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Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU)

Winziger Metallbaustein entscheidet, ob Protein-Fabriken in Zellen reibungslos arbeiten

Winziger Metallbaustein entscheidet, ob Protein-Fabriken in Zellen reibungslos arbeiten
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Ein einzelner Eisen-Schwefel-Baustein entscheidet direkt darüber, ob Ribosomen – also die Protein-Fabriken unserer Zellen – reibungslos arbeiten oder nicht. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles Forschungsprojekt unter Federführung der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU). Die Erkenntnisse erweitern deutlich das Verständnis der Rollen von Metallionen für die Proteinherstellung – und wurden in der renommierten Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America) veröffentlicht.

Metallionen sind wichtige Bausteine des Lebens: So spielen Eisen-Ionen in sogenannten Eisen-Schwefel-Clustern eine zentrale Rolle in Proteinen, also in Eiweißmolekülen, die an verschiedenen, essenziellen Prozessen der Biologie beteiligt sind: Dazu zählen Stoffwechselwege wie die mitochondriale Atmungskette oder der Citratzyklus.

Dass ein winziger Metallbaustein genauso auch für die Proteinproduktion selbst entscheidend ist, haben Forschende der RPTU jetzt zeigen können. PD Dr. Daili Netz – vom Fachbereich Chemie der RPTU – und Doktorandin Nadine Duppe haben dahingehend das Protein Mak16 unter die Lupe genommen. Dazu sollte man wissen: Mak16 nimmt bei der Herstellung von Ribosomen, also bei der Herstellung der „Protein-Fabriken“ in unseren Zellen, eine Schlüsselrolle ein.

Das Team um Daili Netz stellte fest, dass Mak16 – im Zuge des Aufbaus von Ribosomen – nur dann stabil ist und korrekt mit seinem wichtigen Partnerprotein Rpf1 zusammenarbeitet, wenn es den Eisen-Schwefel-Baustein [4Fe-4S] enthält. Der [4Fe‑4S]‑Cluster besitzt eine Struktur, bei der sich vier Eisen‑ und vier Schwefel‑Ionen in etwa kubischer Anordnung alternierend an den Ecken des „Würfels“ befinden. Fehlt dieser Baustein, dann bricht – vereinfacht ausgedrückt – die Ribosomen-Produktion ein, und die Zelle kann daraufhin keine neuen Proteine produzieren.

Fehlt der Cluster, dann können die Ribosomen nicht richtig aufgebaut werden

„Mak16 trägt einen Eisen-Schwefel-Baustein in einer Tasche im Protein“, erklärt Daili Netz zum detaillierten Aufbau der Verbindung. „Diese Tasche besteht aus vier Aminosäuren, den Cysteinresten, die den Cluster festhalten und ihm helfen, stabil im Protein zu binden.“

Um zu zeigen, wie wichtig dieser Cluster für die Zusammenarbeit mit Rpf1 ist, hat das Forschungsteam Mak16 gezielt in zwei Varianten hergestellt: einmal in seiner „normalen“ Form mit intakter Tasche und Cluster. Und einmal so verändert, dass die Tasche den Cluster nicht mehr halten kann. Mittels Immunpräzipitation, was man sich wie eine Art „Protein-Angeln“ vorstellen kann, haben die Forschenden zeigen können, dass nur Mak16 mit intakter Tasche und Cluster das Protein Rpf1 zuverlässig festhalten kann. „Fehlt der Cluster, dann funktioniert die Bindung überhaupt nicht, es bildet sich kein Komplex“, erklärt Daili Netz – und ergänzt, mit Blick darauf, dass Ribosomen aus Proteinen und ribosomaler RNA (rRNA) bestehen: „Wir haben außerdem geschaut, ob die Ribosomen in Hefezellen korrekt zusammengebaut werden. Und konnten sehen, dass die Herstellung der rRNA und die Reifung der Ribosomen stark davon abhängt, ob Mak16 den Cluster trägt. Fehlt der Cluster, dann können die Ribosomen nicht richtig aufgebaut werden.“

