Alle Storys
Folgen
Keine Story von Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V. mehr verpassen.

Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.

Sozialorientierte Vermieter: Das Vorziehen von Klimaneutralität um fünf Jahre ist ein Irrweg und bedroht das bezahlbare Wohnen in Hamburg

2 Dokumente

47/2025

1. Wenn Hamburg bereits im Jahr 2040 klimaneutral sein soll, erhöht das die Miete pro Quadratmeter zusätzlich um bis zu 1,50 Euro. Zudem müssten die Mieten sofort deutlich erhöht werden.

2. Vier von fünf VNW-Unternehmen lehnen ein Vorziehen von Klimaneutralität ab, weil die Investitionen sonst nicht mehr aus bezahlbaren Mieten zu finanzieren sind.

3. Es fehlt zudem bei den Bauunternehmen an Fachkräften, den Umfang energetischer Sanierungen deutlich zu steigern.

4. Die Vermieter fordern mehr Ehrlichkeit in der Klimaschutzdebatte. Wer die Mehrbelastungen für die Mieterinnen und Mieter verschweigt, handelt unredlich.

5. Es braucht zertifizierte Berechnungen über die Auswirkungen des Vorziehens von Klimaneutralität und einen ehrlichen Kassensturz.

Hamburg. In der Diskussion um ein Vorziehen von Klimaneutralität um fünf Jahre haben Hamburgs sozialorientierte Vermieter eindeutig Position bezogen: Sie lehnen derartige Initiativen ab, weil sie das bezahlbare Wohnen in der Hansestadt nachhaltig gefährden. Zugleich fordern sie die Hamburger und Hamburgerinnen auf, beim Volksentscheid „Hamburger Zukunftsentscheid“ am 12. Oktober 2025 mit „Nein“ zu stimmen.

„Eine Klimaneutralität Hamburgs bereits im Jahr 2040 ist der Sargnagel für niedrige Mieten“, sagte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), am Freitag bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes in Hamburg. „Wer sich dafür einsetzt, trägt die Verantwortung dafür, dass sich ein Teil der Bevölkerung in 15 Jahren das Wohnen in Hamburg nicht mehr wird leisten können.“

Die sozialorientierten Vermieter gehen davon aus, dass die Mieten, die angesichts der Kosten der Energiewende ohnehin deutlich steigen müssen, dann noch einmal um ein bis 1,50 Euro pro Quadratmeter höher ausfallen werden. „Wer glaubt, mit dem Slogan von der ‚Sozialverträglichkeit‘ die erheblichen Mehrkosten ‚wegzaubern‘ zu können, der streut den Menschen Sand in die Augen“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner.

Die Stadt Hamburg stelle derzeit mehr als 700 Millionen Euro pro Jahr für den Bau von bezahlbaren Wohnungen bereit. „Ich frage: Woher soll das zusätzliche Geld kommen?“

79 Prozent der VNW-Unternehmen gegen ein Vorziehen von Klimaneutralität

Der VNW-Direktor verwies auf die jüngst veröffentlichten Ergebnisse einer Umfrage unter Hamburgs VNW-Unternehmen. Eine deutliche Mehrheit hält demnach ein Vorziehen von Klimaneutralität nicht für umsetzbar. Demnach lehnen 79 Prozent die Idee, Klimaneutralität bereits 2040 zu erreichen, ab. 13 Prozent halten die Auswirkungen für ihr Unternehmen für „schwer einzuschätzen“. Acht Prozent hätten kein Problem mit dem Vorziehen.

Hintergrund ist der für den 12. Oktober 2025 geplante Volksentscheid, bei dem Hamburgerinnen und Hamburger darüber abstimmen können, ob die Hansestadt Klimaneutralität bereits 2040, also fünf Jahre früher als bislang geplant, erreichen soll. Eine entsprechende Entscheidung wäre nicht mehr zurückzuholen und die Folgen für die Wohnungsunternehmen fatal. Laut EU-Vorgabe ist bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen, Deutschland hat das Ziel bis 2045 festgeschrieben.

