Alle Storys
Folgen
Keine Story von BERLINER MORGENPOST mehr verpassen.

BERLINER MORGENPOST

BERLINER MORGENPOST: Ambition und Aufregung - Leitartikel

Berlin (ots)

Eins vorweg: Es gibt ausreichend Gründe, über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan zu streiten; über Sinn und Zweck, über Strategie und Ausrüstung, über Freund und Feind. Ob der amtierende Verteidigungsminister zu einem seiner durchaus zahlreichen Besuche bei der Truppe seine Ehefrau mitnimmt, meinetwegen auch noch einen Talkshow-Moderator, gehört eher nicht zu diesem ernst zu nehmenden Debatten-Repertoire. Die Soldaten vor Ort werden beides mit großer Sicherheit unbeschadet überleben. Die meisten werden das dazugehörige Tamtam als ganz willkommene Ablenkung annehmen. Es gibt ja nicht zu viel davon im Staub von Kundus. Die Damen und Herren Roth, Gysi, Gabriel dürfen also gerne wieder auf den Teppich zurückkehren, vielleicht auch in jene Talkshows, in denen sie selbst zur unvermeidlichen Stammbesetzung gehören - nicht der Verteidigungsminister, auch nicht seine Ehefrau. Die künstliche Aufregung über Selbstinszenierung und politische Ambition, über das Verhältnis von Familie und Beruf im politischen Alltag, fällt übermorgen auf sie selbst zurück. Ganz abgesehen von der überheblichen Einschätzung, ein Moderator ließe sich von diesem oder jenen, auf jeden Fall aber vom politischen Gegner, mal eben vor den Karren spannen. Diese plumpen Zeiten gehören Gott sei Dank der Vergangenheit an. Man muss kein Kerner-Fan sein, um das auch diesem, eher im seichten Gewässer beheimateten TV-Kollegen zu attestieren. Roth, Gabriel, vielleicht auch Gysi, sie alle können, sollen, müssen uns ja in absehbarer Zeit wieder regieren; etwas mehr Demut, ein wenig mehr Abgeklärtheit und die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, wäre deshalb wünschenswert. Auch im eigenen Interesse. Man verbraucht sich sonst immer schneller. Allzu üppig ist dieses Land nicht ausgestattet mit Politikern, denen man auch Gutes zutraut, nicht nur Lautes. Karl-Theodor zu Guttenberg, keine Frage, gehört zu dieser raren Spezies. Das - nicht seine Frau, auch nicht seine guten Manieren oder ein Adelstitel - macht ihn zu einem für die Menschen und damit auch für die Medien interessanten Politiker. Er selbst weiß das. Die Verbindung von Willen zur Macht, der Fähigkeit, sich Sachkompetenz auch auf fremdem Gebiet anzueignen, und Mut zu Entscheidung und selbstbewusstem Auftritt, ist nicht jedem gegeben. Aber man kann das lernen. Es lohnt sich also auch für andere Verantwortungsträger, Guttenberg ein wenig genauer zu betrachten. Man könnte was dazulernen. Also, alles gut für den Verteidigungsminister in Afghanistan? Nein, nicht mal für ihn. Natürlich muss Guttenberg auch auf sich selbst aufpassen, im Zweifel auch auf seine Berater. Mediale Doppelschläge sind nicht zwingend zielführend. Wenn der Bundesverteidigungsminister am Morgen abenteuerlustig ungeknöpft, aber tadellos rasiert, mit dem Blick die Ferne taxierend, am Kiosk liegt, "plus: Interview mit seiner Frau", dann braucht man am Nachmittag nicht zwingend die ersten Bilder vom Blitzbesuch in Afghanistan. Plus Frau Stephanie. Plus TV-Moderator. Jedes für sich kein Problem, in der Ballung dennoch keine optimale Strategie für einen, der mit Recht im Fokus steht - aber auch noch keine überzeugende Lösung gefunden hat für das weitere Vorgehen in Afghanistan.

Pressekontakt:

BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
  • 12.12.2010 – 21:04

    BERLINER MORGENPOST: Die Angst hilft nur den Terroristen - Leitartikel

    Berlin (ots) - Mit erstaunlicher Souveränität hat Schwedens Ministerpräsident auf den terroristischen Anschlag in Stockholm reagiert, der auch in einem fürchterlichen Blutbad hätte enden können. Doch niemand sollte diese Haltung mit Gelassenheit gleichsetzen. Schweden mit seiner offenen Gesellschaft, die Flüchtlingen und Verfolgten aus aller Welt Zuflucht ...

  • 10.12.2010 – 19:29

    BERLINER MORGENPOST: Riskante Mauscheleien um die Flugrouten - Leitartikel

    Berlin (ots) - Zwei Milliarden Euro sind bereits für den neuen Großflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld verbuddelt worden. Doch auch eineinhalb Jahre vor dem geplanten Take-off von den neuen Betonpisten wird weiter über die Sinnhaftigkeit von Berlins künftiger "Jobmaschine" gestritten. In der seit Wochen tobenden und wohl letzten Schlacht ...

  • 09.12.2010 – 20:56

    BERLINER MORGENPOST: Eine Polizei des Bundes ist überfällig - Leitartikel

    Berlin (ots) - Wer viele Kritiker hat, hat es richtig gemacht: Stimmt dieser bekannte Spruch, hat der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident und frühere Berliner Innensenator Eckart Werthebach (CDU) mit seiner Kommission zur Reform der Sicherheitsbehörden in Deutschland ins Schwarze getroffen. Kaum hatte die Kommission - im April eingesetzt von Bundesinnenminister ...