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Lausitzer Rundschau: Zur Situation der Piraten nach ihrem Bundesparteitag: Willkommen im System

Cottbus (ots)

Die gute Nachricht zuerst: Die Piraten sind reifer geworden. Ihr Parteitag in der bayerischen Provinz ist nicht ganz so chaotisch verlaufen wie gedacht. Das ist schon mal etwas. Und mit ihrem detailverliebten Wahlprogramm haben sie zumindest ihr inhaltliches Vakuum geschlossen. Auch das ist eine Leistung, wenn man bedenkt, dass die Klugheit vieler, von den Piraten Schwarmintelligenz genannt, keineswegs automatisch kluge oder überhaupt Entscheidungen hervorbringt. <EA>Die schlechte Nachricht ist: Genau diese Reife könnte in den kommenden Monaten zum Problem werden. Die Stärke der Piraten lag immer auch in der Abgrenzung zu den etablierten Parteien. Sie ist nun endgültig Geschichte. Denn mit den Beschlüssen ihres Parteitages haben sich die Freibeuter der Konkurrenz gefährlich angenähert. Galt einst als Markenkern, niemanden dazu zu zwingen, sich festzulegen, stehen die Piraten jetzt - wie andere auch - für ein bedingungsloses Grundeinkommen, für Volksentscheide und Mindestlohn. Oder aber sie setzen krampfhaft eigene Akzente durch einen kostenlosen Nahverkehr und die Abschaffung des Ehebegriffs. Die frühere, konventionslose Internet-Mitmach-Partei hat sich somit selbst mit Inhalten überfrachtet, und genau das dürfte einen großen Teil der Wählerschaft, der sich vielleicht bisher überlegt hatte, aus Protest das Kreuzchen bei den Piraten zu machen, schon wieder abschrecken. Auch werden inzwischen dieselben dumpfen Phrasen über den politischen Gegner gedroschen, wie auf Parteitagen von Union oder SPD. <EA>Alles in allem ist die orangefarbene Truppe also am Wochenende im Parteiensystem angekommen. Und damit stellen sich die Piraten gegen den Zeitgeist, der sie in der Vergangenheit so sehr getragen hat. Positionen zu wechseln, oder aber erst gar keine zu haben, war schließlich der gesellschaftliche Trend, von dem die Piraten profitiert haben. Das alles wäre freilich halb so wild, wenn sich die Partei dies auch eingestehen würde. Macht sie aber nicht. Noch immer suggeriert sie, dass ihr erfrischender Selbstfindungsprozess noch längst nicht am Ende angekommen ist. Die Wahrheit ist eine andere. Die Piraten sind inzwischen nicht besser, aber auch nicht schlechter als andere. Hinzu kommt, dass gerade das Personal in den letzten Monaten gezeigt hat, wie Politik schnell zum Intrigantenstadl verkommen kann. Vielleicht wird dieser Umstand dann auch das größte Problem der Piraten auf dem Weg in den Bundestag. Die Freibeuter sind zur Geisel dessen geworden, was sie propagieren - die bedingungslose Freiheit und damit auch der Meinungsfreiheit im Internet. Inzwischen weiß man, dass diese Freiheit den Umgang miteinander böse enthemmt. Flügelkämpfe, Querelen, Beschimpfungen, Skandale und Skandälchen, an der streitsüchtigen, innerparteilichen Stimmung wird auch die neue, agile politische Geschäftsführerin schwer zu knapsen haben. Genauso wie der alles andere als unumstrittene Vorsitzende. Von Geschlossenheit sind die Piraten noch weit entfernt. Wer wählt aber schon eine Partei, die sich auf offener Bühne regelmäßig selbst zerfleischt? Wohl nur jene, denen tatsächlich alles egal ist.

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