Klimaneutralität kostet 40 Milliarden Euro – mindestens

Vom Hamburger Senat beauftragten Experten zufolge kostet es rund 40 Milliarden Euro, alle Wohngebäude Hamburgs bis 2045 klimaneutral zu machen. Bei rund einer Million Wohnungen sind das fast 40.000 Euro pro Wohnung. „Das bis zum Jahr 2045 zu schaffen, wird schon eine enorme Herausforderung. Wenn wir das gleiche Ziel in 25 Prozent weniger Zeit schaffen sollen, brauchen wir ab sofort 25 Prozent mehr Eigenkapital. Dazu müssten wir dann sofort die Mieten erhöhen.“, sagt Marko Lohmann, Vorsitzender des VNW-Landesvorstands Hamburg und Vorstand der Gemeinnützige Baugenossenschaft Bergedorf-Bille eG.

Das Versprechen, Klimaneutralität warmmietenneutral zu erreichen, sei mit Vorsicht zu betrachten. „Alle bisherigen Erfahrungen belegen, dass die Heizkosten nach einer energetischen Sanierung weniger stark sinken als vorher versprochen und die Mehrkosten, die durch eine Sanierung entstanden sind, bei Weitem nicht aufwiegen. Mit anderen Worten: Die Mieterinnen und Mieter zahlen drauf.“

Breitner und Lohmann legten dabei Wert auf die Feststellung, dass Klimaschutz und Energiewende Herzensanliegen der sozialorientierten Vermieter sind. „VNW-Unternehmen haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrere Milliarden Euro in die energetische Sanierung ihrer Wohngebäude investiert. Zudem halten sie ihre Immobilien seit mehr als 100 Jahren in Schuss. Sie denken also in Jahrzehnten. Wir erwarten von allen Beteiligten in der Diskussion um Klimaneutralität Ehrlichkeit. Nur auf die Vorteile zu verweisen, die zusätzlichen Kosten jedoch zu verschweigen oder sie ‚dem Staat‘ aufzudrücken, das geht nicht.“

Zertifizierte Berechnungen über das Vorziehen von Klimaneutralität

Andreas Breitner und Marko Lohmann fordern daher belastbare, von Wirtschaftsprüfern zertifizierte Berechnungen über die Auswirkungen des Vorziehens von Klimaneutralität. „Bei einer Entscheidung, die so fundamental in das Leben der Mieterinnen und Mieter eingreift, sollte es selbstverständlich sein, dass vorher Klarheit über die zu erwartenden Kosten herrscht. Was hierzulande für jede große private Anschaffung gilt, sollte auch für einen so weitgehenden Volksentscheid gelten. Wer beim Volksentscheid mit ‚ja‘ stimmt, sollte vorher geklärt haben, ob es ihm die zusätzlichen mindestens 10.000 Euro für die eigene Wohnung wert ist.“

Lohmann und Breitner verwiesen darauf, dass die Hamburger Energiewerke erst kürzlich ihre Preise deutlich angehoben haben, um die Investitionen in die Wärmewende stemmen zu können. Neukunden müssen seit dem 1. Mai fast ein Drittel mehr für Fernwärme und Heißwasser bezahlen. Die Erhöhungen für Bestandskunden folgen schrittweise vom 1. Juli 2026 an.

„Wir stellen nicht in Frage, dass es möglich ist, die Klimawende sozialverträglich zu organisieren“, so Breitner und Lohmann. „Voraussetzung für eine Wärmewende, die die Menschen nicht überfordert, ist eine pragmatische Herangehensweise, die stets Aufwand und Kosten im Blick hat. Der Quartiersansatz und die gesetzlich zulässige Sektorenkopplung sind richtige Ansätze. Die sozialorientierten Vermieter stehen bereit.“

Leidtragende sind die Menschen mit wenig Geld

„Wer glaubt, man kann die Zeit bis zum Erreichen der Klimaschutzziele beliebig verkürzen, der spielt mit dem sozialen Frieden in den Quartieren“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Wer Geld hat, wird sich über die steigenden Kosten ärgern, kann diese aber letztlich tragen. Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen hingegen werden das mit einem deutlichen Rückgang ihres Lebensstandards bezahlen müssen.“

Die am Gemeinwohl orientierten Vermieter müssten wirtschaftlich arbeiten, um niedrige Mieten dauerhaft garantieren zu können, sagt Peter Kay, Vorstand der Baugenossenschaft freier Gewerkschafter eG. „Dazu gehört, dass sie einen angemessenen Gewinn erwirtschaften. Nur so konnten Hamburgs Wohnungsbaugenossenschaften in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich wirken.“

