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Barrierefreiheit bei Bahnreisen: Was Fahrgäste in Europa heute wissen sollten

Barrierefreiheit bei Bahnreisen: Was Fahrgäste in Europa heute wissen sollten
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Barrierefreiheit bei Bahnreisen: Was Fahrgäste in Europa heute wissen sollten

Über 80 Millionen Menschen in der EU leben mit einer dauerhaften Beeinträchtigung oder eingeschränkter Mobilität. Barrierefreies Bahnfahren erleichtert ihnen und vielen anderen Fahrgästen das Reisen in der EU. In der Realität bleiben barrierefreie Bahnreisen über Grenzen hinweg aufgrund unterschiedlicher nationaler Regelungen jedoch oft eine Herausforderung. Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland erklärt, welche Rechte gelten – und welche Verbesserungen geplant sind.

Stefan F. hat bereits mehrere EU-weite Bahnreisen im Rollstuhl gemacht. In Italien bittet eine Durchsage darum, Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität zuerst aussteigen zu lassen. Auch in Finnland macht er eine positive Beobachtung: Bei der Fahrkartenkontrolle kann ein estnischer Fahrgast im Rollstuhl aufgrund eines Pilotprojekts einfach zur Anerkennung seines Behindertenstatus seinen EU-Behindertenausweis vorzeigen – zusätzliche ärztliche Atteste werden nicht verlangt. So unkompliziert sollte es auch für ihn sein, denkt sich Stefan F. Doch der EU-Behindertenausweis ist noch nicht europaweit gültig. Zudem machen unterschiedliche nationale Regelungen und schwer zugängliche Bahnsteige seine Reisen weiterhin anspruchsvoll.

Welche Regelungen gelten bei barrierefreien Reisen in der EU?

Die Verordnung (EU) 2021/782 stärkt die Rechte von Bahnreisenden mit eingeschränkter Mobilität oder Behinderung. So regelt sie, dass die persönliche Begleitperson kostenlos oder zu einem Sondertarif mitfahren darf, sofern dies im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten ist. Vor einer Reise in ein anderes EU-Land rät das EVZ daher, sich über das Bahnfahren mit dem deutschen Schwerbehindertenausweis zu informieren.

Gut zu wissen: Damit die kostenfreie Begleitung im Ausland aktuell überhaupt anerkannt werden kann, ist es wichtig, einen deutschen Schwerbehindertenausweis vorlegen zu können und die Fahrkarte in Deutschland zu buchen. Doch auch dann kann es aufgrund nationaler Unterschiede in den Fahrgastrechten passieren, dass die kostenfreie Begleitung nicht gewährt wird. So kann es beispielsweise sein, dass ein anderes Land die Art der Einschränkung nicht anerkennt. Verbraucher können sich in einer Länderübersicht über die entsprechenden Bestimmungen informieren.

Die gute Nachricht: Geplante Neuerungen sollen bestehende Unterschiede in Europa abbauen. Ab Juni 2028 wird der Europäische Behindertenausweis Realität. Er sorgt für eine einheitliche Anerkennung des Behindertenstatus in der EU sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen. So können Reisende mit einer Behinderung künftig die gleichen Ermäßigungen und Sonderregelungen in Anspruch nehmen wie Personen, die im jeweiligen Land leben. Er soll in physischer und digitaler Form zugänglich sein. Im Rahmen eines Pilotprojekts wurde der EU-Behindertenausweis bereits jetzt in acht Mitgliedsstaaten, darunter Finnland, Slowenien und Estland, teilweise eingeführt.

Auch im digitalen Raum werden Barrieren abgebaut. Dies ist insofern für Bahnreisen relevant, da diese oftmals an Fahrkartenautomaten und auf mobilen Endgeräten gebucht werden. Das Europäische Barrierefreiheitsgesetz verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, Apps, Webseiten und Fahrkartenautomaten so zu gestalten, dass Menschen mit einer Behinderung sie ohne fremde Hilfe bedienen können.

Wie alle von barrierefreien Bahnreisen profitieren

Die schwangere Martina K. findet im Zug auf einem Vorrangsitz bequem Platz. Am Bahnsteig nutzt sie gemeinsam mit der Familie Müller, die mit dem Kinderwagen unterwegs ist, den Aufzug. Das zeigt: Barrierefreie Angebote erleichtern vielen weiteren Personengruppen die Bahnreise:

  • Aufzüge, Rampen und Vorrangplätze helfen auch Schwangeren, älteren Menschen, Eltern mit Kinderwägen und Reisenden mit Gepäck.
  • Beschilderungen in großer Schrift und kontrastreichen Farben erleichtern die Orientierung, auch für Reisende, die die Landessprache nicht sprechen.
  • Akustische Durchsagen unterstützen auch alle, die im Gedränge die Anzeigetafeln nicht sehen können.
  • Einfache Sprache und klare Navigation auf Buchungsseiten und in Apps erleichtern den Zugang zu Reiseinformationen für alle Fahrgäste.

Fünf Tipps für Bahnreisende mit eingeschränkter Mobilität

Bei Reisen in ein anderes EU-Land rät das EVZ, wichtige Tipps zur Vorbereitung zu beachten:

  • Wenden Sie sich an die Mobilitätsservice-Zentrale des Bahnunternehmens, um sich über Ihren spezifischen Fall zu informieren.
  • Überprüfen Sie beim Kauf der Fahrkarte bereits online die Umsteigezeiten, Einstiegsmöglichkeiten und Regelungen zur Sitzplatzreservierung.
  • Prüfen Sie online oder telefonisch den Zugang zum Bahnhof und den Gleisen. Erkundigen Sie sich, ob das Gleis in Ihrem Reiseland erst kurz vor Abfahrt festgelegt wird.
  • Melden Sie Ihren Hilfebedarf spätestens 24 Stunden vor Ihrer Abreise an und treffen sie frühzeitig am Bahnhof ein.
  • Halten Sie Ihre Dokumente griffbereit, um Nachweise schnell vorlegen zu können. Es empfiehlt sich zudem, Übersetzungen der Bescheinigungen mit sich zu führen.

Kostenlose Unterstützung bei Problemen

Bei Streitfällen mit ausländischen Bahnunternehmen berät Sie das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland kostenlos über Ihre Rechte und hilft Ihnen, Ihre Ansprüche in anderen EU-Ländern durchzusetzen.

Für Interview-Anfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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Ihr Kontakt für Presseanfragen: Inga Esch

Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland
c / o Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz e. V.
Bahnhofsplatz 3, 77694 Kehl
T +49 (0) 78 51.991 48-50

presse@evz.de | www.evz.de

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