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Berliner Morgenpost: Finanzielle Hilfe, aber auch hartes Durchgreifen (Leitartikel)

Berlin (ots)

Die gestrige Senatspressekonferenz wirkte wie
bestellt. Am Vortag hatte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus 
Wowereit (SPD) die Problemstadtteile Moabit und Wedding besucht. 
Einen Tag später präsentiert seine Stadtentwicklungssenatorin 
Ingeborg Junge-Reyer (SPD) ein Programm, wie die sozial schwierigen 
Kieze stabilisiert werden können. Das habe nichts mit der Bezirkstour
des Regierenden Bürgermeisters zu tun. Das Programm "Aktionsräume 
plus" sei schon seit Langem in Planung, sagte Junge-Reyer.
Ungewollt machte sie damit auf eine Schwäche der Senatspolitik 
aufmerksam. Denn seit Jahren sind die Problemzonen der Hauptstadt 
bekannt. Kreuzberg, Teile von Spandau, die nördlichen Gegenden von 
Marzahn und Hellersdorf, Moabit und Wedding sowie Nord-Neukölln haben
mit Armut, Arbeitslosigkeit und Kriminalität zu kämpfen. Seit Jahren 
versuchen Sozialarbeiter und Polizei, Schulen und Behörden dort Herr 
der Probleme zu werden. Doch - wie es scheint - mit geringem Erfolg. 
Erst Anfang des Jahres warnte der Stadtsoziologe Hartmut Häußermann 
vor neuen Unterschichten, die in diesen Stadtteilen entstehen.
Nun soll also wieder Geld helfen. Viel Geld. 73 Millionen Euro, 20 
Millionen mehr als geplant, will der Senat in die fünf besonders 
belasteten Stadtteile stecken. In welche Projekte das Geld fließen 
soll, will die Regierung bis Ende des Jahres festlegen. Wieder 
verstreicht viel Zeit. Immer wieder postuliert der Senat, die Bildung
sei der Schlüssel zum sozialen Aufstieg. Die Sekundarschule und 
Ganztagseinrichtungen sollen die Versäumnisse in den Elternhäusern 
auffangen. Das ist ein richtiger Ansatz. Aber bis der Umbau greift, 
droht eine verlorene Generation heranzuwachsen.
Bei seiner Kieztour musste Klaus Wowereit erfahren, wie es um die 
Bildungseinrichtung Schule bestellt ist. Da liegt der 
Altersdurchschnitt der Lehrer an einer Realschule bei 56,5 Jahren. Da
schaffen nur zehn von 70 Schülern den Sprung in die Berufswelt. Da 
wundert sich ein Personalleiter über die schlechten Deutsch- und 
Mathekenntnisse sowie mangelnde Pünktlichkeit der Schüler. Man hat 
den Eindruck, dass trotz des Engagements der Lehrer die Schule in 
ihren elementaren Aufgaben versagt. Wie kann es denn sonst sein, dass
ein Jugendlicher aus einer Einwandererfamilie nach zehn Jahren auf 
deutschen Schulen kein richtiges Deutsch spricht?
Es gibt aber auch Ansatzpunkte, die schnell wirken. Auf dem 
Leopoldplatz in Wedding muss der Staat durchgreifen. Dort macht eine 
Trinker- und Drogenszene den Anwohnern das Leben schwer. Natürlich 
muss man auch Angebote für die Süchtigen machen. Es kann nicht sein, 
dass eine Minderheit die Mehrheit drangsaliert. Hier sind Polizei und
Ordnungsamt gefordert, den öffentlichen Platz wieder für Mütter mit 
Kindern, für Anwohner und ältere Menschen sicher zu machen. Dafür 
braucht man nicht Millionen Euro, sondern nur den politischen Willen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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