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Amnesty International

Palästinensische Autonomiegebiete
Freie Meinungsäußerung wird unterdrückt

Bonn (ots)

Sperrfirst: Dienstag, 5. September 2000, 0.01 Uhr
Gegner des Friedensprozesses mit Israel und Kritiker von
Korruption und Menschenrechtsverletzungen inhaftiert /
Verfassungsentwurf, der Meinungsfreiheit garantiert, wird von
Präsident Arafat blockiert / Auch die Medien geraten unter Druck:
Schließungen und Misshandlungen
In den Palästinensischen Autonomiegebieten werden immer wieder
Menschen festgenommen, die ausschließlich friedlich von ihrem Recht
auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen. Das dokumentiert die
Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) in einem neuen
Bericht. Unter den Festgenommenen sind Journalisten, Beamte,
Gewerkschafter und Menschenrechtler. Manchmal reicht Kritik an den
Friedensverhandlungen mit Israel, um ohne Haftbefehl festgenommen und
in Einzelhaft ohne Kontakt zur Außenwelt gefangen gehalten zu werden.
amnesty international kennt mindestens 13 Personen, die seit
Jahresbeginn als gewaltlose politische Gefangene inhaftiert sind,
weil sie Kritik an den Palästinensischen Autonomiebehörden übten. Oft
wurden sie von einem der palästinensischen Sicherheitsdienste zu
einem kurzen Treffen "bei einer Tasse Kaffee" eingeladen - und erst
Tage, Wochen oder sogar Monate später wieder freigelassen. Unliebsame
Kritiker werden in der Regel ohne Begründung und Gerichtsverfahren
festgehalten. Oft gingen den Festnahmen kritische Bemerkungen voraus,
beispielsweise über Korruption in den palästinensischen Behörden,
über Menschenrechtsverletzungen oder über den Friedensprozess mit
Israel. Der Verfassungsentwurf, der vom palästinensischen Parlament
verabschiedet wurde und das Recht auf Freiheit sowie das Recht auf
freie Meinungsäußerung garantiert, ist von Präsident Arafat nie
ratifiziert worden.
Als Beispiel behördlicher Unterdrückung der freien
Meinungsäußerung in den Autonomen Gebieten führt ai den Fall von 'Abd
al-Fattah Ghanem an. Am 20. Juni dieses Jahres wurde Arafats Berater
für Flüchtlingsfragen von der palästinensischen Polizei vorgeladen
und inhaftiert. Ein Grund für die Festnahme wurde nicht genannt.
Seine Angehörigen gehen davon aus, dass Zeitungsinterviews für seine
Festnahme ausschlaggebend waren. Darin hatte er der Autonomiebehörde
bescheinigt, sie sei unfähig, eine gerechte Lösung in der Frage der
palästinensischen Flüchtlinge zu finden. 'Abd al-Fattah Ghanem wurde
in Einzelhaft und ohne Kontakt zur Außenwelt gefangen gehalten; am
27. Juli durfte er erstmals Besuch von seinen Angehörigen empfangen.
Zwei Monate nach seiner Festnahme wurde ihm immer noch untersagt,
einen Anwalt hinzuzuziehen. Seine Familie hat er seit dem einen
Besuch nicht mehr sehen dürfen.
Auch Journalisten werden verfolgt, und mehrere
Zeitungsredaktionen, Presseagenturen sowie unabhängige Fernseh- und
Radiosender mussten schließen. Um kritische Berichterstattung zu
unterdrücken, wenden die Sicherheitskräfte oft auch physische Gewalt
an. Im August 1998 schlugen Mitglieder der palästinensischen Polizei
Munir Abu Rizq, den Chefredaktor der Tageszeitung "al-Hayat
a-Jadida". Rizq hatte versucht, in den Hauptsitz der
palästinensischen Polizei in Gaza zu gelangen. Er wollte als
Berichterstatter zu einem Prozess vor einem Militärgericht, das über
drei Palästinenser tagte - zwei der Angeklagten wurden anschließend
wegen Mordes zum Tod verurteilt und hingerichtet. 
Selbst bekannte Persönlichkeiten können ihre Meinung über die
Autonomiebehörde nicht uneingeschränkt kundtun. Am 16. Dezember
vergangenen Jahres griffen Offiziere des palästinensischen
Geheimdienstes den Parlamentarier 'Abd al-Jawad Saleh, an, weil
dieser friedlich gegen die Inhaftierung von acht Unterzeichnern einer
Petition demonstrierte. Darin hatten die Unterzeichner harsche Kritik
an der Autonomiebehörde geübt. Erst sieben Monaten nach der Festnahme
ordnete der palästinensische Hohe Gerichtshof die Freilassung von
'Abd al-Jawad Saleh an.
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+ 49 - (0)228 - 630036
53108 Bonn
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