von innen öffnen lassen.
 Kleingeistig mutet da die prompte Einschränkung des 
baden-württembergischen Ministerspräsidenten Günther Oettinger (CDU) 
an, sichere Türknäufe würden das Land 30 bis 50 Millionen Euro 
kosten. Na und? Ist das Leben unserer Kinder dieses Geld etwa nicht 
wert, während mit höheren Summen an anderer Stelle Straßen und 
Brücken gebaut werden, die eigentlich gar nicht nötig wären?
Einige weitere Vorschläge der Experten kosten wenig, sind aber 
sinnvoll: mehr Kontrollen bei Waffenbesitzern, die Altersgrenze für 
den Gebrauch großkalibriger Schießeisen anheben, an den Schulen 
stärker als bisher über die Rolle von Gewalt in Videos und 
Computerspielen aufklären.
All das enthebt die Eltern aber nicht ihrer Verantwortung. Sie 
entscheiden durch ihre Erziehung, ob jemand anderen mit Respekt 
begegnet und mit Enttäuschungen umgehen kann. Wenn sinnvolle 
Empfehlungen umgesetzt werden und Eltern auf ihre Kinder achten, 
sinkt die Gefahr von Amokläufen. Hundertprozentige Sicherheit gibt es
aber nicht.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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