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Geständnis des Kofferbombers: Wir wollten uns rächen Täter wurden in deutschen Moscheen radikalisiert "ARD-exclusiv: Die Kofferbomber": Mittwoch, 13.12., 21.45 Uhr, Das Erste

Hamburg (ots)

Der so genannte Kofferbomber Djihad Hamad hat im
Libanon ein umfassendes Geständnis abgelegt. Das offizielle Protokoll
der richterlichen Vernehmung liegt dem NDR vor, während die 
Bundesanwaltschaft immer noch auf diplomatischem Wege versucht, das 
Dokument aus dem politisch instabilen Libanon zu erhalten. Auszüge 
aus der Vernehmung wird das Erste in der Reihe "ARD-exclusiv" am 
Mittwoch, 13. Dezember, um 21.45 Uhr veröffentlichen.
Hamad  beschreibt in seinem Geständnis, wie die Tat geplant und 
durchgeführt wurde. "Wir haben vereinbart, uns für die 
Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen zu rächen und eine Anzahl 
Bomben herzustellen und sie in Bahnhöfen abzustellen." In einem 
Exklusiv-Interview mit dem NDR beschuldigt er seinen Freund Yusuf als
Drahtzieher: "Er hat mir gesagt, wir dürfen nicht untätig bleiben, 
wir kommen in die Hölle, wenn wir nichts tun". Ihren Plan hätten sie 
im April dieses Jahres in Kiel ausgeheckt, so das Geständnis des 
Kofferbombers.
Dort gab es eine islamische Studentengruppe, die regelmäßig im 
Keller des Studentenwohnheims betete. Ein Mitglied dieser 
Gebetsgruppe ist ein wichtiger Zeuge der Bundesanwaltschaft. In der 
NDR-Reportage "ARD-exclusiv: Die Kofferbomber" gibt er zum ersten Mal
ein Interview und beschreibt den fanatischen Glauben des späteren 
Kofferbombers Yusuf. Fußball und sogar Musik habe er verteufelt. 
"Wenn ich Musik hörte, wollte er nicht in mein Zimmer kommen. Er 
sagte: 'Das ist ein Ort, an dem sich die Satane versammeln. Da komme 
ich nicht rein'." Die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen habe 
seinen Freund völlig aus der Bahn geworfen: "Er war sehr wütend. Er 
wollte niemanden in seinem Zimmer empfangen. Er wollte allein 
bleiben, mit niemandem sprechen. Wenn ihn jemand ansprach, bekam er 
seinen Zorn zu spüren."
Yusuf versteckte seine Radikalität nicht. Mindestens zweimal 
erlebten Dozenten des Kieler Studienkollegs, was in dem jungen 
Libanesen vorging. In einer Deutschstunde verlor Yusuf die Fassung, 
berichtet sein Freund den NDR-Reportern: "Das Thema war der 
Terrorismus. Yusuf war empört darüber, dass eine unverschleierte 
Studentin über Terrorismus referiert. Er war wütend. Er nahm ein 
Blatt Papier und zerriss es. Die Studentin hatte nur über 
verschiedene Meinungen zum Terrorismus gesprochen. Aber er war sauer,
dass sie überhaupt darüber sprach. Für ihn ist Terrorismus eine 
Erfindung der westlichen Medien."
Im Kellerraum des Studentenwohnheims, in dem Yusuf und einige 
Glaubensbrüder regelmäßig beteten, haben die NDR-Reporter wichtige 
Indizien gefunden, die achtlos zurückgelassen wurden. Auf 
handbeschriebenen Zetteln, die an der Wand hängen, heißt es in 
arabischer Sprache, dass es Ziel der Glaubensbrüder sein müsse, sich 
über das Religionsverständnis der breiten Masse zu erheben und in den
Heiligen Krieg zu ziehen. Dies sei die höchste Stufe des Glaubens.
Im Kieler Stadtteil Gaarden besuchte Yusuf eine Moschee, in der 
eine radikale Version des Islam gepredigt wird. Regelmäßig kam er 
hierher zum Gebet. Als die Reporter heimlich an einem Freitagsgebet 
teilnahmen, erlebten sie, dass in dieser Moschee 
verfassungsfeindliche Inhalte gepredigt werden. So preist der Imam 
mitten in Deutschland den Gottesstaat und erklärt, dass liberale 
Muslime, die sich nicht strikt an den Koran und die Worte des 
Propheten halten, in die Hölle kommen.
Alles, was die Beschuldigten zur Tatvorbereitung brauchten, gab es
online im Netz: von der Fatwa, dem islamischen Rechtsgutachten, das 
zur Verteidigung des Propheten die Tötung Ungläubiger erlaubt, über 
aufputschende Terrorvideos bis hin zur Al-Kaida-Bombenbauanleitung. 
Yusufs Freund beschreibt dies im NDR-Interview: "Was ihn besonders 
beeinflusst hat, das war das Internet. Was man dort alles findet: 
Karikaturenstreit, ein Krieg hier, ein Krieg dort. Die Muslime müssen
leiden. Darüber hat er immer nachgedacht." Djihads Anwalt, Fawaz 
Zakaria, bestätigte den NDR-Reportern, wie die beiden vorgegangen 
sind: "Der Bau der Bombe erfolgte auf der Grundlage eines Videofilms.
Eine vermummte Person, die in diesem Film im Internet erscheint, 
erklärt haarklein, wie die Bombe Schritt für Schritt zusammengebaut 
wird. Und nach dieser Anleitung haben sie den Sprengkörper 
zusammengebaut."
Die Kofferbomber hatten nach NDR-Recherchen bereits im Libanon 
Verbindungen zu islamistischen Kreisen. Yusuf und Djihad wuchsen in 
strenggläubigen Familien auf. Geprägt wurden sie von erzkonservativen
Vätern und radikalen Predigern. Mehrere Verwandte von Yusuf al-Haj 
Dib stehen der islamistischen "Djamaa´a islamiya" nahe. Ein Bruder 
von Yusuf zum Beispiel, Saddam Haj Dib, soll sogar der Kommandeur 
einer militanten Islamistenzelle sein, so die libanesischen 
Ermittlungsdokumente, die dem NDR vorliegen. Yusuf selbst betete 
schon als Kind in einer Moschee, an deren Eingang die in Deutschland 
verbotene Organisation Hizb at-Tahrir den Untergang des US-Imperiums 
und die Errichtung eines Gottesstaates ankündigt.
Ende Juli dieses Jahres hatten Jusuf Haj Dib und Jihad Hamad zwei 
Kofferbomben in deutschen Regionalzügen deponiert. Die Sprengsätze 
zündeten, aber explodierten nicht. Die Attentäter hatten einen 
kleinen Fehler beim Bau der Bomben gemacht. Sie hatten das 
Gas-Luft-Gemisch in den Flaschen falsch angemischt.
12. Dezember 2006

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