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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTARE Sammelwut der US-Geheimdienste Der zweideutige Obama DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON

Bielefeld (ots)

Der amerikanische Präsident hat sich die massive Kritik an den Größenwahn atmenden Überwachungsprogrammen der US-Geheimdienste in einer Zweideutigkeit zu eigen gemacht, die ärgerlich ist. Es fehlt an Augenmaß, Durchschaubarkeit, doppelt wirksamem Schutz vor Missbrauch und an Nachvollziehbarkeit wie Verständnis in der Bevölkerung für das, was die Sicherheitsorgane im Geheimen treiben. Und warum. Das sagt Edward Snowden. Das sagen viele Abgeordnete im Kongress. Das sagen weite Teile der öffentlichen und veröffentlichten Meinung in den USA und weit darüber hinaus. Aber Obama sagt das nicht. Er gesteht den Kritikern zwar das Recht zu, sich als Patrioten fühlen zu dürfen. Aber schon mit dem nächsten Satz schiebt er jene an die Seite, die es für einen grundsätzlichen Web-Fehler im System halten, wie und wo die US-Sicherheitsdienste die Völker dieser Welt ausspähen dürfen. Für den Rechtsgelehrten aus Harvard ist die Sache die: Das Medikament ist goldrichtig. Man muss nur das Kleingedruckte im Beipackzettel patientenfreundlicher formulieren. Dass sich immer stärker die Frage stellt, was Staat und Wirtschaft eingedenk nahezu unbegrenzter technischer Möglichkeiten künftig noch dürfen sollen mit den Daten der Menschheit und wie weit die Prävention gegen das diffuse Böse gehen darf, blendet Obama aus. Das ist intellektuell unredlich. General Keith Alexander, der Architekt des Auslandsgeheimdienstes NSA, hat die weltumspannende Überwachung der Kommunikation via Telefon und Internet zur Staatsdoktrin erklärt. Nur wer restlos alles mitkriegt, mitschneidet und speichert, kann im Einzelfall genauer hinsehen und einen Verdächtigen nackt unter das digitale Mikroskop legen. Solange dieses informelle Grundgesetz der Sammelwütigen in den Geheimdiensten nicht außer Kraft gesetzt wird, bleibt die versprochene Reform Kosmetik. Und danach sieht es aus. Obama hat nicht nur kein Signal gegeben, dass er dem Staat Beschränkungen auferlegen will. Er ist völlig auf Alexanders Linie. Skepsis ist daher angebracht bei den vertrauensbildenden Maßnahmen, mit denen Obama nachträglich einholen will, was jede Sicherheitspolitik dringend benötigt: die mehrheitliche Zustimmung derer, die geschützt werden sollen. Bei alledem stimmt besonders bedenklich, dass sich Obama einem zentralen Kausalzusammenhang verweigert, der auf der Hand liegt. Ohne Edward Snowdens im Rückblick immer bedeutsamer werdende Tat gäbe es in den USA und andernorts keine Debatte über die Angemessenheit und Verfassungsmäßigkeit der geheimdienstlichen Sammelorgien. Ohne Snowden wüssten auch in Deutschland viele Menschen nicht, was die Supermacht USA hinter ihrem Rücken treibt - mit dem Zulieferbetrieb Bundesnachrichtendienst im Schlepptau. Dieses Verdienst zu würdigen und dem unfreiwillig im für "Pfeifenbläser" völlig ungeeigneten Putin-Moskau hockenden Flüchtling einen ideellen Strafnachlass in einem unabwendbaren Prozess in Aussicht zu stellen, das hätte Obama aus dem Gezeter der Ebene herausragen lassen. Durch Snowden könnte Amerika seine aus dem Trauma vom 11. September 2001 geborenen Praktiken zurückstutzen. Das wäre ein wahrhafter patriotischer Akt.

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