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WAZ: Protest auf Mallorca: Ballermann ist überall - Leitartikel von Ulrich Schilling-Strack

Essen (ots)

Was wissen wir von Mallorca? Sonne, Sand, Sangria.
Doch dieser Dreiklang klingt schon seit längerem falsch. Es ist eben 
kaum zu übersehen: Mit den wachsenden Touristenströmen wird die Insel
nicht mehr fertig. Überfremdung und Ausverkauf beklagen die 
Einheimischen immer lauter, und der Groll entlud sich jetzt erstmals 
auch auf der Straße. 50 000 marschierten in der Hauptstadt für die 
Rettung ihrer Heimat, vielleicht die größte Demonstration gegen die 
Folgen des Massentourismus, die es jemals gegeben hat. Der Tourismus 
sei so gefährlich wie eine Neutronenbombe, behauptet einer der 
Wortführer der Protestaktionen. Ein starker Satz, der viel über die 
kochenden Emotionen verrät.
Der Widerstand richtet sich allerdings nicht nur gegen die 
Touristen. So einfach ist es nun wirklich nicht. Keine Frage: Die 
Organisatoren von Pauschalreisen machen Kasse, und das nicht zu 
knapp. Aber auch die Inselbewohner haben vom Ansturm profitiert. 
Bittere Armut herrschte in vielen Dörfern noch vor 50 Jahren. Mit den
Gästen kam der Wohlstand, mit der ungezügelten Gier mancher Gastgeber
allerdings auch die Zerstörung. Die schönsten Küstenstreifen wurden 
einbetoniert. Die Müllkippen quellen über. Autobahnen pflügen sich 
durch die Olivenhaine. Jahrelang musste Wasser mit Tankschiffen 
angeliefert werden, weil die Brunnen vertrockneten. Der Beliebtheit 
der Insel tat das keinen Abbruch. Wer Sonne, Sand, Sangria sucht, ist
eben manchmal nicht so pingelig. Zehn Millionen Menschen fielen 
allein im letzten Jahr ein, darunter 3,5 Millionen Deutsche, die 
"Malle" längst eingemeindet haben.
Was man aber nicht vergessen sollte: Die größten Sünder waren im 
Paradies sogar zuhause. Wie der Spekulant, der Bauunternehmer, der 
Lokalpolitiker, die Hand in Hand den Bebauungsplan als Freibrief zur 
Selbstbedienung begriffen. Irgendwann galt der Satz: Ballermann ist 
überall.
Wer für die Rettung der Insel stritt, fand im Konzert des großen 
Geldes lange kein Gehör. So ist das heute nicht mehr, lernen wir von 
der Großdemo in Palma. Die Umweltdebatte hat einiges verändert, und 
die aktuelle Diskussion um die Klimakatastrophe verschiebt die 
Gewichte.
Es tut sich was. Und gleich an zwei Fronten. Auf Mallorca ist man
nicht mehr bereit, die Zerstörung der Heimat hinzunehmen. Und in 
Deutschland fragt man sich: Ist Urlaub wirklich nur mit dem Flugzeug 
möglich? Münster statt Mallorca - diese Alternative sollte durchaus 
ernsthaft verhandelt werden.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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