Leibniz-Institut für Bildungsverläufe
Replikationskrise: Vielfältige Ursachen für nicht-replizierbare Forschungsbefunde
Vielfältige Ursachen für nicht-replizierbare Forschungsbefunde
Mit Studienergebnissen, die sich nicht replizieren – also nicht originalgetreu bestätigen lassen, hat die Wissenschaft sich angreifbar gemacht. Doch ist für die Replikationskrise ausschließlich wissenschaftliches Fehlverhalten verantwortlich? Forschende des Verbundprojekts „Konzeptuelle Replikationen“ am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) haben andere Faktoren identifiziert und bieten nun eine Art Blaupause, um Unterschiede in Forschungsbefunden erklären zu können.
Es ist ein Problem, dass viele Befunde in Psychologie, Medizin und Sozialwissenschaften bei Wiederholungsstudien nicht bestätigt werden können. Zentrale Befunde dieser Disziplinen werden angezweifelt. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen stehen unter Verdacht, bewusst Ergebnisse beeinflusst zu haben. Doch es gibt auch andere Gründe für Effektheterogenität.
Im Verbundprojekt „Konzeptuelle Replikationen: Richtlinien zur Durchführung und Einflussfaktoren auf die Replizierbarkeit in unterschiedlichen psychologischen Disziplinen“ haben sich Forschende des LIfBi, der Freien Universität Berlin, der Universität zu Köln und der Ludwig-Maximilians-Universität München genauer mit dem Design und der Analyse von Replikationsstudien auseinandergesetzt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass in vielen Replikationsstudien Informationen zu bestimmten Studienmerkmalen fehlen. Es wird zum Beispiel wenig über Rekrutierungswege, Eigenschaften der Teilnehmenden oder über die Umgebungsbedingungen für die Durchführung der Studien berichtet. „Der Fokus bei Replikationsstudien scheint traditionell vor allem auf der Wiederholung von Material und Analysemethoden zu liegen, während andere wichtige Merkmale vernachlässigt werden“, sagt Dr. Marie-Ann Sengewald, Projektleiterin am LIfBi.
Bei kontrollierten Replikationsstudien, die die Forschenden selbst durchgeführt haben, hat sich vor allem die Stichprobenzusammensetzung als relevant für unterschiedliche Forschungsbefunde herausgestellt. Basierend auf ihren Erkenntnissen, haben die Forschenden Handlungsempfehlungen entwickelt, wie Replikationsstudien systematischer umgesetzt werden können. „Wir möchten eine Art Blaupause liefern, wie kausale Ursachen für unterschiedliche Studienergebnisse identifiziert werden können. Hierfür haben wir kontrollierte Designs, klar definierte Variationen und Analysemethoden entwickelt, um Störeinflüsse bei Replikationsstudien ausschließen zu können“, erklärt Marie-Ann Sengewald. Informationen zu den vorläufigen Projekteergebnissen sind online verfügbar auf der Projektseite Konzeptuelle Replikationen.
Ihre Ergebnisse wollen die Forschenden jetzt auf Disziplinen ausweiten, bei denen nicht-experimentelle Studien stärker im Einsatz sind. Ein Folgeantrag ist geplant. Das Projekt Konzeptuelle Replikationen wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogramms META-REP gefördert.
Detaillierte Einblicke in Hintergründe sowie zum Vorgehen der Forschenden gibt es im Interview mit Dr. Marie-Ann Sengewald:
Das Interview ist zum Wiederabdruck mit Nennung der Originalquelle freigegeben. Wir bitten um (digitale) Belegexemplare an kommunikation@lifbi.de
Über das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi)
Das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) in Bamberg untersucht Bildungsprozesse von der Geburt bis ins hohe Erwachsenenalter. Um die bildungswissenschaftliche Längsschnittforschung in Deutschland zu fördern, stellt das LIfBi eine grundlegende, überregional und international bedeutsame, forschungsbasierte Infrastruktur für die empirische Bildungsforschung zur Verfügung. Kern des Instituts ist das Nationale Bildungspanel (NEPS), das am LIfBi beheimatet ist und die Expertise eines deutschlandweiten, interdisziplinären Exzellenznetzwerks vereint.
BILDMATERIAL:
- Porträt Dr. Marie-Ann Sengewald (Download jpg)
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