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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Christine Straßer zur Woche der Justiz in Bayern

Regensburg (ots)

Für Laien ist die Welt der Justiz oft schwer durchschaubar und schwer verständlich. Justizminister Winfried Bausback will das ändern. Als Grund dafür, dass es nach über zehn Jahren wieder eine "Woche der Justiz" gibt, führt er an, es sei wichtig, dass die Justiz von den Menschen verstanden wird. Daran hat es in jüngster Vergangenheit gehapert. Das Ministerium und die bayerische Justiz gerieten in die Schlagzeilen: der Fall Mollath, der Fall Peggy, der Fall Gurlitt. Natürlich ist die Aktionswoche leicht als Versuch des Ministers zu entlarven, für gute Presse zu sorgen. Die bayernweit stattfindenden Veranstaltungen jedoch als bloße Imagekampagne abzutun, griffe zu kurz. Die Regensburger Aktion zeigt gut, warum. Die Organisatoren haben ein aktuelles und schwieriges Thema herausgegriffen. Unter dem bewusst plakativen Titel "Junges Recht für alte Menschen" sollen die Herausforderungen dargestellt werden, vor denen die Justiz bei der Bewältigung demografischer Veränderungen steht. Dieser Schwerpunkt ist eine gute Wahl. Denn das Thema Betreuung beispielsweise geht alle an. Derzeit brauchen 1,3 Millionen Menschen in Deutschland eine Betreuung. Das sind zwar überwiegend ältere, aber eben auch junge Menschen. Innerhalb einer Familie, in der sich die Betreuungsfrage für einen Angehörigen stellt, sind alle Betroffene, Eltern und Kinder. Und: Es ist nicht nur ein Thema der Justiz, sondern ein gesamtgesellschaftliches. Es berührt ganz lebensentscheidende Fragen. Drei Beispiele seien genannt. Allein in den ersten Monaten des Jahres 2014 wurden im deutschen Zentralen Vorsorgeregister mit etwa 104 000 Vollmachten mehr Vorsorgeregelungen registriert als in den Jahren 2005 und 2006 zusammen. Immer häufiger wollen Menschen mit einer Vorsorgevollmacht einer Person ihres Vertrauens die Möglichkeit eröffnen, für sie bei zunehmender Gebrechlichkeit zu entscheiden. Dem Bevollmächtigten können umfassende Befugnisse von der Erledigung von Bankgeschäften bis hin zur Einwilligung in ärztliche Maßnahmen eingeräumt werden. Das will wohlüberlegt sein. Zweites Beispiel: Millionen Deutsche haben eine Patientenverfügung ausgefüllt, aus Angst davor, irgendwann einmal an Schläuchen zu hängen, künstlich an einem Leben erhalten zu werden, das aus ihrer - meist noch gesunden - Sicht nicht mehr lebenswert ist. Weil sie vorbeugen möchten für den Zeitpunkt, zu dem sie nicht mehr in der Lage sind zu sagen, was mit ihnen geschehen soll. Sie weisen die Medizin in Grenzen, wünschen sich einen "menschenwürdigen" Tod, lehnen beispielsweise eine Wiederbelebung oder die künstliche Ernährung ab, wenn es denn einmal so weit kommen sollte. Was sich wiederum keiner wünscht. Doch egal, um welches Formular es sich handelt, keine Patientenverfügung verspricht Rechtssicherheit. Wann ist das Leben zu schützen und wann nicht? Soll der Wille eines Menschen automatisch gelten? Muss er diesen schriftlich oder mündlich festlegen? Ist es, je nach Zustand, wirklich sein Letzter Wille oder haben andere - die Ärzte, die Angehörigen, die Vormundschaftspfleger oder gar ein Gericht - da nicht auch ein Wort mitzureden? Es wird hier über Leben oder Tod gestritten, in der Sache also auch über Sterbehilfe. Das dritte Beispiel für eine lebensentscheidende Fragestellung. Allesamt sind heikle Themen, sie gehen ans Mark. Imagekampagne des Justizministeriums hin oder her. Jede Gelegenheit, bei der über die rechtliche Ausgestaltung des Älterwerdens diskutiert wird, ist wertvoll. Warum also nicht in der Woche der Justiz? Die Chance, aufzuzeigen, wie ein Altern in Würde gestaltet werden kann, ist da.

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