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Börsen-Zeitung: Noch ein monetärer Impuls, Kommentar zu den Finanzmärkten von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

Endlich beruhigende Nachrichten für die
Finanzmärkte. Griechenland wird in den kommenden Wochen nicht an die 
Wand fahren, denn die Europäische Union (EU) hat zugesichert, dem 
Land unter die Arme zu greifen, bevor es zum Äußersten, dem 
Staatsbankrott, kommt. Damit bleibt auch der befürchtete Flächenbrand
aus, der die übrigen Peripheriestaaten - Irland, Portugal und Spanien
- zu erfassen drohte, was letztlich das Aus für die Europäische 
Währungsunion (EWU) und Tumulte an den Weltfinanzmärkten hätte 
bedeuten können. Echte Begeisterung ist an den Märkten indes nicht 
aufgekommen. Die Erholung der Aktienmärkte und des Euro sowie der 
Rückgang der Anleihen-Risikoaufschläge der Peripheriestaaten sind 
vielmehr sehr schnell zum Stillstand gekommen, weil noch keine 
konkreten Einzelheiten über Hilfsmaßnahmen bekannt gegeben wurden.
Geduldsspiel
Bis zu einer nachhaltigen Erholung wird den Marktteilnehmern noch 
einige Geduld abgefordert. Aus mehreren Gründen wird das 
Staatsrisikothema nicht so schnell von der Agenda verschwinden. So 
darf die EU Griechenland nicht jetzt schon konkrete Zusagen machen. 
Denn bereits die ersten und bei weitem noch nicht ausreichenden 
Sanierungsansätze stoßen in Teilen der Bevölkerung auf heftige 
Proteste. Hilfsmaßnahmen bereits jetzt konkret anzukündigen, würde 
die Sanierungsbemühungen nur unterminieren. Auch die Bemühungen, die 
notwendigen, umfassenden Reformen durchzuführen, wären von Anfang an 
belastet. Warum Einschnitte und grundlegende Veränderungen hinnehmen,
wenn das Problem doch per Scheck aus Brüssel behoben wird? Das 
Griechenland-Problem würde sich letztlich sogar verschlimmern. Zudem 
würden auch andere finanziell unsolide Peripheriestaaten nicht zur 
Fiskaldisziplin erzogen.
Kurzum: Erst muss sichergestellt werden, dass Griechenland den 
richtigen Weg einschlägt und auch die übrigen EWU-Wackelkandidaten 
ihre Hausaufgaben machen, so wie das mittel- und osteuropäische 
Staaten, die vor rund einem Jahr nur knapp am Bankrott 
vorbeigeschrammt sind, mittlerweile tun. Polen, seinerzeit allerdings
auch kein Pleitekandidat, hat sich sogar das ehrgeizige Ziel gesetzt,
bis zum Jahr 2012 das Haushaltsdefizit auf 3% des 
Bruttoinlandsprodukts zu reduzieren, womit es eines der Kriterien für
den EWU-Beitritt erfüllen würde.
Geduld brauchen die Anleger aber auch, weil Griechenland nicht die
einzige Baustelle ist. Als weiteres Problem könnten die 
Marktteilnehmer China ausmachen. In dem Land droht eine Überhitzung, 
die die Notenbank des Landes jetzt erneut dazu veranlasst hat, die 
Mindestreservesätze anzuheben, um das überbordende Kreditwachstum zu 
bremsen. Das schürt erneut die Befürchtungen, dass die Weltwirtschaft
einen schweren Rückschlag erleiden könnte, wenn Regierungen und 
Notenbanken weltweit ihre außergewöhnlichen Stützungs- und 
Ankurbelungsmaßnahmen zurückfahren.
Dennoch könnten Risiko-Assets relativ schnell wieder steigen. Die 
"Griechenland-Bombe" ist fürs Erste entschärft. Auch ist die negative
Reaktion auf die Anhebung der chinesischen Mindestreserve bis zu 
einem gewissen Grad schizophren. Schließlich bedeutet sie, dass die 
Konjunktur im Reich der Mitte auf vollen Touren läuft. Damit wird das
Land weiterhin z.B. die Auftragsbücher deutscher Maschinenbauer 
füllen. Negativ fixiert ist auch die Diskussion über den 
Euro-Wechselkurs. Seine Schwäche wird vor dem Hintergrund der 
Finanznöte Griechenlands und anderer Staaten fast ausschließlich 
unter Krisengesichtspunkten beleuchtet. Wäre er seit Jahresbeginn - 
wie vielfach erwartet - weitermarschiert und auf 1,60 Dollar oder 
noch höher gestiegen, gäbe es unzählige Klagen über die Belastung der
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Mit anderen Worten: 
Durch den Fall der Gemeinschaftswährung erhält der Euroraum einen 
neuen monetären Impuls, eine Art Konjunkturprogramm.
Nicht zuletzt hat die Griechenland-Krise zur Folge, dass die erste
Anhebung des Euro-Leitzinses in noch weitere Ferne rückt. Eine 
Erhöhung würde die Anleihekurse drücken und damit den Banken 
erhebliche Wertverluste bescheren. Gerade in Europa käme dies 
ungelegen, droht vielen Instituten doch bereits das starke Engagement
in den Peripherieländern Probleme zu machen.

Pressekontakt:

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Redaktion

Telefon: 069--2732-0
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