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Rheinische Post: Fanta wächst nicht

Düsseldorf (ots)

Von Torsten Casimir
Es gibt keine Maikäfer mehr", hat Reinhard Mey gesungen. Das muss 
in den Siebzigern gewesen sein. Es stimmte schon damals nicht. Aber 
es klang schön traurig. So wurde sein Lied gern gehört. Jetzt könnte 
der Mann ein noch traurigeres Lied singen: Es gibt keine 
Maikäferfänger mehr. Jedenfalls kaum noch welche. Ein Drittel aller 
Schüler zwischen zwölf und 15 Jahren hatte noch nie einen Käfer in 
der Hand, auch keinen Schmetterling. Natur wird nicht mehr erfahren. 
Sie dient bloß als Erlebnis-Kulisse: für Sport, für Partys im Grünen.
Aber was heißt schon "im Grünen"? Wer denkt noch an Chlorophyll? An 
Fotosynthese? An die Farbe des Lebens? Auch das Wissen über Natur 
geht rapide zurück. Kein Scherz: Es gibt Schüler, die zu Orangen 
Fanta sagen oder sich irritiert erkundigen, warum man so selten lila 
Kühe sieht. Das sind die Bizarrerien eines Daueraufenthalts in 
geschlossenen Räumen, deren Fenster Windows XP heißen. Von Lebendigem
entfremdet, von Technik umstellt, wachsen viele Kinder heute zu 
Bewohnern der Electronic City heran, zu Bit&Byte-Bürgern. Zu 
Kandidaten des Unglücks reifen sie, weil niemand ihnen sagt, dass 
Natur an Körper und Seele gut tut. Bei Pisa geht's leider bloß um 
Biologie.

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