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WAZ: Giordano kritisiert Moscheebau: Historischer Wandel im religiösen Leben - Leitartikel von Angelika Wölk

Essen (ots)

Ralph Giordano, der Schriftsteller, der von den
Nazis verhöhnt und misshandelt wurde, der knapp dem Holocaust 
entgangen ist, steht außerhalb jeden Verdachts, Rechtsradikalen 
nachzulaufen. Das Gegenteil ist der Fall. Das muss ganz klar 
ausgesprochen werden. Dennoch muss sich der renommierte Autor die 
Frage gefallen lassen, ob er in seiner harten Kritik am Bau der 
Moschee in Köln immer den richtigen Ton getroffen hat. Ungezügelter 
Zorn ist kein geeigneter Ratgeber.
Giordano vermengt zwei Dinge: Die Kritik am Bau der Moschee und 
seine Vorbehalte gegenüber einem demokratie- und frauenfeindlichen 
Islam. Diese Vorbehalte sind berechtigt. Muslime müssen sich diese 
Fragen nicht nur gefallen lassen; sie müssen sich auch viel stärker 
diesen Fragen stellen.
Doch der Bau einer Moschee ist etwas anderes. Die 
Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht. Das gewähren wir Muslimen 
nicht etwa nur, wenn uns ihre Religion gefällt. Nein, sie haben ein 
Recht darauf. Es ist ein Recht, kein Gnadenakt, eine Moschee zu 
bauen. Und außerdem: Es kann doch nur in unserem Sinne sein, wenn 
Muslime die oftmals zwielichtig wirkenden Hinterhöfe verlassen und 
sich dem Licht der Öffentlichkeit stellen.
Dennoch dürfte Giordano mit seiner Kritik den Nerv vieler 
Menschen getroffen haben. Denn das, was sich gerade bei uns abspielt,
ist nicht weniger als ein historischer Wandel im religiösen Leben: 
Evangelische und katholische Kirchen schließen, weil die Zahl der 
Gläubigen sinkt - Muslime bauen neue Gotteshäuser. Für viele Menschen
ist es sehr schwer, diesen Wandel zu akzeptieren. Auch deshalb kommen
Ängste auf, auch deshalb wachsen Vorbehalte, die in schiere Ablehnung
münden können.
Muslime sind daher sehr gut beraten, diese Ängste ernst zu 
nehmen. Ein gedeihliches Miteinander kann nur entstehen, wenn beide 
Seiten aufeinander zugehen. Der Bau der Moschee in Duisburg-Marxloh 
ist ein gutes Beispiel dafür, dass dies auch gelingen kann. Dort 
sitzen Muslime, Kirchenvertreter, Parteien und Bürgervereine zusammen
und versuchen, Probleme gemeinsam zu lösen. Dies sollte Vorbild für 
andere sein.
Sicherlich, manches wäre leichter, wenn auch Christen in 
muslimischen Ländern Kirchen errichten könnten. Wir sollten daher 
nicht nachlassen, Muslime auf diese Diskrepanz hinzuweisen, sie zu 
mahnen, auch in ihren Heimatländern dafür einzutreten. Doch eine 
Bedingung kann dies für uns nicht sein.

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Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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