Phoenix Programmhinweis
Mittwoch, 5. Juli 2000
Köln (ots)
09.25 Uhr Russisches Roulette
Das Atomkraftwerk Ignalina
Film von Jörgen Pedersen und Bente Milton
Das Atomkraftwerk im litauischen Ignalina ist die zur Zeit größte Kernenergie-Anlage der Welt. Ihre Reaktoren vom Tschernobyl-Typ sollen - wenn es nach den Vorstellungen der litauischen Betreiber geht - trotz bekannter betriebstechnischer Mängel noch zehn bis fünfzehn Jahre Atomstrom liefern.
1999 hat ein früherer leitender Reaktor-Spezialist des ehemaligen sowjetischen Kernenergie-Komplexes, der Aufbau und Inbetriebnahme von Ignalina seinerzeit überwachte, sein Schweigen gebrochen und schwerste technische Mängel ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. Der Betrieb der Anlage ist von der ersten Minute an höchst fahrlässig, weil wichtige Wartungs- und Reparaturelemente des KKW bis heute nicht installiert wurden. Dies hat zur Folge, dass mittlerweile weder der Sicherheitsstandard der Anlage in qualifizierter Form überprüft, geschweige denn immer dringendere Wartungsarbeiten umfassend durchgeführt werden können.
Auch der heutige Leiter des Kraftwerks sieht keine Veranlassung für eine Stillegung oder sicherheitstechnische Generalüberholung der Anlage, die noch nicht einmal 1.000 Kilometer von großen europäischen Metropolen wie Kopenhagen, Stockholm, Helsinki, Moskau, Warschau und Berlin entfernt ist.
Russisches Roulette - wie bekannt: Ein gefährliches Spiel. In Ignalina wird mit dem Leben vieler Menschen gepokert.
14.15 Uhr Kampfhund-Chaos
Volkans Tod und die Folgen
Film von Thomas Seekamp und Jens Fintelmann
Vier Wochen vor dem Kampfhund-Super-GAU haben die NDR-Reporter Thomas Seekamp und Jens Fintelmann damit begonnen, den Kampfhundealltag in der Großstadt Hamburg zu dokumentieren. Sie zeigen drei Kampfhunde und ihre Halter vor, während und nach der tödlichen Attacke von Wilhelmsburg. Im größten Tierheim Europas, in der Hamburger Süderstraße, waren sie dabei, wie Kampfhunde einem neu entwickelten Aggressionstest unterzogen wurden. Vom Schnüffel-Kontakt mit Rüden und Hündinnen über eine Kinderwagen-Begegnung bis zur "Fahrt" in einer überfüllten Aufzugs-Attrappe: Eine Prüfung auf Leben und Einschläferung. Die Testfrequenz soll sich nach dem Willen der Politiker drastisch erhöhen. 3.000 bis 4.000 Kampfhunde laufen noch durch Hamburgs Straßen. "Was der Senat beschlossen hat, lässt sich in der Praxis gar nicht umsetzen", schimpft Tierheim-Chef Wolfgang Poggendorf, "die Verordnung ist eine Frühgeburt, wir lassen aus unserem Tierheim keine Tötungsmaschinerie machen.
Die Reportage ist eine Momentaufnahme, die zeigt, dass das Problem der gefährlichen Beißer noch lange nicht gelöst ist.
20.15 Uhr PHOENIX-Schwerpunkt:
Zur Sache: Andrea Fischer
Moderation: Gaby Dietzen
Sie ist die erste grüne Bundesministerin und ausgewiesene Sozialexpertin. Mit ihrer Ausgabenverordnung brachte sie am Anfang des Jahres die Ärzteschaft in Aufruhr: Ein Teil sprach sogar davon, dass die medizinische Grundversorgung nicht mehr gewährleistet sei. Die Gesundheitsreform, die am 1. Januar in Kraft trat, sorgt auch heute noch für Zündstoff. Seit dem Parteitag in Karlsruhe ist Andrea Fischer im Grünen-Parteirat. An vorderster Front engagiert sie sich nun um die Stärkung des grünen Profils.
Andrea Fischer stellt sich den Fragen von Gaby Dietzen.
Wie immer können sich die Zuschauer über die PHOENIX-Hotline: 01802-8217 und das PHOENIX-Fax: 01802-8213 an der Diskussion beteiligen.
21.00 Uhr Die zweite Schöpfung
Der künstliche Mensch
Film von Tilman Achtnich
"Aus einem winzigen Stückchen Vorhaut züchten wir menschliche Haut, die ein ganzes Fußballfeld abdeckt", verkündet die Forschungschefin der amerikanischen Firma Organogenesis stolz. Künstliche lebende Haut ist das erste "Ersatzteil" für den Menschen, das quasi industriell hergestellt wird. In den Biotech-Labors stehen weitere Gewebe vor der Serienreife: Knorpel, Knochen und Blutgefäße. Komplexere Organe wie Leber und Herzmuskelgewebe lassen noch auf sich warten. Mit den Transplantaten aus den Regalen der Medizinfirmen wird sich der Mangel an Spenderorganen beseitigen lassen. Selbst das Ohr aus dem Labor, maßgeschneidert auf Bestellung ist eine Vision der Zukunftsmediziner. "Wir machen alles, wenn es uns der Gesundheitsmarkt abkauft", verkünden manche Forscher lauthals. Dazu kommen immer neue körperverträgliche Kunststoffe, die die "Verschleißteile" des Menschen - etwa Hüftgelenke - ersetzen. Und die Mikroelektronik macht den Einbau von Steuersystemen in den Körper möglich. Die könnten einem Querschnittsgelähmten per elektrischer Muskelreizung wieder zur Bewegung von Händen oder ganz zum Gehen verhelfen.
Frankenstein oder die neue Freiheit von der Hinfälligkeit des Körpers? Der Mensch, in Zukunft ein Ersatzteilwesen? Dagegen spricht nichts, sagen vorwiegend die amerikanischen Mediziner. Keine ethischen Bedenken, schließlich geht es ums Heilen. Und ums Geld, denn Bioengineering verspricht der Milliardenmarkt der Zukunft zu werden.
Rückfragen: PHOENIX Kommunikation Telefon 0221-220-8477 Fax 0221-220-8089
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