BR-Rundfunkratsvorsitzender Bernd Lenze: Schleichwerbung verdirbt die Sitten im Mediensektor
München (ots)
Ein senderübergreifendes "Bündnis gegen Schleichwerbung" hat der Vorsitzende des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks, Bernd Lenze, vorgeschlagen. Die jüngsten Schleichwerbungsfälle bei öffentlich- rechtlichen wie kommerziellen Fernsehsendern hätten deutlich gemacht, dass sich illegale Werbeformen in eine wachsende Zahl von Programmen einschleichen. Dagegen müssten alle Verantwortlichen gemeinsam Widerstand leisten. Die Beschlüsse des Aufsichtsrats der Bavaria hätten ein wichtiges Zeichen gesetzt. Lenze forderte jedoch, künftig bei allen Produktionstöchtern öffentlich-rechtlicher Sender geeignete Controlling-Systeme zur Verhinderung von Schleichwerbung zu installieren.
Bernd Lenze, zugleich Vorsitzender der ARD- Gremienvorsitzendenkonferenz: "Die deutschen Rundfunk- und Medienräte müssen im Interesse der Allgemeinheit dafür kämpfen, dass diesen unlauteren Praktiken auf der ganzen Linie Einhalt geboten wird. Schleichwerbung ist kein Kavaliersdelikt, sondern zieht den gesamten Mediensektor ins Zwielicht. Hier muss auch die Branche selbst eine klare Grenze ziehen. Das gilt gleichermaßen für die öffentlich-rechtlichen wie die privaten Rundfunkveranstalter. Das geht aber auch an die Adresse der Produzenten, wo ja die Agenturen als erste anklopfen. Schleichwerbung ist keine Alternative für die Wirtschaft, weil sie den Verbraucher zum Misstrauen erzieht. Das zahlt sich langfristig für keine Seite aus." Als einen möglichen Weg zu mehr Ehrlichkeit im deutschen Fernsehen bezeichnete Bernd Lenze den Vorschlag des ARD-Vorsitzenden Thomas Gruber, künftig in allen Produktionsverträgen schmerzhafte Strafen für Schleichwerbung festzuschreiben. Weitergehend als von Gruber vorgeschlagen, hält Lenze dies aber nicht nur für die ARD, sondern für alle deutschen Rundfunk- und Fernsehsender für notwendig.
Lenze: "Es ist ja merkwürdig, wie still sich die gesamte Branche bei der öffentlichen Diskussion um den Fall Marienhof verhält. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir uns bei der Aufarbeitung des Themas Schleichwerbung erst am Anfang befinden. Was wir jetzt brauchen, ist ein Bündnis gegen Schleichwerbung, an dem sich flächendeckend sowohl alle Auftraggeber von Fernsehproduktionen, als auch die wichtigsten Auftragnehmer auf der Produzentenseite beteiligen. Dazu könnten die Landesmedienanstalten zusammen mit ARD und ZDF Musterverträge erarbeiten, die einen verbindlichen Verhaltenskodex gegen Schleichwerbung enthalten. Damit könnten dann auch die derzeit noch stillschweigend tolerierten Verfehlungen kommerzieller Sender leichter durch die Landesmedienanstalten unterbunden werden."
Ebenfalls notwendig sind nach Ansicht des BR- Rundfunkratsvorsitzenden klare und durchschaubare Regelungen für den Graubereich sogenannter Kooperationen und für das Sponsoring. Bernd Lenze: "Ob Gummibärchen, Handyshow, Brotaufstrich oder Tiefkühlkost - was uns in manchen Programmen mittlerweile alles zugemutet wird, ist unerträglich. Das sind doch nur noch Dauerwerbesendungen."
Auch die nationale Politik ist nach Ansicht Lenzes gefordert. Deutschland müsse sich dafür stark machen, dass Brüssel auf keinen Fall das Verbot von Schleichwerbung bei der Novellierung der Fernsehrichtlinie lockert. Lenze: "Dann würde Fernsehen zur reinen Verkaufsveranstaltung verkommen. Der eigentliche Informations- und Bildungsauftrag würde zum Schaden für Demokratie und Pluralismus an den Rand gedrängt. Das kann niemand wollen."
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