Urlaub, Flirts und ein unterschätztes Risiko – Tripper ist zurück auf dem Radar
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Urlaub, Flirts und ein unterschätztes Risiko – Tripper ist zurück auf dem Radar
Sommer, Sonne, Strand – und spontane Urlaubsromanzen. Ob auf Ibiza, oder beim Festival in Wacken: Der Sommer ist Hochsaison für Flirts und – und manchmal auch mehr. Was viele dabei vergessen: sexuell übertragbare Infektionen (STI) feiern ebenfalls ein Comeback – allen voran Tripper, medizinisch Gonorrhö genannt. In England wird deshalb ab August erstmals eine Impfkampagne gegen Tripper gestartet.
Im Interview klärt Dr. med. Martin Zaum, Facharzt für Urologie, im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) für Gesundheit in Krefeld, über aktuelle Entwicklungen und Risikofaktoren auf und wie man sich schützen kann.
Warum rückt Tripper plötzlich wieder so stark in den Fokus?
Weil die Zahlen schon seit Jahren steigen. In Großbritannien wurde 2023 ein historischer Höchststand von über 85.000 Fällen diagnostiziert. Auch in Deutschland beobachten wir eine Zunahme – insbesondere bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und 24 Jahren und Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern. Das Problem ist: Tripper wird oft nicht erkannt, verläuft teilweise ohne Symptome, ist aber hochansteckend.
Der Sommer ist da, viele junge Menschen reisen, feiern, flirten. Ist das ein Risiko?
Ja. In entspannter Urlaubsstimmung - gerade in beliebten Sommer-Party-Hotspots wie Ibiza, Mallorca und auf Festivals – kommt es einfach öfter zu spontanen sexuellen Kontakten ohne ausreichenden Schutz. Alkohol und Drogen verschärfen das Risiko für sexuell übertragbare Infektionen zusätzlich.
Wie äußert sich Tripper – und warum ist die Erkrankung so tückisch?
Gonorrhö wird durch das Bakterium Neisseria gonorrhoeae ausgelöst und befällt die Schleimhäute – meist im Genitalbereich, aber auch im Rachen oder After. Männer entwickeln häufig eine Harnröhrenentzündung. Frauen bemerken manchmal vermehrten Ausfluss oder Unterleibsschmerzen – viele bleiben aber symptomlos, was die Erkrankung besonders heimtückisch macht. Wer keine Beschwerden hat, geht nicht zum Arzt – und steckt unwissentlich andere an.
Sie sehen viele Männer mit urologischen Beschwerden – wie erleben Sie Tripper in Ihrer Praxis?
Wenn Beschwerden auftreten, kommen Männer mit typischen Symptomen wie einer Rötung und Schwellung an der Harnröhrenmündung mit Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen oder eitrigem Ausfluss. Was viele nicht wissen: Eine unbehandelte Gonorrhö kann langfristige Schäden verursachen – etwa Entzündungen der Prostata, Nebenhoden oder auch Unfruchtbarkeit. Wir sehen auch komplizierte Verläufe, weil die Erstbehandlung nicht mehr wirkt. Die zunehmende Antibiotikaresistenz ist ein echtes Problem.
Es gibt einen neuen Wirkstoff gegen Tripper. Was bedeutet das für die Behandlung?
Mit Gepotidacin steht ein neuer, vielversprechender Wirkstoff vor der Markteinführung in Europa. Er wirkt laut Studien gezielt gegen Gonokokken und könnte ein wichtiger Baustein sein, um resistenzbedingte Therapieversagen zu vermeiden. Vor allem oral verabreicht und bei unkomplizierten Fällen effektiv – das wäre ein echter Fortschritt. Aber wir dürfen uns darauf nicht ausruhen. Die Prävention bleibt entscheidend.
England startet eine Impfkampagne – ist das aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Das ist ein wichtiger Schritt. Großbritannien setzt auf den Meningokokken-B-Impfstoff „Bexsero“, der ursprünglich gegen Hirnhautentzündung entwickelt wurde und offenbar auch einen gewissen Schutz gegen Tripper bietet – rund 30 bis 40 %. Das ist zwar kein perfekter Schutz, aber jede Maßnahme zur Eindämmung ist wichtig.
Gibt es auch in Deutschland Pläne für so eine Kampagne?
Noch nicht. In Deutschland wird „Bexsero“ von der Ständigen Impfkommission (STIKO) derzeit nur für bestimmte Risikogruppen empfohlen, etwa für Menschen mit Immunschwäche. Aber das Thema wird in Fachkreisen intensiv diskutiert. Wenn die Daten aus England positiv ausfallen, wäre das sicher ein Impuls, auch hier über eine Impfstrategie nachzudenken – zumindest für besonders gefährdete Gruppen wie Menschen mit wechselnden Sexualpartnern.
Was raten Sie Menschen, die im Sommerurlaub Spaß haben wollen?
Erstens: Kondome nutzen – auch bei Oralverkehr, auch im Urlaub. Zweitens: Wenn man wechselnde Partner hat, regelmäßig auf STI testen lassen – das geht mittlerweile sehr diskret. Und drittens: Wer den Verdacht auf eine Infektion hat, sollte nicht zögern, ärztlichen Rat einzuholen. Tests auf Tripper und andere STI sind heute unkompliziert möglich – in Hausarztpraxen, beim Urologen oder Gynäkologen, in dermatologischen Praxen mit Schwerpunkt Venerologie, in Gesundheitsämtern sowie bei spezialisierten Checkpoints für sexuelle Gesundheit. Auch einige Apotheken und Labore bieten inzwischen anonymisierte Selbsttests an.
Ihr Fazit für die Sommermonate?
Den Sommer genießen, aber den Kopf beim Flirten nicht verlieren. STI sind vermeidbar, wenn wir uns selbst und andere schützen. Ein Test nach dem Urlaub ist keine Schande, sondern Verantwortung.
Helios gehört zum Gesundheitskonzern Fresenius und ist Europas führender privater Gesundheitsdienstleister mit rund 128.000 Mitarbeitenden. Zu Fresenius Helios gehören die Helios Gruppe in Deutschland sowie Quirónsalud in Spanien und Lateinamerika. Rund 26 Millionen Menschen entscheiden sich jährlich für eine medizinische Behandlung bei Helios. 2024 erzielte das Unternehmen einen Gesamtumsatz von mehr als 12,7 Milliarden Euro.
In Deutschland verfügt Helios über mehr als 80 Kliniken, rund 220 Medizinische Versorgungszentren (MVZ) mit etwa 570 kassenärztlichen Sitzen, sechs Präventionszentren und 27 arbeitsmedizinische Zentren. Helios behandelt im Jahr rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland, davon mehr als 4 Millionen ambulant. Seit seiner Gründung setzt Helios auf messbare, hohe medizinische Qualität und Datentransparenz und ist bei 89 Prozent der Qualitätsziele besser als der bundesweite Durchschnitt. In Deutschland beschäftigt Helios rund 78.000 Mitarbeitende und erwirtschaftete im Jahr 2024 einen Umsatz von rund 7,7 Milliarden Euro. Sitz der Unternehmenszentrale ist Berlin.
Quirónsalud betreibt 57 Kliniken, davon sieben in Lateinamerika, rund 130 ambulante Gesundheitszentren sowie über 300 Einrichtungen für betriebliches Gesundheitsmanagement. Jährlich werden hier rund 20 Millionen Patient:innen behandelt, davon mehr als 19 Millionen ambulant. Quirónsalud beschäftigt rund 50.000 Mitarbeitende und erwirtschaftete 2024 einen Umsatz von mehr als 5 Milliarden Euro.