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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Afghanistan

Bielefeld (ots)

Der Tod drei deutscher Polizisten in Kabul
markiert eine neue Gefährdungsstufe. Zehn tote Deutsche in zehn 
Monaten sprechen allen gebetsmühlenartigen Politiker-Appellen Hohn, 
man dürfe sich nicht dem Terror und den Taliban geschlagen gegeben.
So sehr das auf abstrakter Ebene richtig ist, so weit verstellt es 
den Blick auf Risiken, denen deutsche Soldaten, Polizisten und 
Nothelfer ausgesetzt sind. Fachleute alarmiert, dass nicht einmal 
mehr Sprengschutzmatten im Fahrzeugboden ausreichenden Schutz 
gewähren. Hüten wir uns vor der Annahme, ein kleiner Störsender wie 
in Militärfahrzeugen üblich, müsse für Polizei und Botschaft 
angeschafft werden und die Gefahr sei gebannt.
Auch die Bundeswehr-Strategie der ausgestreckten Hand, des Zugehens 
auf Zivilisten muss in Frage gestellt werden. Wer sich gestern noch 
sicher wähnte, kann morgen schon im Basar von Attentätern erwartet 
werden. Der Tod von drei Mitarbeitern der Wehrverwaltung im Mai in 
Kundus müsste Warnung genug sein.
Auch die »intensive« Untersuchung des Mordanschlags auf einen 
Ingenieur der Welthungerhilfe im März in Sar-i-Pul zeigt, dass selbst
Deutsche mit noch so hehren Motiven ins Fadenkreuz des Terrors 
geraten sind. Die sehr wahrscheinlich massiv gefolterten Täter sollen
»gestanden« haben, von den Taliban gezielt in den Norden entsandt 
worden zu sein. Kurzum: Die angeblich noch so sichere Region wurde 
gezielt destabilisiert.
Im Gegensatz zur Politik haben die Hilfsorganisationen längst 
reagiert. Sie haben Überlandfahrten weitgehend eingestellt, sie 
ziehen sich de facto ohne große Ankündigung zurück, und sie beklagen 
zu Recht, die immer stärkere Vermischung von zivilem und 
militärischem Engagement. Schon vor zwei Jahren hat die 
Welthungerhilfe verlangt, die Fahrzeugfarbe Weiß jenen zu überlassen,
die keine Waffen mit sich führen.
 Vergebens. Niemand hält sich daran - auch nicht die deutschen 
Polizei- und Sicherheitsbehörden.
 Die meist mit Blick auf die Verlängerung der drei 
Afghanistan-Mandate ausgegebene Devise des »Weiter so« muss überprüft
werden. Militärische Durchhalteappelle und glasklare Analyse ohne 
Denkverbote sind zweierlei. Unterhalb der höchsten Regierungsebene, 
die internationalen Zusagen verpflichtet ist, muss es jetzt in 
Deutschland ein solches Nachdenken geben:
- Welches konkrete Ziel soll und kann der Militäreinsatz noch 
erreichen?
- Wer wird eigentlich noch geschützt, wenn Militärs 95 Prozent ihrer 
Kapazitäten auf den Selbstschutz verwenden müssen?
- Wie effektiv ist humanitäres Engagement von Militärs?
- Welche Gefährdungen gehen von solch gut gemeinten Handlungen auf 
die Zivilhelfer aus, die mit weniger Geld und Material oft mehr 
erreichen?
Diese Fragen gilt es offen zu stellen und zu beantworten - auch im 
Sinne tausender Angehöriger. Bei ihnen löst inzwischen fast jede 
Meldung aus Afghanistan albtraumhafte Ängste aus.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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