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WAZ: Beck kontra Müntefering: Wer ist wirklich der Sieger? - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots) -

Bei einem Machtkampf muss es einen Sieger und einen
Verlierer geben. Das galt früher für Politiker genauso wie 
beispielsweise für alle Primaten, weshalb das Wort Alpha-Tier als 
Respektsbekundung in den allgemeinen Wortschatz aufgenommen wurde. 
Während aber Affen sich in überschaubaren Verhältnissen bewegen und 
Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt weitgehend ignorieren, wird die 
Lage für menschliche Alpha-Tiere in der Globalisierung immer 
komplizierter. Es kann vorkommen, dass ein Sieger am Ende das 
Nachsehen hat und der Verlierer das bereits in der Stunde der 
Niederlage ahnt.
Müntefering weiß, dass die Partei im Streit um das 
Arbeitslosengeld ihrem Vorsitzenden Beck folgen wird, aber er glaubt 
an die Kraft seiner Argumente. Er will mehr in die Ausbildung und 
Vermittlung älterer Arbeitsloser investieren als in die Bezugsdauer 
von ALG I. Er hat sich nicht durchgesetzt, aber die SPD wird die 
Frage beantworten müssen, wie sie politische Zusammenhänge 
prinzipiell begreifen will.
Nach Becks Auffassung hat die Agenda 2010 viele Menschen derart 
überfordert, dass sie die SPD in Umfragen bestrafen. Die Linke 
rekrutiert ihre Anhänger vor allem unter älteren Menschen, weshalb 
Beck ein Signal an die Enttäuschten richten wollte: Mehr Sicherheit 
durch mehr Geld, fast so wie früher, vor der Agenda. Nach 
Müntefe-rings Auffassung hat Arbeit einen hohen Wert, weil sie 
Menschen mitten im Leben hält, er sieht sie nicht als Belastung, die 
möglichst früh abgeschüttelt werden sollte.
Die Praxis der Frühverrentung hat ein Denken befördert, in dem 
Ältere als weniger attraktive Arbeitnehmer aussortiert wurden. In 
einer alternden Gesellschaft in einem überlasteten Sozialstaat muss 
Politik dem gegensteuern, und das ist auch eine psychologische 
Aufgabe. Laut Bundesagentur für Arbeit hat sich der Aufschwung bei 
der Beschäftigung zu zwei Dritteln unter den über 50-Jährigen 
ausgewirkt. Das könnte für ein Umdenken sprechen, indem Arbeitgeber 
die Älteren wiederentdecken und diese sich auch gebraucht fühlen. Die
Agenda, die gewiss an einigen Stellen verändert werden muss, hat 
zumindest hier Erfolge erzielt. Dafür, dass Arbeit angemessen bezahlt
werden muss, kämpft Müntefering mit dem Mindestlohn. Auch hier ist 
Psychologie im Spiel, denn das Ansehen von Managern soll sich künftig
auch darin bemessen, dass sie Menschen anständig bezahlen. Beck hat 
klar gemacht, wer das Sagen hat, aber Müntefering hat ein schlüssiges
Konzept für das, was zu sagen ist. Wer also ist der Sieger?

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