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Nach Erdbeben in Syrien: Mehr Wachstumsstörungen bei Kindern erwartet

Berlin/Gaziantep (ots)

Hundert Tage nach dem Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion rechnen Helfer*innen in Syrien mit einem nie dagewesenen Ausmaß von Wachstumsstörungen bei Kindern. Die Kombination von steigenden Preisen, wegfallenden Einkommen und einem maroden Gesundheitssystem gefährden die Entwicklung von Millionen von Kindern.

Prognosen zufolge könnten mindestens 665.000 weitere Menschen in Syrien in nächster Zeit an Hunger leiden. Der Krieg und die Corona-Pandemie hatten bereits vor dem Erdbeben dazu geführt, dass 12,1 Millionen Menschen von Ernährungsunsicherheit und Hunger betroffen waren - mehr als die Hälfte der syrischen Bevölkerung. Jedes vierte Kind unter fünf Jahren hatte Wachstumsstörungen (Stunting), jede achte schwangere Frau war akut mangelernährt.

Im Nordwesten Syriens, wo zahlreiche Geflüchtete des Syrien-Krieges unter prekären Bedingungen leben, ist die Lage besonders dramatisch. Dort stieg die Zahl der von Stunting betroffenen Kinder bereits im vergangenen Jahr kontinuierlich an. Nach dem Erdbeben hat sich die Ernährungskrise weiter verschärft. Immer mehr Familien können sich kein ausreichendes Essen mehr leisten.

"Schon jetzt sehen wir besonders viele Fälle von Wachstumsstörungen. Millionen von Kindern sind aufgrund von Mangelernährung für immer in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung beeinträchtigt", sagt Rasha Muhrez, Leiterin der Syrien-Einsätze von Save the Children. "Es beunruhigt mich zutiefst, dass die Wirtschaftskrise noch viele weitere Menschen in Syrien in schwere Formen von Hunger treiben wird."

Das sogenannte Stunting ist eine Folge von Mangelernährung. Wenn der Körper zu wenige Nährstoffe erhält, führt dies bei Kindern zu einem verringerten Wachstum, erhöht das Infektionsrisiko und beeinträchtigt auch die geistige Entwicklung. Mangelernährung in der Schwangerschaft erhöht das Risiko von Fehl- und Frühgeburten, Anämie sowie Müttersterblichkeit bei der Geburt. Die im September 2022 ausgebrochene Cholera-Epidemie in Syrien ist für mangelernährte Kinder besonders lebensbedrohlich. Gleichzeitig fehlt es in dem Land an ausreichender medizinischer Versorgung.

"Von den Krankenhäusern, die nach zwölf Jahren Krieg noch standen, wurden durch das Erdbeben viele zerstört", sagt Antenanie Enyew, Regionaler Ernährungsberater von Save the Children. "Hinzu kommt, dass auch die Mitarbeitenden im Gesundheitssektor massiv unter den Folgen des Krieges, der Pandemie und des Erdbebens leiden. Ich befürchte, dass die Hungerkrise außer Kontrolle gerät."

Gab es vor dem Kriegsbeginn 2011 noch rund 80.000 Ärztinnen und Ärzte in Syrien, sind es heute nur noch rund 20.000. In einigen Gegenden, auch im Erdbebengebiet, kommt nur ein Arzt oder eine Ärztin auf 10.000 Einwohner*innen.

"Die Lage war schon katastrophal. Durch das Erdbeben wurde sie noch schlimmer", sagt Tareq*, ein Arzt in einer von Save the Children unterstützten mobilen Krankenstation. "Es gibt zum einen zu wenige Gesundheitsdienste, zum anderen haben die Leute Schwierigkeiten, dort hinzukommen."

Save the Children fordert eine umfassende und langfristige Unterstützung für die Kinder in Syrien. "Die internationale Gemeinschaft hat sich in Syrien in den zwölf Kriegsjahren auf Nothilfeeinsätze konzentriert, ohne dafür zu sorgen, dass sich die Menschen eine neue Lebensgrundlage aufbauen können und für Krisen gewappnet sind", sagt Rasha Muhrez. "Das wurde durch das Erdbeben sichtbar, aber jetzt haben wir die Chance, die durch die Katastrophe entstandene Aufmerksamkeit für eine neue, auf Langfristigkeit ausgerichtete Hilfe zu nutzen."

Hinweise für die Redaktion:

  • 8,8 Millionen Menschen in Syrien sind vom Erdbeben betroffen, darunter 3,7 Millionen Kinder.
  • Die Weltbank rechnet mit einem Schrumpfen der syrischen Wirtschaft um mindestens 5,5 Prozent in diesem Jahr. Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Brot stiegen mancherorts um 20 Prozent, sogar Zwiebeln gelten inzwischen als Luxusgüter.
  • Die humanitäre Not birgt auch ein hohes Kinderschutzrisiko. Probleme wie Frühverheiratungen, Kinderarbeit, sexuelle Ausbeutung und die Rekrutierung von Kindersoldaten dürften zunehmen.
  • Save the Children ist seit 2012 für Kinder und ihre Familien in Syrien im Einsatz und leistet Nothilfe, psychosoziale Hilfe sowie Unterstützung beim Wiederaufbau einer Grundversorgung.
  • Im Rahmen der Erdbebenhilfe liefert die Kinderrechtsorganisation über ihre Partner Hilfe in den Gouvernements Idlib und Aleppo und stellt Essen, Decken, Zelte und warme Kleidung bereit. Save the Children verteilt Hygieneartikel und Wasser und hilft beim Zugang zu Gesundheitsdiensten.

* Name zum Schutz geändert

Fotos und B-Roll zum Download aus Syrien und der Türkei finden Sie hier.

Unter © Save the Children ist das Material honorarfrei auch zur Weitergabe an Dritte nutzbar.

Bei Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an unsere Pressestelle.

Aktuelle Informationen finden Sie auf Twitter @SaveChildrenDE.

Pressekontakt:

Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Susanne Sawadogo
Tel.: +49 (0)30 - 27 59 59 79 - 120
Mail: susanne.sawadogo@savethechildren.de

Marie-Sophie Schwarzer
Tel.: +49 (0)30 - 27 59 59 79 - 226
Mail: marie.schwarzer@savethechildren.de

Über Save the Children
Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin und
Kinderrechtlerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in
Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die
inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in
rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder
in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die
Rechte der Kinder achtet, in der alle Kinder gesund und sicher leben
sowie frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit
über 100 Jahren.

Original-Content von: Save the Children Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell

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