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Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Zypern:

Bielefeld (ots)

Brüsseler Nächte sind lang. Die Rettung der Banken, die Suche nach Auswegen aus der Finanz- und Schuldenkrise - das alles ist zuletzt zur politischen Normalität geworden. Das gilt nicht für die Nacht auf Montag: Das harte Ringen der EU mit Zypern um ein milliardenschweres Rettungspaket »in letzter Minute« dürfte in die Geschichtsbücher eingehen. Nicht nur, weil die Gemeinschaft erstmals kurz davor stand, eines ihrer Mitglieder zu verlieren. Bemerkenswert ist vor allem, dass erstmals in der Euro-Schuldenkrise eine Bank geschlossen wird. Europas führende Politiker machen endlich ernst. Schluss mit Milliardengarantien für marode Banken ohne Gegenleistung. Das soll Signalwirkung auf alle EU-Länder haben. In Spanien, Griechenland und Irland hat es die Gemeinschaft bisher nicht gewagt, angeschlagene Institute pleite gehen zu lassen. Stattdessen nahm Brüssel eine immer weiter wachsende Staatsverschuldung in Kauf. Wahrlich kein Königsweg. Vielleicht war Zypern klein genug, um die EU-Länderchefs und Finanzminister zu einer Wende ihrer bisherigen Politik zu bewegen. Das Risiko, dass von dem Mini-Staat ein Flächenbrand ausgeht, wurde als gering erachtet. Die Laiki-Bank gilt als nicht systemrelevant. So hart es insbesondere für die meisten Bürger des Inselstaates klingt: Das Exempel Zypern war notwendig - für die Zukunft des Euro. Zyperns überdimensioniertes Bankensystem konnte die Gemeinschaft nicht länger dulden. Es künstlich am Leben zu halten, wäre zum Fass ohne Boden geworden. Gut am Rettungspaket ist, dass das Geld der Kleinsparer verschont bleibt. Bluten müssen die Reichen. Man muss kein Mitleid haben, wenn es die russischen Oligarchen trifft, sofern sie ihr Geld nicht bereits in Sicherheit gebracht haben. Problematischer dürfte sich die Zwangsabgabe auf den zyprischen Mittelstand auswirken. Wenn Unternehmer das Vertrauen verlieren, wenn sie nicht mehr investieren, sind Arbeitsplätze gefährdet - womöglich tausende. Die Wirtschaft wird einknicken. Zudem erhöht sich durch den Zehn-Milliarden-Kredit der EU die Staatsverschuldung. Anleger werden - sofern es möglich ist - ihr Geld abziehen. Fazit: Es wird schwer für Zypern. Das Hilfspaket hat die Pleite des Landes verhindert, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt das Verhalten der Parlamentarier in Nikosia. Dass die Abgeordneten bei der eigenen Bevölkerung den fälschlichen Eindruck erweckt hatten, die EU habe Zypern genötigt, auch Kleinsparer zur Kasse zu bitten, ist eine Frechheit. So sollte Stimmung gegen Brüssel gemacht werden. Der erst vor einem Monat gewählte Präsident Nikos Anastasiades ist mit der Situation überfordert. Er hat sich verzockt, als er Russland und die EU gegeneinander ausspielen wollte. Am Ende wollte auch Moskau nicht helfen. Nun aber gehört Zypern weiter zur Währungsunion. Und das ist gut so.

Pressekontakt:

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Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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