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Mittelbayerische Zeitung: Das Kind nicht mit dem Bade ausschütten
Der Schlag gegen die Rechtsterroristen zeigt, wie wichtig funktionierende Sicherheitsbehörden sind. Leitartikel von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Bei all dem, was besonders in den vergangenen zwei Wochen über die möglicherweise anrüchige Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit dem US-Partner National Security Agency (NSA) ans Tageslicht kam, könnte man fast zu dem Schluss kommen: alles schlimme Finger, die da in den Sicherheitsdiensten am Werke sind. Doch das wäre ein Trugschluss. Der jetzige erfolgreiche Schlag gegen die rechtsterroristische Vereinigung "Oldschool Society" zeigt, wie wichtig funktionierende Sicherheitsbehörden sind. Der Fall BND-NSA muss vorbehaltlos und tiefgründig aufgeklärt werden, auf politisch-parlamentarischer Ebene und vielleicht sogar vor Gericht. Doch wir sollten jetzt nicht das Kind gewissermaßen mit dem Bade ausschütten. Nicht eine Zerschlagung oder gar Abschaffung von BND, Verfassungsschutz oder Bundeskriminalamt steht auf der Tagesordnung, sondern, was den Dienst aus Pullach betrifft, dessen tiefgründige Analyse und gegebenenfalls schmerzhafte Reform auf der Grundlage des BND-Gesetzes. Wenn in der jetzt ruchbar gewordenen Affäre wirklich deutsche Interessen verletzt worden, wenn etwa Industrieunternehmen, befreundete ausländische Politiker und Regierungen vom BND im Auftrag der NSA ausspioniert worden sein sollten, dann darf dies nicht ohne harte Konsequenzen bleiben. Doch bislang sind kaum belastbare Fakten auf dem Markt. Es wimmelt nur so von Gerüchten und Wahrheitsfetzen. So schwer es den nach Sensationen gierenden Medien und der Öffentlichkeit fällt, still zu halten, müssen nun erst einmal die Untersuchungen des Geheimdienstkontrollgremiums und des NSA-Ausschusses abgewartet werden. Gerade in einer Zeit, in der religiös fanatische Eiferer im Nahen Osten gewaltsam einen Gottesstaat errichten wollen und unschuldige Menschen niedergemetzelt werden, darf der Auslandsgeheimdienst nicht zur Disposition gestellt werden. Der BND hat in den vergangenen Jahren wichtige Informationen aus Krisengebieten geliefert, die zum Schutz vor Anschlägen beitrugen. Und weil die unheilige Terrororganisation "Islamischer Staat" nicht nur junge Menschen in Deutschland rekrutiert, sondern auch Kämpfer zurück schickt, haben die Sicherheitsdienste alle Hände voll zu tun. Bislang konnten schlimmere Anschläge von Islamisten, wie etwa in London, Madrid oder Paris, in Deutschland zum Glück verhindert werden. Das ist ein Erfolg der internationalen Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste. Auch die darf nicht etwa gekappt werden. Auf nationaler Ebene war die Razzia gegen mutmaßliche rechtsextremistische Terroristen, vor allem in Sachsen, aber auch in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder Mecklenburg-Vorpommern, ein Erfolg. Vielleicht konnten dadurch Attentate auf namhafte Salafisten und Anschläge auf Moscheen oder Asylbewerberheime verhindert werden. Anders als bei der Terrorgruppe NSU, die fast zehn Jahre mordend durch Land ziehen konnte, haben die Sicherheitsbehörden offenbar dazu gelernt. Sie sind nicht mehr auf dem rechte Auge blind. Die uneigennützige Zusammenarbeit über Länder- und Behördengrenzen hinweg hat sich ausgezahlt. Ein Blick in die Statistik politisch motivierter Straftaten zeigt jedoch, Anlass zu Entwarnung gibt es nicht. Rechte und linke Gewalttäter schlagen immer häufiger zu, gegen die politisch Andersdenkenden und häufig gegen Polizisten, die sich beiden in den Weg stellen. Dass die Hemmschwelle, gegen Beamte Gewalt anzuwenden, immer weiter sinkt - und zwar nicht nur bei politisch verbohrten Tätern - muss uns allen zu denken geben.

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