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WAZ: Mächtig ohnmächtig - Kommentar von Angela Gareis

Essen (ots)

Als die Ranglistenerzeuger der amerikanischen
Zeitschrift "Forbes" vor kurzem Angela Merkel zur mächtigsten Frau 
der Welt erklärten, hatten sie sich wahrscheinlich nicht mit dem 
deutschen Föderalismus beschäftigt. Sonst wäre das Urteil eventuell 
differenzierter ausgefallen: Angela Merkel könnte die mächtigste Frau
der Welt sein, wenn sie nicht so ohnmächtig wäre.
Gegen den Willen der elf Unionsministerpräsidenten kann die 
Kanzlerin mit ihrem Koalitionspartner SPD keine haltbaren Kompromisse
schließen. Der Bundesrat erweist sich einmal mehr als hoch wirksamer 
Blockaderat, an dem jetzt die ohnehin schon kleinverhandelten 
Gesundheitsre-formeckpunkte abprallen. Dass der Erfolg der Union in 
den Ländern sich als empfindlichste Schwäche der Union im Bund 
erweist, ist keine List des Schicksals, sondern eine Frage der 
politischen Konstellation. Bei allen Spekulationen über neue 
Koalitionen von Jamaika (Schwarz-Gelb-Grün) bis Senegal 
(Rot-Gelb-Grün), die derzeit durch die Republik kreisen, ist eines 
klar. Jede Koalition hätte mit diesem Bundesrat zu kämpfen, 
ausgenommen eine schwarz-gelbe, aber für die gibt es keine Mehrheit.
Deshalb gilt jetzt für die Gesundheitsreform, was zuvor für die 
Föderalismusreform gegolten hat: Scheitern und Neuverhandeln führen 
exakt zu den Punkten zurück, an denen man sich einmal getrennt hat, 
und die sind dort anzusiedeln, wo die Regierungen der Länder ihre 
Interessen gegen die Bundesregierung durchsetzen. Auch die 
Föderalismusreform geriet im nächsten Anlauf zum trostlosen 
Kompromiss, dessen größter Vorzug es war, überhaupt zustande gekommen
zu sein, was auch bloß gelang, weil man zum Erfolg verdammt war.
Nun müssen Bürger das bekannte Schauspiel verfolgen, in dem die 
SPD der Kanzlerin ein Machtwort gegenüber den Ministerpräsidenten 
abverlangt. Merkel spricht es auf ihre Art unhörbar und versucht, die
Landesfürsten stärker einzubinden, woraufhin diese sich noch mehr zur
öffentlichen Einmischung berufen fühlen, was SPD-Fraktionschef Peter 
Struck wiederum als unfreundlichen Akt bewertet.
Deutlich wird vor allem, dass Merkel die widerstrebenden 
Kraftzentren der Großen Koalition schwerlich auszubalancieren vermag,
weil diese nicht in der Regierung oder im Bundestag liegen, sondern 
asymmetrisch auf die SPD-Fraktion und die Unionsministerpräsidenten 
verteilt sind. Den politischen Preis bezahlt derzeit die Union, die 
in der Wählergunst hinter die SPD gefallen ist.

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zentralredaktion@waz.de

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