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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Zukunft der EU

Regensburg (ots)

von Reinhard Zweigler, MZ

Man kann das Ergebnis des Referendums in den Niederlanden zum EU-Abkommen mit der Ukraine auch so lesen: Nur rund ein Fünftel der niederländischen Wähler lehnte das Assoziierungsabkommen mit Kiew ab. Zwar votierten 61 Prozent der Teilnehmer am Referendum gegen das Abkommen, doch leider beteiligte sich nicht einmal ein Drittel der Niederländer an der Abstimmung. Doch das sind alles nur Zahlenspiele. Fakt ist, mit dieser Ablehnung bestärken die Niederlande die immer breitere Front der Europa-Skeptiker. Nicht nur jene im nordwestlichen Nachbarlands Deutschlands, im Land der Tulpen und Grachten. Auch in Frankreich, Ungarn, der Slowakei und in vielen anderen osteuropäischen Staaten, in Griechenland sowieso, machen die Gegner der Europäischen Union Front und erzielen Landgewinne, um es militärisch auszudrücken. Europas Rechtsausleger von Marine Le Pen bis Geert Wilders wittern Morgenluft. Sie wollen die Europäische Einigung am liebsten rückabwickeln. In Deutschland besorgen die rechtspopulistische AfD, Luckes ALFA und andere sowie offen rechtsextreme Parteien wie die NPD das Geschäft der Europa-Skeptiker beziehungsweise -Hasser. Der Anti-Europa-Bazillus reicht jedoch bis weit hinein in die etablierten, im Bundestag vertretenen Parteien, von konservativ bis nach links. Und im Land des möglichen "Brexit", Großbritannien, lebt die Unabhängigkeitspartei UKIP geradezu von diesem brisanten Thema. Zwar hat der Londoner Premier David Cameron der EU einige Reformen und etwas mehr Selbstständigkeit abgetrotzt, doch das wird die EU-Kritiker im Vereinten Königreich kaum beeindrucken - und die in dieser Frage noch unentschlossenen Briten wohl kaum bewegen, doch für den Verbleib im "Club der 28" zu entscheiden. Londons Mitgliedschaft in der EU hängt am seidenen Faden. Die niederländische Ablehnung gegen den weitgehend unumstritten Assoziierungsvertrag mit Kiew ist zugleich eine Menetekel für Europa. Das Nein war eher Ausdruck des wabernden Frusts wegen der Brüsseler Eliten, wegen der behäbigen und schwer durchschaubaren EU-Bürokratie, sicher auch wegen der Regierungen, die sich in zähen Verhandlungen immer nur auf kleinste gemeinsame Nenner verständigen können. Gerade jetzt, wo die Europäische Union von der Flüchtlingskrise geschüttelt wird, von seinen Kritikern infrage gestellt wird und von seinen Feinden am liebsten aufgelöst werden würde, sollte sich die 28er-Gemeinschaft um so dringlicher die Frage stellen, was ihre Union zusammen hält? Und dies sind nicht nur rein wirtschaftliche Interessen und eine in vielen Ländern geltende Gemeinschaftswährung. Genauso unverzichtbar sind gemeinsame Werte wie Demokratie, Menschenrechte, der Wille zum Frieden, gemeinsame historische Erfahrungen. In einer Welt, die etwas aus den Fugen geraten zu sein scheint, gibt man ein solch kostbares Fundament nicht einfach auf, nur weil die Winde etwas rauer wehen. Dabei bedeutet das grundsätzliche Ja zur EU keineswegs, dass man die Brüsseler Institutionen für sakrosankt erklären müsste. Europa ist ein fließender, auch ein streitiger Prozess. Und die EU-Bürokratie kann nur so selbstherrlich vorgehen, wie die Mitgliedsstaaten sie vorgehen lassen. Der Clinch um die deutsche Pkw-Maut ist ein Paradebeispiel dafür, dass nationale Interessen in Brüssel auch verteidigt werden müssen. Und wenn man sich politisch nicht auf einen Kompromiss verständigen kann, dann muss notfalls der Europäische Gerichtshof sprechen. Anderswo in der Welt werden Streitigkeiten noch mit Waffengewalt "geregelt".

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