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Medien-Info: Ohne ausreichend Mittel von Bund und Ländern bleibt die Kinder- und Jugendhilfe in einer tiefen Krise – ver.di fordert mehr Ressourcen gegen das Systemversagen

Aktion: „Wer hilft noch, bevor das Kind in den Brunnen fällt?“

Ohne ausreichend Mittel von Bund und Ländern bleibt die Kinder- und Jugendhilfe in einer tiefen Krise – ver.di fordert mehr Ressourcen gegen das Systemversagen

Personalmangel, Budgetnot, Überlastung, Fluktuation: Das System der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschlands Kommunen steckt – nach Jahren verschärfter Unterfinanzierung bei immer komplexeren Aufgaben – in einer tiefen Krise. Studien und Befragungen von Beschäftigen belegen eindrücklich, dass die Arbeit in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe von schlechten Personalschlüsseln, unbesetzten Stellen, schierer Zeitnot und durch den Mangel an hoch qualifizierten Fachkräften immer mehr auch von Deprofessionalisierung geprägt ist. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) appelliert daher an diesem Freitag in einer bundesweiten Aktion an die Finanzministerien der Länder und an Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, schnell für eine auskömmliche Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe zu sorgen, um mit neuen Ressourcen das Systemversagen aufzuhalten und wieder stabile Strukturen zu etablieren.

„Die Situation in der Kinder- und Jugendhilfe ist für alle Beteiligten unerträglich – und das nehmen wir als führende Gewerkschaft der Sozialen Arbeit nicht einfach hin“, so die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. „Es ist unverantwortlich, dass Politik und Verwaltungen seit Jahren zusehen, wie sich die Situation immer weiter verschlechtert. Statt zusammen Lösungen zu finden, schieben Bund, Länder und Kommunen die Verantwortung für das System Kinder- und Jugendhilfe nur hin und her.“

Die Kinder- und Jugendhilfe wird derzeit finanziell zu vier Fünfteln von den Kommunen getragen, weshalb gerade in knappen Zeiten die Soziale Arbeit oft nur noch nach Kassenlage angeboten wird: Einrichtungen schließen, Erzieher und Sozialpädagoginnen fehlen, die Arbeitsqualität leidet, überlastete Beschäftigte fliehen in andere Bereiche. Die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen, nach der Corona-Krise noch dringlicher und komplizierter, kommen zu kurz.

Die in ver.di organisierten Beschäftigten übergeben daher heute an die Finanzministerinnen und Finanzminister des Bundes und der Länder persönlich ihre Forderungen, um unter dem Titel „Wer hilft noch, bevor das Kind in den Brunnen fällt?“ deutlich zu machen, was die Kinder- und Jugendhilfe braucht, um endlich wieder auf stabiler Grundlage ihre unverzichtbare Arbeit leisten zu können.

Die ver.di-Forderungen im Einzelnen:

1. Finanzielle Beteiligung des Bundes

Derzeit wird die Kinder- und Jugendhilfe zu mehr als 80 Prozent von den Kommunen finanziert. Zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist der Bund an den regelmäßigen Kosten der Kinder- und Jugendhilfe zu beteiligen.

2. Aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen durch die Länder

Die finanzielle Sorgfaltspflicht der Länder für ihre Kommunen ist umzusetzen (Konnexitätsprinzip). Das heißt: Über den kommunalen Finanzausgleich ist auf die Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe Einfluss zu nehmen, um die Kommunen zu entlasten.

3. Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive

Der bedarfsgerechte Ausbau der Fach- und Hochschulen für Sozialpädagogik und Soziale Arbeit ist durch staatliche Steuerung und Finanzierung sicherzustellen. Dies umfasst auch den Ausbau der Studienplätze an Universitäten für das Lehramt an berufsbildenden Schulen für Sozialpädagogik sowie Programme zur Qualifikation künftiger Professor*innen/Lehrenden.

4. Deprofessionalisierung stoppen

Die Absenkung von Standards und Qualifikationen ist nicht nur aus fachlichen Gründen abzulehnen, sondern verschärft durch Überforderung und sinkende Attraktivität der Arbeitsfelder langfristig den Fachkräftemangel, statt ihn zu lösen.

5. Verbesserung der Ausstattung der Jugendämter

Die organisatorische und personelle Stabilität der Jugendämter ist entscheidend für die Verlässlichkeit und Qualität der Angebote und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Inklusive Angebote sind auf die Bedarfe auszurichten, Doppelstrukturen abzubauen und Bürokratiepflichten zu reduzieren.

6. Personalbemessung

Zur Planung und Bereitstellung einer bedarfsgerechten Personalausstattung ist in allen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe ein Verfahren zur Personalbemessung zu nutzen.

7. Ausbau der präventiven Maßnahmen

Die zunehmende Komplexität der Problemlagen belastet die Hilfesysteme. Dieser Herausforderung kann nur durch die Sicherung frühzeitiger Hilfen begegnet werden. Hierfür müssen Projektlogiken überwunden und eine verlässliche Finanzierung für präventive Angebote geschaffen werden.

8. Schaffung Nationaler Fonds Kinder- und Jugendhilfe

Der Bund richtet einen Fonds Kinder- und Jugendhilfe ein (angelehnt an den Vorschlag des Instituts für Sozialpädagogische Forschung vom Frühjahr). Dieser wird mit zehn Milliarden Euro über zehn Jahre ausgestattet und bildet die Grundlage für die Schaffung einer Stiftung, die Projekte zu folgenden Schwerpunkten fördert: Stärkung der kommunalen Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe; Ausbau und Modernisierung von Einrichtungen; Fachkräfteoffensive von Bund, Länder und Kommunen für die Kinder- und Jugendhilfe sowie Digitale Innovation und Entbürokratisierung.

Für Rückfragen: Dr. Elke Alsago 0160-92894752

Mehr Informationen zur Aktion: Wer hilft noch, bevor das Kind in den Brunnen fällt? | Öffentliche und private Dienstleistungen, Sozialversicherung und Verkehr

Zu den Studienergebnissen der Hochschule Fulda und ver.di zu verletzendem Verhalten in der Kinder- und Jugendhilfe: Gewalt und verletzendes Verhalten in der Sozialen Arbeit | Öffentliche und private Dienstleistungen, Sozialversicherung und Verkehr

V.i.S.d.P.

Jan Thomsen
ver.di-Bundesvorstand
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