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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Wahldebakel der SPD

Bielefeld (ots)

Das hatte sich der SPD-Parteichef Franz
Müntefering ganz anders vorgestellt. Die Europawahl sollte der 
deutschen Sozialdemokratie den Swing bringen: selbst zulegen, die 
Verluste der Union bejubeln und aus dem deutlich geringer gewordenen 
Rückstand die Trendwende ableiten. Herausgekommen ist für die SPD 
allerdings ein Gong, und was für einer!
Nach dem Wahldebakel, das für die SPD einen Rückstand von 17,1 
Prozentpunkten auf die Union ausweist, macht sich bei den Genossen 
Ratlosigkeit breit. Am schlimmsten erwischte es - noch am Wahlabend -
Frank-Walter Steinmeier. Als einziger Gast bei »Anne Will« konnte der
SPD-Kanzlerkandidat auch nicht retten, was nur schwer zu retten war.
Im Nachhinein dürften die Wahlkampfstrategen den Auftritt ihres 
Spitzenmanns in der ARD-Talkshow bitter bereuen. Ohne Zweifel war die
Zusage der Überzeugung geschuldet, dass es für die Sozialdemokraten 
bei der Europawahl nicht schlimmer würde kommen können als 2004. Als 
es dann doch schlimmer kam, war es für einen Rückzieher zu spät.
Also musste sich der sichtlich geknickte Steinmeier als »Frank-Walter
Supermann« veralbern lassen und hilflos mit ansehen, wie ihm 
reihenweise SPD-Anhänger die Qualitäten für den Job des Kanzlers 
absprachen. Steinmeier taumelte von einer Verlegenheit in die 
nächste. Er blieb blass, seine Antworten wirkten wie gestanzt, fast 
trotzig klang seine Einlassung »Ich bin Kandidat, weil ich es will.«
Beinahe folgerichtig verzichtete der Noch-Außenminister gestern nach 
der Präsidiumssitzung auf den Auftritt vor der Presse. Müntefering 
musste allein ankündigen, was in den nächsten 111 Tagen kommen soll: 
die Verschärfung der Konfrontation mit der Union und vor allem die 
stärkere Mobilisierung der eigenen Anhänger.
Beides wird der SPD zur Bundestagswahl gelingen. Der Plan aber, 
vorzugsweise eine rot-grüne, mindestens aber eine Ampelkoalition mit 
FDP und Grünen anzuführen, ist in weite Ferne gerückt. Es ist zwar 
richtig, dass es der SPD traditionell besonders schwerfällt, ihre 
Klientel zur Europawahl zu bewegen. Dass allerdings am Sonntag nur 
SPD-Wähler zu Hause geblieben sein sollen, ist kaum vorstellbar.
Keineswegs zufällig hat Müntefering gestern gesagt: »Unser Ziel 
bleibt, Schwarz-Gelb zu verhindern.« Die SPD führt von sofort an 
einen Abwehrwahlkampf, weil es ihr nicht gelingen will, in den 
Angriff zu kommen. Dabei werden sich die Sozialdemokraten der 
gleichen Methoden wie bisher bedienen. Was die Parteispitze 
Prinzipientreue nennt, ist vielmehr ein Mangel an Alternativen. Der 
SPD fehlt ein Thema, und ihr fehlt der Kopf, der die Leute mitreißen 
kann. Doch eine Personaldebatte verbietet sich. Sie käme politischem 
Selbstmord gleich.
 So wird die SPD weiter das bürgerliche Lager als Hort marktradikaler
Tendenzen brandmarken und die Rettung jedes einzelnen Arbeitsplatzes 
mit Steuergeldern propagieren. Alles in der Hoffnung, dass doch noch 
von irgendwoher ein Swing kommt.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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