Alle Storys
Folgen
Keine Story von Friedrich-Ebert-Stiftung mehr verpassen.

Friedrich-Ebert-Stiftung

Presseinformation zum Gutachten: Klicks, Quoten
Reizwörter: Nachrichten-Sites im Internet
Journalismus im Internet: Quote schlägt seriöse Information

Berlin (ots)

Gutachten der Friedrich-Ebert-Stiftung - Wie
Bürgerjournalismus und Spaßgesellschaft die Internetauftritte der 
Verlage bedrohen.
Die Internetangebote vieler deutscher Tageszeitungen und 
Nachrichtenmagazine verlieren an Niveau und Bedeutung. Das zeigt ein 
Gutachten der Friedrich-Ebert-Stiftung. Selbst renommierte 
Redaktionen unterwerfen ihre Nachrichtenangebote dem Massengeschmack 
und dem Primat der Einschaltquote. Im Wettbewerb um Marktanteile 
eifern viele Verlage den Portalen wie T-Online und Yahoo nach. Nicht 
Information, sondern Unterhaltung steht im Vordergrund. Im Ergebnis 
entstehen holzschnittartige, seichte, verwechselbare 
Internet-Angebote, lautet das Fazit der Studie. Die Leser werden im 
Web unzureichend informiert oder sogar manipuliert.
Die Autoren Steffen Range ("Die Welt") und Roland Schweins 
("Handelsblatt") legen ein Gutachten vor, das Fehlentwicklungen im 
Online-Journalismus skizziert. Sie erklären für Außenstehende 
verständlich, wie Internet-Redaktionen funktionieren und welchen 
Zwängen sie ausgesetzt sind. Im Mittelpunkt steht die Frage, welche 
Folgen sich aus der überragenden Bedeutung der Einschaltquote für 
Nachrichtenportale ergeben. Das Gutachten zeigt auf, inwieweit sich 
durch die Fixierung auf Klickraten das Denken der Verleger, das 
Handeln der Journalisten, die Methoden der Anzeigenkunden verändern.
Tatsächlich erreichen Unterhaltungsportale wie "T-Online", 
"Yahoo!" und "WEB.DE" mit ihren Nachrichten längst viel mehr Leser 
als "Bild", "Süddeutsche" oder "Frankfurter Allgemeine Zeitung". 
Während das Internet zum Massenmedium geworden ist und die Reichweite
in allen Bevölkerungsschichten erhöht, tauchen in der Liste der 
wichtigsten Werbeträger nur wenige redaktionelle Angebote klassischer
Verlage auf. Laut einem aktuellen Report des Onlinevermarkterkreises 
(OVK, Stand April 2007) stehen an den ersten Positionen T-Online, 
WEB.DE und MSN.de, erst auf Rang 13 folgt Spiegel Online. Die Plätze 
16 bis 18 nehmen Bild.T-Online, Focus Online und Chip Online ein.
Um diesen Rückstand zu verkürzen, ahmen die Verlage die 
Erfolgsrezepte der Unterhaltungsportale nach und wenden deren 
Methoden zur Steigerung der Einschaltquote an. Sie setzen auf seichte
Themen, Klatsch und Tratsch, Bildergalerien und Gewinnspiele. 
Boulevard und Information sind im Netz ein Bündnis eingegangen.
Der Grund: Skandale, Peinlichkeiten und Reizworte wie "Sex"; 
"Blut" und "Orgie" erbringen stets höhere Einschaltquoten als 
nüchtern prä-sentierte News. Bilderstrecken und in viele Teile zum 
Weiterklicken filettierte Texte stechen jeden seriös betitelten 
Artikel aus. Online-Redakteure sind Getriebene in diesem Spiel. Den 
Takt geben als Marktführer die Unterhaltungsportale und mächtigen 
Suchmaschinen vor. Das bringt den Qualitäts-Journalismus alter Schule
in Gefahr.
Gemessen an den strengen Kriterien des 'Qualitätsjournalismus', 
die Verleger und Chefredakteure selbst aufgestellt haben, versagen 
die meisten ihrer Nachrichtenportale, lautet das Fazit der Autoren. 
Kennzeichen des tatsächlich vorherrschenden Nachrichtenjournalismus 
im Netz sind Zweitverwertung, Agenturhörigkeit, Holzschnittartigkeit,
Eindimensionalität und Einfallslosigkeit. Gegen das Trennungsgebot 
von Werbung und redaktioneller Berichterstattung wird systematisch 
verstoßen. Weder bestimmen Wichtigkeit und Relevanz allein die 
Nachrichtenauswahl der Websites noch steht Originalität im Zentrum.
Die Verlage nehmen in Kauf, auf Dauer jene Merkmale zu verlieren, 
die sie von Weblogs und Unterhaltungsportalen abgrenzen: Solidität, 
Seriosität und Kompetenz bei der Einordnung von Themen, 
Glaubwürdigkeit und Relevanz der Information. Mehr noch: Am 
Massengeschmack ausgerichtete Medien geben die ihnen vielfach 
zugeschriebene Rolle als vierte Gewalt im Staat auf. 
"Infotainment-Journalisten, die dem Volk aufs Maul schauen, taugen 
nicht mehr als demokratische Aufklärer, Kontrolleure der Regierenden 
und Mahner der Mächtigen", schreiben die Autoren Steffen Range und 
Roland Schweins.
Zum Erscheinen der Studie haben die Autoren ein Weblog gestartet. 
Das Blog "Werkkanon" (http://werkkanon.blogspot.com) soll entlarven, 
wo in seriösen Medien Quote die Qualität aussticht. Das Gutachten 
wird in Bloggerkreisen derzeit stark diskutiert.
Einzelexemplare des Gutachtens Range/Schweins "Klicks, Quoten, 
Reizwörter: Nachrichten-Sites im Internet" können kostenlos bei der 
Friedrich-Ebert-Stiftung abgerufen werden:
Online: http:library.fes.de/cgi-bin/populo/puma.pl Stichwort: 
Range per E-mail:  Presse@fes.de, Bestellnummer: Puma 6054 als 
PDF-Dokument: www.fes.de/medienpolitik

Pressekontakt:

Friedrich-Ebert-Stiftung,
Beate Martin, Referentin der Stabsabteilung,
Hiroshimastraße17,
D-10785 Berlin,
Tel.: 030/26935-842,
E-mail: beate.martin@fes.de

oder

Roland Schweins,
Kölner Landstr. 38,
40591 Düsseldorf,
Telefon: 0177/ 45197-51
E-Mail: roland_schweins@online.ms
Internet: http://werkkanon.blogspot.com

Original-Content von: Friedrich-Ebert-Stiftung, übermittelt durch news aktuell