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WAZ: Aschermittwoch in NRW - Flotte Sprüche - und was sonst? - Leitartikel von Walter Bau

Essen (ots)

Der Wahlkampf an Rhein und Ruhr ist eröffnet. Der
verbale Schlagabtausch, den sich die Spitzenkräfte der NRW-Parteien 
gestern lieferten, war ein Vorgeschmack auf die knallharte politische
Auseinandersetzung, die uns in den gut zehn Wochen bis zur 
Landtagswahl am 9. Mai bevorsteht. Schließlich geht es diesmal nicht 
allein um die Macht im bevölkerungsreichsten Bundesland, sondern 
indirekt auch um die strategisch wichtige Mehrheit im Bundesrat.
Das Rennen scheint völlig offen. Schwarz-Gelb, Schwarz-Grün, 
(Rot-)Rot-Grün, Ampel, Jamaika - kaum eine Konstellation der 
künftigen Regierung scheint ausgeschlossen. Die politische Landschaft
stellt sich dem Wähler so unübersichtlich dar wie nie zuvor. 
Angesichts ausufernder Bündnis-Spekulationen rücken die Sachthemen 
nicht selten in den Hintergrund des Interesses. Man gewinnt den 
Eindruck, die Parteien handelten nach dem Motto: Hauptsache die Macht
sichern, (fast) egal mit wem - auf die Inhalte werden wir uns dann 
schon einigen, irgendwie. Dabei steckt in den drängenden Punkten der 
politischen Agenda Nordrhein-Westfalens reichlich Zündstoff - und 
zwar für jede künftige Regierung, egal welcher Couleur.
Sinkende Schülerzahlen sowie das langsame Ausbluten der Hauptschule 
erfordern ein Umdenken in der Bildungspolitik. Die Forderungen nach 
einem längeren gemeinsamen Lernen der Kinder werden immer lauter. 
Doch wer in den Schulen die Systemfrage stellt, muss, wie aktuell der
schwarz-grüne Senat in Hamburg, mit erbittertem Widerstand rechnen. 
Einen Plan, der alle Interessen zusammenführt, ist bislang auf keiner
Seite zu erkennen.
NRW braucht dringend ein zukunftssicheres Konzept zur Modernisierung 
seiner Energieversorgung, das neueste Kraftwerkstechnik sowie Wind- 
und Solaranlagen umschließt. Wo ist der Ansatz, der herkömmliche und 
regenerative Energien in einem Gesamtkonzept zusammenführt?
Und dann ist da ein gewaltiger Schuldenberg in Höhe von nahezu 130 
Milliarden Euro, der wie Blei auf dem Land lastet und den politischen
Spielraum immer enger eingrenzt. Ein konsensfähiger Fahrplan aus der 
Schuldenfalle ist nirgends erkennbar.
All dies sind vielleicht keine Themen, die sich für brachiale 
Bierzelt-Rhetorik zu Aschermittwoch eignen. Doch bis zum 9. Mai haben
alle Polit-Akteure reichlich Gelegenheit, nicht nur über 
Wunsch-Koalitionen zu reden, sondern auch ihre inhaltlichen 
politischen Vorstellungen darzulegen. Die Zeit für flotte Sprüche ist
mit dem gestrigen Abend abgelaufen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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