Die Maximierung von Gewinnen stehe nicht im Mittelpunkt der Arbeit einer Genossenschaft, so Peter Kay weiter. „Das bedeutet auch, dass wir keine prall gefüllten Geldsäcke im Keller stehen haben, die wir anzapfen können, um auferlegte Mehrkosten zu stemmen. „Soziale Vermieter verwenden Mieteinnahmen dazu, ihre Bestände in Schuss zu halten, ihre Angestellten fair zu bezahlen und in den Neubau zu investieren. Das Vorziehen von Klimaneutralität ist ein Irrweg.“

Der Mangel an Fachkräften verschärft die Situation

Was bei der Diskussion über ein Vorziehen von Klimaneutralität völlig außer Acht gelassen werde, sei der jetzt schon vorherrschende Mangel an Fachkräften, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Was nutzt ein hehres Ziel wie Klimaneutralität, wenn niemand da ist, der sie herstellen kann? Vor allem bei Spezialisten erleben unsere Unternehmen einen Mangel. Das wird sich kurzfristig nicht ändern und macht Bauen und Modernisieren von Wohngebäuden teu(r)er.“

Wer in so einer Situation Klimaschutzziele verschärft, nehme das Scheitern der Energiewende in Kauf, so der VNW-Direktor. „Damit ist dem Klimaschutz nicht gedient. Ich habe eher die Sorge, dass die Unterstützung bei den Menschen Schaden nimmt und populistische Kräfte davon profitieren.“

Unternehmen werden umsetzen, was sie umsetzen können

VNW-Unternehmen werden jetzt das umsetzen, was sie umsetzen können. „Dabei geht es darum, mit vertretbarem Aufwand ein Höchstmaß an klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren“, sagt Marko Lohmann. „Für uns ist die Versorgung der Wohnungen mit regenerativ erzeugter Wärme und grüner Energie der Schüssel für einen Erfolg der Energiewende. Das bedeutet: die staatliche Förderung sollte sich auf derartige Projekte konzentrieren: auf Fernwärme, auf Geothermie, auf den Quartiersansatz, bei dem die Reduzierung klimaschädlicher Emissionen des Quartiers und nicht jedes einzelnen Gebäudes im Mittelpunkt steht.“

Ehrlicher Kassensturz nötig

„Wir brauchen einen ehrlichen Kassensturz“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Alle Zahlen müssen auf den Tisch und die ehrliche Aussage, was es die Mieterinnen und Mieter am Ende kosten wird, wenn Hamburg fünf Jahre früher klimaneutral sein wird. Wenn sich eine Mehrheit dann dafür entscheidet, dann ist das so. Was wir aber derzeit erleben, ist eine nebulöse Kampagne, die sich konkreten Berechnungen verweigert und stattdessen Ängste schürt, sowie mit Slogans wirbt, die Bürgerinnen und Bürger in die Irre führen könnten.“

04/07/2025

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 467 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 775.000 Wohnungen leben rund zwei Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,74 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.

V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de

Weitere Storys: Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
Weitere Storys: Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
  • 03.07.2025 – 11:01

    „Das bezahlbare Wohnen sind WIR!“

    Am kommenden Sonnabend, den 5. Juli 2025, feiern die Vereinten Nationen und der Internationale Genossenschaftsbund ICA den Internationalen Tag der Genossenschaften. In Schleswig-Holstein und Hamburg bieten 96 Wohnungsbaugenossenschaften rund 250.000 Wohnungen an und sorgen dafür, dass rund 600.000 Menschen zu bezahlbaren Mietpreisen wohnen können. Kiel/Hamburg. Wohnungsgenossenschaften sind Vermieter mit Werten und ...

  • 26.06.2025 – 12:41

    VNW-Unternehmen gewinnen DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft 2025

    46/2025 Die Baugenossenschaft Bergedorf-Bille eG, die HANSA Baugenossenschaft und die Dornieden Gruppe sind am Mittwochabend in Berlin mit dem DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft 2025 ausgezeichnet worden. Sie erhielten die Ehrung für die Errichtung von 45 Duplexhäusern im Quartier „Haferblöcken“. Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands ...

  • 19.06.2025 – 10:25

    Soziale Vermieter: Städtebauförderung schafft erheblichen Mehrwert

    45/2025 VNW-Direktor Andreas Breiter verweist auf aktuelle Erkenntnisse, wonach ein Euro Städtebauförderung zusätzlich sieben Euro an privaten Investitionen auslöst. Kiel. Die sozialen Vermieter Schleswig-Holsteins haben vor einem Aus der Städtebauförderung im Land gewarnt. „Erfahrungen zeigen, dass durch die Städtebauförderung Städte und Gemeinden ...