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Börsen-Zeitung: Hoher Strompreis, Kommentar von Walther Becker zum Börsengang von Electricité de France

Frankfurt (ots)

Stromstärke ist das Verhältnis von Spannung zu
Widerstand. Das weiß die Welt, seit Georg Simon Ohm 1826 in dem nach
ihm benannten Gesetz diese Zusammenhänge experimentell nachwies. Der
Börsengang von Electricité de France (EdF) generiert mit 7 Mrd. Euro
den größten Strom an Mitteln, der seit fünf Jahren über einen
Börsengang mobilisiert wurde. EdF wird mit 60 Mrd. Euro zum
schwersten Versorger Europas und übertrumpft damit Eon (53 Mrd.) und
Enel (42 Mrd.). Die Spannung war wegen des Volumens und der
ambitionierten Bewertung gestiegen – EdF ist weit weniger profitabel
als Eon. Daher stutzte die Regierung früh die Privatisierungstranche.
Eine nur gut zweifache Überzeichnung zeigt, dass die Emission keine
Begeisterungsstürme auslöst.
Widerstand, um beim alten Ohm zu bleiben, haben nicht nur große
Institutionelle geleistet, denen die Aktie schlicht zu teuer ist,
sondern auch Arbeitnehmer. Und die kommunistischen Gewerkschaften
haben Recht: Die über den Börsengang gelaufene Kapitalerhöhung, bei
der Paris auf 85% verwässert, ist nur ein erster Schritt der
Absetzbewegung aus dem Monopolisten. Die Begründung der Regierung für
den Börsengang sticht nicht: Teilentschuldung, Gewinn von Spielraum
in der wegen der weiteren Liberalisierung anstehenden Konsolidierung
und Generieren von Mitteln für die Erneuerung des (weitgehend
abgeschriebenen) Kraftwerksparks. EdF hat starke Cash- flows, kann
also akquirieren und modernisieren und ist als weltgrößter
Atomkrafterzeuger unabhängig vom Ölpreis. Natürlich geht es Paris
darum, über den weiteren Ausstieg aus dem Konzern die klamme
Staatskasse zu füttern. Daran würde auch eine sozialistische
Regierung nicht vorbeikommen, egal was die Partei heute sagt.
Herrscht erst Börsenalltag, beruhigen sich die Gemüter. So war es
auch bei Air France oder France Télécom.
Entscheidend ist, wie stark die Aktie unter Strom steht.
Fondsmanager warten auf die Handelsaufnahme – dann können sie sich
womöglich billiger eindecken. Bei EdF wurde die für Gaz de France
verfolgte Strategie, über einen günstigen Preis Kurspotenzial zu
bieten, nicht verfolgt. Das kann sich rächen. Privatleute lassen sich
gleichwohl elektrisieren. Über 5 Millionen Franzosen zeichneten und
machen EdF zur Volksaktie. Paris darf deren Vertrauen gerade auch im
eigenen Interesse nicht enttäuschen.
(Börsen-Zeitung, 19.11.2005)

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