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WAZ: Diskussion über Rechtsradikale: NPD-Verbot als Placebo für die Politik - Leitartikel von Hendrik Groth

Essen (ots)

Es ist ja keine Frage, dass die pure   Existenz der
NPD eine Schande ist. Auch außerhalb jeder Diskussion ist, dass der 
Rechtsextremismus in seinen widerlichen Schattierungen schwer zu 
ertragen und dass es geboten ist, mit dem Gesetz
 gegen Straftäter aus dem braunen Sumpf vorzugehen. SPD-Chef Beck 
springt aber zu kurz, wenn er nach den neuesten ausländerfeindlichen 
Überfällen in Ost und West ein erneutes Verbotsverfahren gegen die 
NPD fordert. Das Problem Fremdenhass ist in Deutschland mittlerweile 
so schwierig in den Griff zu bekommen, dass oberflächlich ein Verbot 
zwar helfen könnte, der schleichende Prozess aber, der seit Jahren zu
erkennen ist, nicht im Ansatz mit dem Strafrecht bekämpft werden 
kann.
Welcher schleichende Prozess? Es sind Ereignisse oder 
Entscheidungen, die zwar im jeweiligen Moment scharf kritisiert oder 
auch hingenommen werden, dann in Vergessenheit geraten, irgendwie und
irgendwo aber weiter wirken. In der Summe ergibt sich daraus eine 
Entwicklung, die frösteln lässt und von allen Verantwortlichen 
Gegensteuern verlangt. Da ist etwa die Rhetorik der Parteien. Das 
Asylrecht wird offiziell reformiert, de facto abgeschafft. Mit einer 
Kampagne gegen die doppelte Staatsangehörigkeit wird eine 
Landtagswahl gewonnen, was bleibt, ist die häufig gestellte und 
schäbige Frage: "Wo kann ich gegen
 Türken unterschreiben?"
Zu Koch gesellt sich Lafontaine, der seine Worte hervorragend 
abwägen kann und dennoch Reflexe ganz rechts auszulösen vermag. Da 
war ein FDP-Landesvorsitzender, der in Faltblättern Antisemitismus 
verbreitete und dem noch heute in NRW mancher Liberaler nachweint. 
Vorbilder von Menschen in Weltoffenheit sehen anders aus. Auch die 
platten Verdächtigungen gegen den Osten der Republik sind dummes 
Zeug. Sie verschleiern mehr, als dass sie etwas aufdeckten. Solingen 
oder Mölln liegen eben nicht in Mecklenburg. Dazu kommen die 
vordergründig unverdächtigen, aber absolut unpolitischen und falschen
Annahmen wie "unsere Politiker machen sich die Taschen voll", oder 
dem "kleinen Mann hilft ohnehin niemand", die die Demokratie 
verächtlich machen. Die Verlierer in der Gesellschaft sehen sich 
damit zwar bestätigt, geholfen wird ihnen damit aber auch nicht.
Dies sind die (unvollständigen) Teile eines schleichenden 
Prozesses, den es zu stoppen gilt. Gut gemeinte Appelle an 
Zivilcourage wirken in diesem Zusammenhang eher hilflos und ein 
NPD-Verbot gleicht dabei der langjährigen Einnahme wider besseren 
Wissens von Placebos.

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Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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