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Mittelbayerische Zeitung: Merkels Botschaft

Regensburg (ots)

Von Reinhard Zweigler

Wirklich beste Freunde werden sie keinesfalls mehr werden. Auch wenn beide, die deutsche Kanzlerin und der russische Präsident, im Realsozialismus sowjetischer Prägung aufgewachsen und sozialisiert wurden, und beide die Sprache des anderen sprechen. Ihre politischen Auffassungen, vor allem die ihnen zugrundeliegenden Werte sind viel zu unterschiedlich, ja zum Teil völlig konträr. Das geht bis ins Persönliche hinein. Der Hundenarr und Macho Wladimir Putin genoss es regelrecht, Angela Merkel, die seit einer Beißattacke vor 20 Jahren unter einer regelrechten Hundephobie leidet, mit dem Präsidentenhund "Koni" zu ärgern. Obwohl der Kremlchef um Merkels Angst vor Hunden weiß, ließ er sie vom eigentlich harmlosen Labrador beschnüffeln. Nun ist das Verhältnis der beiden Spitzenpolitiker nicht unbedingt eines von Hund und Katz - doch gegenseitiges Belauern, scharfes Beobachten gelegentliches Angreifen gehört zum Repertoire, wenn sich beide begegnen. Mehr als vier Stunden lang hat Angela Merkel am Rand des G-20-Treffens in Australien, zum Teil mit Unterstützung von EU-Präsident Jean-Claude Juncker, mit dem Kremlchef geredet. Auch zuvor schon hat sie beinahe täglich mit Putin telefoniert. Doch das Ergebnis aller Bemühungen ist zutiefst frustrierend. Unter dem Strich hat sich Putin keinen Millimeter bewegt. In der Ukraine-Krise geht der Präsident aus Moskau nach der Methode Zickzack vor. Mal macht er einen Schritt auf die Europäische Union, Kiew und die OSZE zu, doch schon weniger später macht einen Schritt seitwärts, unterstützt unverhohlen die Separatisten, die die Ostukraine mit Waffengewalt und über eine Pseudo-Abstimmung mit Russland vereinen wollen. Auch die völkerrechtswidrige Annexion der Halbinsel Krim verlief nach diesem Muster. Erst ließ Putin die Olympischen Winterspiele von Sotschi zu Ende gehen, in deren Glanz er sich sonnte. Dann destabilisierten prorussische Kräfte die Lage auf der vor 60 Jahren von Chruschtschow an die Ukraine "geschenkten" Insel. Schließlich tauchten paramilitärische Kräfte auf und per "Volksabstimmung" wurde die Krim nach Russland "heimgeholt". Im Verdrehen von Tatsachen, in Propaganda ist der Ex-Geheimdienstler in Moskau ein wahrer Meister. So deutlich und scharf wie noch nie zuvor hat Angela Merkel jetzt die neoimperiale, postsowjetische und völkerrechtswidrige Aggressionspolitik des Polit-Rambos Putins kritisiert. Ihre Brandrede von Sydney war zugleich die eindringliche Warnung vor einem neuen Kalten Krieg, vor der Aufteilung der Welt in geostrategische Einflusssphären, vor der Missachtung des Völkerrechts, vor dem Diktat militärischer Stärke. Sie hatte zuvor vier Stunden lang Putin ins Gewissen gesprochen - aber nichts erreicht. Deshalb war die aufrüttelnde Rede wohl auch eher an die westlichen Verbündeten und an China, Indien, Brasilien gerichtet. Putins großrussische Pläne müssen jetzt gestoppt werden, ehe sie weiteren Schaden anrichten. Eingedenk der schlimmen Erfahrungen des ersten Weltkrieges, als die Mächtigen Europas gleichsam sprachlos in das militärische Chaos marschierten, hält die Kanzlerin jedoch den Gesprächskontakt zum Kremlchef aufrecht. Auch einigen "Falken" innerhalb von EU und Nato muss Merkel immer wieder klar machen, dass ohne oder ausschließlich gegen Moskau die internationalen Probleme nicht zu lösen sein werden. Es ist ein schmaler, aber gleichwohl richtiger Weg, der zwischen Härte, Sanktionen auf der einen sowie Gesprächen, Verhandlungen, Übereinkommen auf der anderen Seite entlang führt.

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