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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

Bielefeld (ots)

Marcel Reich-Ranicki hat einen Befreiungsschlag
gelandet. Für sich und andere. Was der große alte Mann der 
Literaturkritik zur Begründung dafür ins Feld führte, dass er den ihm
zugedachten Ehrenpreis für sein Lebenswerk nicht annehmen werde, kam 
aus dem Innersten. Bis zum Siedepunkt hatte sich offenbar schon über 
viele Jahre immer kräftigerer Unmut beim ihm angestaut.
Nun werden sie ihm am heutigen Freitagabend, Punkt 22.30 Uhr, im 
öffentlich-rechtlichen ZDF eine Art Anschlusspodium geben. Man darf 
gespannt darauf sein, welche Register Reich-Ranicki wohl noch ziehen 
wird im Gespräch mit Thomas Gottschalk. Denn der 88-jährige, geistig 
und rhetorisch gleichwohl quicklebendige Reich-Ranicki hat nicht nur 
seinem Herzen Luft gemacht, sondern Millionen Menschen aus der Seele 
gesprochen.
 Vor allem natürlich den ungezählten Fernsehkonsumenten, deren 
Leidensfähigkeit, was das Programmangebot querbeet anbetrifft, 
einerseits zu bewundern ist, oftmals jedoch auch unbegreiflich, ja, 
erschütternd wirkt.
Niemand kann pauschal behaupten, dass »das« Fernsehen nur Schlimmes, 
Schlechtes, Schmuddeliges und sonstwie Verwerfliches produziere. Aber
wird die Rundfunkfreiheit in den Führungsetagen auch der 
gebührenfinanzierten, mächtigen Sendeanstalten nicht zunehmend als 
das Recht missverstanden, mehr und mehr Billiges ins Programm zu 
heben, auch wenn selbst das Flachste, Abgeschmackteste, Dümmlichste 
und Perverseste sattes Produktionsgeld kostet?
Gern beschwören die TV-Gewaltigen der »Öffentlich-Rechtlichen«, 
sprich: von ARD und ZDF, den ihnen gesetzlich aufgetragenen 
»Bildungsauftrag«. In Wahrheit indes hecheln sie eifriger denn je dem
so genannten Massengeschmack hinterdrein. Auf die Deutung dieses 
Kunstkonstrukts freilich verstehen sich die Macher des kommerziellen 
Privatfernsehen längst ungleich besser. Der Antrieb ist exakt 
derselbe, hüben wie drüben: »Der« Zuschauer bekomme das Programm, das
er (angeblich) wolle; das Fernsehen stille doch nur den schier 
unersättlichen Appetit »des« Publikums auf Sensationelles, Grelles 
und Grässliches.
Nur, ist das wirklich so? Spiegeln die Einschaltquoten tatsächlich 
die Programminteressen der Mehrzahl der Zuschauer wider?
Hat nicht maßgeblich gerade das verlockende Medium Fernsehen, jene 
»Droge im Wohnzimmer« (so ein beinahe prophetischer Bestseller von 
Marie Winn aus dem Jahre 1979!) der heutigen Übermacht des Vulgären, 
Obszönen, Gotteslästerlichen den Boden bereitet?
Sind nicht, wie der TV-Autor Herbert Reinecker einst sagte, fast alle
Träume von Liebe, Ehrfurcht und Scham, von Takt und Vornehmheit, 
dieses wunderbare Kulturgespinst, zerrissen worden?
Es sei natürlich »immer gut, über die Qualität des Fernsehens zu 
reden«, meinte WDR-Intendantin Monika Piel in ihrer Reaktion auf 
Marcel Reich-Ranicki.
Ermutigend offensiv im Zuschauersinne klingt das nicht.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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