Alle Storys
Folgen
Keine Story von Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV) mehr verpassen.

Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)

Deutschland lehnt Reparationen an Namibia ab: „Fortführung kolonialer Logik, nach der das Leben der Opfer weniger wert ist“

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert die Ankündigung der Bundesregierung, keine Reparationen an Namibia für den Völkermord an den Ovaherero und Nama zahlen zu wollen, scharf. Dies hatte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen bekräftigt. „Diese Haltung der Bundesregierung ist nichts anderes als ein Schlag ins Gesicht der Nachkommen der Opfer“, erklärt Laura Mahler, GfbV-Referentin für Subsahara-Afrika. „Deutschland profitiert bis heute von der Kolonialzeit, doch wenn es um echte Wiedergutmachung geht, verweigert sich die Bundesregierung ihrer Verantwortung.“

Begründet wird die Ablehnung damit, dass es zur Zeit des Völkermords an den Ovaherero und Nama noch kein Völkerstrafrecht gegeben habe – ein Argument, das die Verbrechen verharmlost und die Nachkommen der Opfer erneut entrechtet. „Mit dieser zynischen Begründung macht sich die Bundesregierung zum Komplizen kolonialer Verbrechen, statt Verantwortung zu übernehmen“, kritisiert Mahler. „Ob es damals eine juristische Kategorie für Völkermord gab oder nicht, ist völlig unerheblich. Deutschland hat hunderttausende Menschen ermordet. Sich mit solchen Spitzfindigkeiten vor Reparationen zu drücken, ist schäbig und inakzeptabel.“

Schon in der sogenannten Gemeinsamen Erklärung (Joint Declaration) zwischen Namibia und Deutschland von 2021, die bis heute nicht unterzeichnet wurde, hatte die Bundesregierung den Völkermord nur „aus heutiger Sicht“ anerkannt. Auch damals sei mit sprachlichen und rechtlichen Relativierungen versucht worden, eine echte Verantwortung zu umgehen, kritisiert Mahler. Nun zeige sich laut der Menschenrechtlerin erneut: Die Bundesregierung wolle sich der moralischen wie materiellen Konsequenzen einer Anerkennung des Genozids entziehen. Die Menschenrechtsorganisation fordert die Bundesregierung auf, ihre Haltung sofort zu korrigieren und endlich ernsthafte Verhandlungen mit den legitimen Vertretungen der Ovaherero und Nama aufzunehmen. „Alles andere ist ein Verrat an den universellen Menschenrechten und ein Hohn für die Opfer des ersten Völkermords des 20. Jahrhunderts“, sagt Mahler.

Zwischen 1904 und 1908 ermordeten deutsche Kolonialtruppen bis zu 100.000 Ovaherero und Nama, vertrieben sie in die Wüste oder verschleppten sie in Konzentrationslager. Dennoch verweigert die Bundesregierung Reparationen und begnügt sich mit Entwicklungshilfe und symbolischen Gesten. „Die Opferfamilien fordern keine Almosen, sondern Gerechtigkeit“, so Mahler. „Wer anerkennt, dass ein Völkermord begangen wurde, darf nicht gleichzeitig so tun, als sei er juristisch folgenlos. Entwicklungshilfe ist kein Ersatz für Reparationen. Wer sich weigert, für die eigenen Verbrechen zu zahlen, verteidigt letztlich die koloniale Logik, nach der das Leben der Opfer weniger wert ist.“

Sie erreichen Laura Mahler unter l.mahler@gfbv.de oder 03051 / 695825-3.

Gesellschaft für bedrohte Völker
Pressereferat
Sarah Neumeyer
Postfach 2024
D-37010 Göttingen
Tel.:  +49 551 499 06-21
Fax:  +49 551 580 28
E-Mail:  presse@gfbv.de
 www.gfbv.de
Menschenrechtsorganisation mit beratendem Status bei den UN und mitwirkendem Status beim Europarat
Weitere Storys: Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Weitere Storys: Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
  • 18.08.2025 – 10:17

    Dokumentarfilm über krimtatarische Spuren in Deutschland veröffentlicht

    Die Krimtataren, eines der Indigenen Völker der Krim, ist seit Jahrhunderten in Europa präsent – als Händler, Diplomaten, Kulturschaffende, Militärs. Zeugnisse dieses krimtatarischen Handelns finden sich überall in Deutschland. „In unserem Dokumentarfilm ‚Spuren der Zeit‘ nehmen wir die Zuschauer mit an die Orte, wo krimtatarisches Kulturgut wie Bücher, ...

  • 15.08.2025 – 09:12

    Bolivien: Präsidentschaftswahl entscheidet über Schutz indigener Rechte

    Kurz vor der Präsidentschaftswahl in Bolivien warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), dass indigene Lebensweisen in dem plurinationalen Staat nach der Wahl noch stärker unter Druck geraten könnten. Etwa die Hälfte der bolivianischen Bevölkerung gehört einem der 36 anerkannten Indigenen Völker an. „Diese Wahl ist eine Richtungsentscheidung: ...