Details über den Eisen-Schwefel-Baustein aufgeklärt

Unter der Leitung von Professor Antonio Pierik, Fachbereich Chemie der RPTU, wurde die metallische Natur des Clusters mittels Elektronenspinresonanz (EPR) Spektroskopie nachgewiesen, ergänzt durch Mössbauer-Analysen von Professor Volker Schünemann, Fachbereich Physik der RPTU, und seinem Doktoranden Lukas Knauer. Die Mössbauer-Spektroskopie kann als eine Art superpräziser Eisen-Scanner verstanden werden – denn mittels dieser hoch spezialisierten Methode konnten die Forschenden unter anderem analysieren, wie die Eisenbausteine in der Protein-Struktur gebunden sind. Antonio Pierik erklärt zu den Hintergründen der Untersuchungen: „Mit EPR-Spektroskopie können wir die Eisen-Ionen sehen, weil sie ungepaarte Elektronen haben, die im Magnetfeld bei sehr niedrigen Temperaturen einen Fingerabdruck erzeugen. Die Schwefel-Ionen selbst sieht man nicht direkt, aber sie beeinflussen die Eisen-Ionen so stark, dass man auch ihre Anwesenheit und Anordnung erkennen kann.“ EPR und Mössbauer-Analysen zeigen zusammenfassend, dass Mak16 einen [4Fe-4S]-Cluster enthält, der in zwei stabilen Zuständen vorkommt. Daili Netz: „So konnten wir verstehen, wie die Metallionen im Protein organisiert sind und wie Mak16 dadurch seine Aufgaben in der Zelle erfüllen kann.“

Eine weitere Erkenntnis der Forschenden: Der [4Fe-4S]-Cluster reagiert sehr empfindlich auf oxidativen Stress. Zerfällt der Cluster aufgrund dessen, dann stoppt die Ribosomen-Produktion. So wirkt der Cluster nicht nur als essenzieller Baustein, sondern auch als Sensor, der der Zelle signalisiert, wann die Proteinproduktion reduziert werden sollte.

Die Arbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. „Eisen-Schwefel-Cluster steuern zentrale Zellprozesse wie Stoffwechsel, DNA-Synthese und -Reparatur, Signalübertragung und enzymatische Funktionen und helfen den Zellen, auf Stress zu reagieren. Dass nun ein einzelner [4Fe-4S]-Cluster direkt den Aufbau von Ribosomen beeinflusst, gibt uns neue Einblicke in die Mechanismen der Proteinherstellung, erweitert unser Verständnis der Zellbiologie und erklärt, wie Störungen in diesen Prozessen zu Problemen bei der Proteinproduktion oder bei zellulären Stressreaktionen führen können“, stellt Daili Netz die Besonderheiten der aktuellen Forschungsergebnisse heraus.

Die Studie:

Nadine Duppe, Lukas Knauer, Marc Hagebölling, Lena Langner, Martin Stümpfig, Volker Schünemann, Antonio J Pierik, Daili J Netz (2025): The function of Mak16 in ribosome biogenesis depends on its [4Fe-4S] cluster; PNAS; https://doi.org/10.1073/pnas.2513844122

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

PD Dr. Daili J.A. Netz

Fachbereich Chemie der RPTU Kaiserslautern-Landau

T.: +49 (0) 631-205-2968

E.: dnetz[at]rhrk.uni-kl.de

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Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern Landau

Universitätskommunikation

Christine Pauli

christine.pauli[at]rptu.de

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Über die RPTU
Die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) ist mit rund 16.000 Studierenden und über 1.600 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Technische Universität des Landes. Forschungstätigkeit und Studienangebot umfassen Ingenieurwissenschaften, Natur- und Umweltwissenschaften, Bildungs- und Gesellschaftswissenschaften, Mathematik und Informatik, Psychologie sowie Lehramt für alle Schularten. Mit Forschung und Lehre, die vielfach fächerübergreifend aufgestellt sind, findet die RPTU Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen wie etwa Klimawandel und Energiewende. Zudem schafft sie die wissenschaftlichen Grundlagen, um die Digitalisierung ebenso wie die digitale Transformation voranzutreiben. Als Ort internationaler Spitzenforschung, akademische Talentschmiede sowie Innovations- und Transferpartner steht die RPTU im stetigen Austausch mit Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Forschungscommunity. Wer an der RPTU studiert, lernt, forscht oder arbeitet, ist Teil einer vielfältigen Universitätsgemeinschaft und gestaltet Zukunft.

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