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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum SPD-Parteitag

Bielefeld (ots)

»Hanebüchenen Unsinn« nennt Kurt Beck das Wort
vom »Linksruck« in der SPD. Seine neue Stellvertreterin Andrea Nahles
erklärt im gleichen Brustton der Überzeugung: »Das neue 
Parteiprogramm ist ein Programm gegen die ungebremste Macht des 
Kapitals.«
Tatsächlich hat die Partei in der Hansestadt Hamburg nicht nur beim 
Weichspülen der Agenda 2010 des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard 
Schröder - einem Kernanliegen Kurt Becks - Duftmarken der 
sozialdemokratischen Art gesetzt: »linke Volkspartei«, 
»demokratischer Sozialismus«, »menschlich ist, was das Männliche 
überwindet« - Chiffren linksliberalen Freidenkens, alles Wegemarken 
aus 144 Jahren Parteitradition.
 So will man sein: nicht bürgerlich, nicht übertrieben vernünftig und
auch nicht alles in Euro und Cent ausdiskutierend, sondern einfach 
sozialdemokratisch sein und bleiben.
Kurzum: Die SPD sagt, was sie denkt, und das ist auch ihr Recht. In 
Zeiten der großen Koalition, der vielen Rücksichtnahmen und des 
Verzichts auf Gegner in der Tagespolitik hat die Programmdiskussion 
Freiraum gegeben. Es geht darum, sich seines eigenen Standpunktes zu 
vergewissern.
Vor diesem Hintergrund sind auch die Überraschungen des dreitägigen 
Konvents zu bewerten: Das Tempolimit 130 wird nicht kommen, aber es 
hat bereits seinen Zweck erfüllt. Bürgerschreck sein streichelt eben 
die Parteiseele.
 Selbst Pedanten wie der frühere Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel 
müssen zugeben, dass schon frühere Tempolimits Papiertiger blieben. 
1974 wurde der Beschluss zum Tempo 100 selbst von Vogels Dienstwagen 
nur wenige Wochen durchgehalten.
Noch ein Symbolthema: Kurt Beck hat sich nach langem Zögern selbst 
auf die Seite der Frauen gestellt und das von Erhard Eppler 
begründete Wort von der Menschlichkeit über der Männlichkeit 
akzeptiert.
 Weniger schmecken dürfte den Praktikern allerdings, was ihnen in 
Hamburg die Parteibasis in Sachen Dienstwagen und Bahnprivatisierung 
eingebrockt hat. Stimmrechtslose Vorzugsaktien sollen das große Geld,
das der Staat nicht hat, aus der Wirtschaft anlocken. Finanzexperten 
können da nur müde lächeln.
Bestandteil des von Beck nur mühsam geretteten Bahn-Kompromisses ist 
eine neue Abstimmungsebene: Spitzengremien der SPD sollen mit solchen
im Konrad-Adenauer-Haus die Bahnprivatisierung weiterverhandeln. 
Nanu, eine große Koalition der Parteivorstände von Rot und Schwarz? 
Nicht alles ist schlüssig, was nach diesem Parteitag an Maßgaben von 
Hamburg nach Berlin gegeben wird. Dort sind dann wieder die Realos am
Zuge.
Die Minister und Vizevorsitzenden Peer Steinbrück und Steinmeier, vor
allem aber der Vize-Kanzler haben dann wieder das Heft des Handelns 
in der Hand. Dass Franz Müntefering dabei den demonstrativen 
Händedruck mit Beck vor dem Parteitag im Sinn behält, darf bezweifelt
werden.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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