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Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)

Internationaler Tag der Menschenrechte (10.12.): Minderheiten und Indigene Völker unter Druck – Appell für menschenrechtsbasierte Außenpolitik

Anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte am 10. Dezember warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor einer dramatischen Verschlechterung der Lage indigener Gemeinschaften und Minderheiten weltweit. Kriege, Gewalt, autoritäre Regime, eine verfehlte Klimapolitik und wirtschaftliche Interessen gefährden demnach zunehmend die Existenzgrundlagen und Rechte dieser Gruppen.

Mit einer Politik, die sich nur dann für Menschenrechte einsetzt, wenn es geopolitischen Interessen dient und die humanitäre Hilfe und Entwicklungsgelder kürzt, befördere die Bundesregierung diese dramatische Entwicklung, kritisiert die Menschenrechtsorganisation. Eine Innenpolitik, die rein auf Abschottung setzt, sei mitverantwortlich dafür, dass Empathie und Solidarität mit Notleidenden abnehmen. Die GfbV fordert eine menschenrechtsbasierte Außenpolitik und appelliert an Bundeskanzler Friedrich Merz, Menschenrechte endlich konsequent über geopolitische und wirtschaftliche Interessen zu stellen.

Menschenrechtsverletzungen im Sudan, in Syrien und in der Ukraine

Auf die aktuell schwerste humanitäre Krise im Sudan reagiere die Bundesregierung unzureichend, kritisiert die GfbV. Die Menschenrechtsorganisation fordert massive humanitäre Hilfe für die Notleidenden sowie besondere Schutzmaßnahmen für von systematischer Vergewaltigung betroffene Frauen und Kinder sowie nicht-arabische Gemeinschaften, die gezielt getötet und vertrieben werden. „Die internationale Gemeinschaft muss die sudanesische Zivilbevölkerung in alle Phasen der politischen Verhandlungen einbeziehen und Druck auf Drittstaaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate ausüben, die den Krieg durch Waffenlieferungen anheizen“, fordert Sarah Reinke, Leiterin der Menschenrechtsarbeit der GfbV.

In der Ukraine sind laut der Menschenrechtsorganisation vor allem Menschen in den von Russland besetzten Gebieten schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Minderheiten wie die Krimtataren und die nordasowschen Griechen (Urum und Rumei) werden systematisch verfolgt und seien von der Auslöschung bedroht. Die Bundesregierung „muss sich konsequent gegen Gebietsabtretungen an Russland sowie für politische Gefangene einsetzen”, fordert die GfbV.

In Syrien sind ethnische und religiöse Minderheiten systematischer Gewalt, Vertreibung und gezielten Angriffen durch das neue islamistische Regime ausgesetzt. Dass nun darüber debattiert werde, die Menschen, die nach 2015 aufgenommen wurden, wieder loszuwerden, sei unmenschlich. „Vor allem Drusen, Alawiten und Angehörige anderer Minderheiten dürfen auf keinen Fall nach Syrien abgeschoben werden“, fordert Dr. Kamal Sido, Nahostreferent der GfbV.

Gezielte Repressionen und Gewalt gegen Minderheiten

Auch in anderen Regionen seien insbesondere Minderheiten die Zielscheibe von Gewalt und Repressionen, warnt die GfbV. Die gezielte Verfolgung kurdischer Politiker und Aktivisten durch das Erdogan-Regime werde von der Bundesregierung kaum thematisiert. „Die Türkei torpediert alle Bemühungen für eine friedliche Lösung der Kurdenfrage – trotzdem findet die Bundesregierung keine klaren Worte. Geopolitische Interessen werden wie so oft über den Schutz von Minderheiten und Menschenrechten gestellt“, kritisiert der Nahostreferent der GfbV.

Die fehlende Reaktion der Bundesregierung zur Gewalt nach den Wahlen in Tansania sei ebenso unverständlich. Sicherheitskräfte gingen dort massiv und tödlich gegen Demonstrierende vor. Indigene Gemeinschaften wie die Maasai seien seitdem noch stärkerer Repression, Zwangsumsiedlungen und wirtschaftlichem Druck ausgesetzt. „Deutschland darf zu den Menschenrechtsverletzungen der tansanischen Regierung nicht länger schweigen. Wir fordern die Bundesregierung erneut auf, eine unabhängige internationale Untersuchung einzufordern sowie ihre Entwicklungszusammenarbeit mit Tansania einer strikten menschenrechtlichen Prüfung zu unterziehen“, sagt Laura Mahler, GfbV-Referentin für Subsahara-Afrika.

Wirtschaftsabkommen und Klimapolitik: Indigene Rechte werden ignoriert

Auch Indigene Völker seien weltweit immer stärkeren Repressionen ausgesetzt, der Druck auf ihre Territorien nehme durch wirtschaftliche Interessen rasant zu. „Handelsabkommen wie das EU-Mercosur-Abkommen und die Schwächung des Lieferkettengesetzes beschleunigen die Abholzung von Regenwäldern und bedrohen die Rechte und Territorien Indigener Völker. Bereits jetzt sind die Auswirkungen der Fleisch-, Soja-, Holz- und Bergbauindustrie auf den Amazonas-Regenwald verheerend“, kritisiert Eliane Fernandes, Referentin für Indigene Völker.

Ein großes Problem sei auch, dass indigene Gemeinschaften bei Projekten in ihren Territorien nicht konsultiert und beteiligt werden, obwohl dies völkerrechtlich vorgeschrieben ist – etwa bei großflächigen Infrastruktur-, Wasserstoff- oder Bergbauprojekten. „Diese Projekte, die von Deutschland im Rahmen von ‚Just Transition‘-Programmen gefördert werden, greifen direkt in indigene Territorien ein. Es darf nicht sein, dass Deutschlands Energie- und Lieferkettenpolitik die Lebensgrundlagen indigener Gemeinschaften zerstört“, betont Jan Königshausen, Referent für Indigene Völker.

Appell an die Bundesregierung: Menschenrechte konsequent verteidigen

Die GfbV appelliert angesichts dieser Entwicklungen eindringlich an die Bundesregierung, den Schutz von Minderheiten, Indigenen Völkern und Menschenrechten in allen außenpolitischen Entscheidungen zu priorisieren. „Es ist unglaubwürdig, den Zusammenbruch der internationalen Ordnung zu beklagen, wenn man diese Ordnung nicht selbst konsequent verteidigt“, sagt Sarah Reinke. Die Kandidatur Deutschlands für einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat 2027/2028 biete die Chance, mit Glaubwürdigkeit für Menschenrechte einzutreten.

Für Rückfragen erreichen Sie Sarah Reinke, Leiterin der Menschenrechtsarbeit der GfbV, unter s.reinke@gfbv.de oder 0551/49906-13.

Die Kontaktinformationen aller Referent*innen finden Sie hier.

Gesellschaft für bedrohte Völker
Pressereferat
Sarah Neumeyer
Postfach 2024
D-37010 Göttingen
Tel.:  +49 551 499 06-21
Fax:  +49 551 580 28
E-Mail:  presse@gfbv.de
 www.gfbv.de
Menschenrechtsorganisation mit beratendem Status bei den UN und mitwirkendem Status beim Europarat
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