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Rheinische Post: In der Steuerfalle Kommentar Von Sven Gösmann

Düsseldorf (ots)

Angela Merkel hat für eine Minute eine
herausragende Eigenschaft ihrer Regierungskunst vernachlässigt, die 
misstrauische Kontrolle über jedes öffentliche und halböffentliche 
Wort, und das rächt sich jetzt. Als die Kanzlerin im Gespräch mit den
Unions-Fraktionsvorsitzenden aus Bund und Ländern eine Debatte über 
die Möglichkeit von Steuererhöhungen zuließ und gar über die 
"Nivellierung" des auf sieben Prozent ermäßigten Mehrwertsteuersatzes
nachdachte, eröffnete sie unfreiwillig eine Steuerdebatte in der 
Union. Die M(ehrwertsteuer)-Frage ist in der Wahlkampf-Welt. Deshalb 
macht sich Panik in der CDU-Zentrale breit. Unselige Erinnerungen an 
das Geschehen vor vier Jahren kehren wieder. Da kämpfte die Union 
auch mit einer "Merkelsteuer"-Kampagne der SPD, die die Unionspläne 
für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer aufspießte. Dass die 
Sozialdemokraten als Partner in der Großen Koalition diese Steuer 
dann fröhlich mit von 16 auf 19 Prozent erhöhten, findet sich leider 
nur noch im Archiv und nicht im Gedächtnis vieler Wähler. Trotzdem 
sollte die Unionsführung gelassener reagieren. Angesichts der 
desaströsen Lage der Staatsfinanzen mit 90 Milliarden Euro 
Neuverschuldung und einem auf Jahre schwindsüchtigen Etat ist es 
angebracht, die Möglichkeiten einer Gegenfinanzierung zu diskutieren.
Es gibt nicht nur ein Problem auf der Ausgabenseite  das gewiss auch,
sondern auch auf der Einnahmenseite. Bei der Mehrwertsteuer liegt 
Deutschland im Mittelfeld. Hier gibt es am ehesten Spielraum für 
zusätzliche Steuereinnahmen, ohne die keine Bundesregierung nach der 
Wahl am 27. September auskommen wird. Daneben muss gleichberechtigt 
ein Abbau von Subventionen treten. Die Abwrackprämie, um nur ein 
Beispiel zu nennen, sollte eine einmalige Sünde bleiben. Gar kein 
schlechter Vorschlag kommt dazu von der EU: ein 
Drei-Stufen-Mehrwertsteuersatz mit einem Höchstsatz, einem ermäßigten
Satz und einem "Null-Satz" für wirklich sozial wünschenswerte und 
lebenswichtige Dinge. Das würde den deutschen Regelungswald lichten 
mit seinen zahlreichen Absonderlichkeiten bei der Mehrwertsteuer. 
Natürlich ist der Gedanke schmerzlich, dass die Bundesbürger künftig 
bei jedem Einkauf für die Versäumnisse der Banken büßen müssen, die 
nur durch Staatsgelder am Leben gehalten werden. Aber so 
alternativlos die Sicherung der Finanzwelt durch das Eingreifen des 
Staates war, so nötig ist es jetzt, den Schuldenstand zu begrenzen. 
Wie man das tut, darüber sollte und muss der Streit in diesem 
Wahlkampf gehen. Auch die Kanzlerin und ihre Partei sollten sich 
dieser Auseinandersetzung stellen. Die Deutschen  das haben sie 
bisher in der Krise bewiesen  sind schlauer, als mancher Politiker 
glauben mögen.

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

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