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Netto Markendiscount stoppt Verkauf von mineralölbelastetem Adventskalender

Berlin (ots)

Netto Markendiscount hat den Verkauf seines mineralölbelasteten Schokoladen-Adventskalenders gestoppt. Das bestätigten Mitarbeiter des Lebensmittelhändlers am Freitag gegenüber der Verbraucherorganisation foodwatch. Am Mittwoch waren auf Antrag von foodwatch Untersuchungsergebnisse des bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bekannt geworden, denen zufolge der Kalender "Santa Claus in town", von Netto Markendiscount in Kooperation mit der Umweltorganisation WWF angeboten, mit aromatischen Mineralölen (MOAH) verunreinigt ist. MOAH gelten als potenziell krebserregend und erbgutschädigend.

+ foodwatch fordert öffentlichen Rückruf - stiller Rückruf nicht 
ausreichend 
+ Mineralölverunreinigung war Netto-Kooperationspartner WWF schon 
länger bekannt 
+ Gesetzgeber darf Lebensmittelsicherheit nicht den Unternehmen 
überlassen

foodwatch forderte den Lebensmitteldiscounter auf, nicht nur einen "stillen" Rückruf - also einen Verkaufsstopp - zu veranlassen, sondern einen öffentlichen Rückruf. Das Handelsunternehmen Norma hat zwei ebenfalls belastete Adventskalender der Firma Rübezahl bereits am Mittwoch öffentlich zurückgerufen. "Es ist die Verantwortung von Netto Markendiscount, jetzt auch all diejenigen zu informieren, die das belastete Produkt bereits gekauft haben. Kein Kind sollte diese Schokolade verzehren", sagte Johannes Heeg von foodwatch.

Die Belastung war zudem schon länger bekannt als bisher angenommen. Nach eigenen Angaben hatte WWF Anfang November einen Adventskalender von Netto Markendiscount im Labor analysieren lassen - auch hierbei wurden aromatische Mineralöle nachgewiesen. Der Prüfbericht des Labors trägt das Datum 14.11. - weder der WWF noch Netto Markendiscount machten die Ergebnisse zunächst jedoch publik, das Handelsunternehmen beließ den Adventskalender im Sortiment. Auch der WWF forderte offenbar keinen Rückruf sondern ließ es zu, dass der belastete Adventskalender mit aufgedrucktem WWF-Logo weiterhin an Kinder bzw. Eltern verkauft wurde. Erst nachdem die Belastung neun Tage später, am 23.11., durch die von foodwatch beantragte Veröffentlichung des bayerischen Landesamts ohnehin publik wurde, informierte der WWF über die eigene Messung. Er erklärte am 23.11. zudem, kein Geld aus dem Erlös der Kalender von Netto Markendiscount annehmen zu wollen. Ursprünglich war geplant, dass der WWF je verkauften Kalender einen Euro für Artenschutzprojekte erhalten sollte.

Der Fall Netto Markendiscount zeigt aus Sicht von foodwatch beispielhaft, dass der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Mineralölen in Lebensmitteln nicht den Unternehmen überlassen werden darf:

   - Das Mineralölproblem war lange bekannt: Bereits 2015 hatte Netto
     Markendiscount den Messungen des bayerischen LGL zufolge einen 
     MOAH-belasteten Adventskalender im Verkauf. Damals klagte das 
     Unternehmen sogar gegen die Veröffentlichung der Behördendaten 
     vor Weihnachten, verlor jedoch in zwei Instanzen.
   - 2016 bringt Netto Markendiscount dennoch erneut einen 
     MOAH-belasteten Kalender in den Handel. Nach Darstellung des WWF
     gab es zwar Anstrengungen zur Vermeidung von Mineralöl, etwa 
     durch eine sorgfältige Auswahl der Verpackungsmaterialien - 
     diese betrafen aber offenkundig nicht alle möglichen 
     Mineralölquellen und konnten die MOAH-Verunreinigung der 
     Schokolade nicht verhindern.
   - Am 14.11. stellt das renommierte Berliner Institut Kirchhoff den
     Prüfbericht für eine vom WWF beauftragte Analyse aus. Sie zeigt,
     dass der Kalender von Netto-Markendiscount erneut mit MOAH 
     belastet ist.
   - Am 23.11. veröffentlicht das LGL auf Antrag von foodwatch 
     entsprechende Untersuchungsergebnisse. Nun macht auch der WWF 
     seinen Prüfbericht publik. Der Spitzenverband der 
     Lebensmittelwirtschaft BLL erklärt am selben Tag, dass ein 
     Rückruf nicht erforderlich sei. Netto-Konkurrent Norma bewertet 
     dies offenbar anders und ruft die von ihm vertriebenen, 
     MOAH-belastete Schokoladenkalender öffentlich zurück - Netto 
     Markendiscount zunächst nicht.

"Messdaten werden gar nicht erst publik oder erst spät, belastete Produkte kommen dennoch in den Handel, der Branchenverband wehrt sich mit Händen und Füßen gegen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit: Es gibt kaum einen Fall, in dem die Notwendigkeit regulativer Maßnahmen so offensichtlich ist wie bei der Mineralölproblematik in der Lebensmittelwirtschaft", erklärte Johannes Heeg. "Bundesernährungsminister Christian Schmidt hat es in der Hand, per Verordnung sichere Grenzwerte festzulegen. Es gibt keinen guten Grund, dies weiterhin zu unterlassen."

Erneut kritisierte foodwatch die Verharmlosungen der Gesundheitsgefährdung durch aromatische Mineralöle. Eine Verunreinigung mit MOAH sei selbst in geringer Konzentration gerade nicht "unbedenklich". Eine solche Aussage widerspricht nach Auffassung von foodwatch dem Stand der Wissenschaft, der zufolge selbst Spuren aromatischer Mineralöle potenziell krebserregend und erbgutschädigend sind. So verweist die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA darauf, dass solange aromatische Mineralöle - gleich in welcher Konzentration - in einem Lebensmittel vorhanden sind, immer von einem erbgutverändernden Potenzial ausgegangen werden muss ("All MOH mixtures are mutagenic unless they are treated specifically to remove MOAH").

Link:

   - E-Mail-Aktion für einen besseren Schutz vor Mineralöl in 
     Lebensmitteln www.mineraloel-aktion.foodwatch.de
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Quellen und weiterführende Informationen:

   - LGL zur Adventskalender-Untersuchung: www.tinyurl.com/zglqwtd
   - WWF zur Belastung des Netto-Markendiscount-Adventskalenders: 
  www.wwf.de/netto-adventskalender/
   - Prüfbericht der vom WWF beauftragten Laboranalyse: 
  www.tinyurl.com/juvk36q
   - foodwatch-Hintergrundpapier Mineralöl: 
  www.mineraloel-hintergrund.foodwatch.de
   - Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu Mineralöl: 
     http://tinyurl.com/ovgvtkz
   - EFSA Scientific Opinion: http://tinyurl.com/p9kausf
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Pressekontakt:

Martin Rücker
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90

Original-Content von: foodwatch e.V., übermittelt durch news aktuell

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