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Neue Westfälische (Bielefeld): Die EU und die Flüchtlingsfrage Enttäuschung Europa Dirk Müller

Bielefeld (ots)

Vor mehr als 25 Jahren hat der heute gern als "dienstältester EU-Parlamentarier" vorgestellte Bielefelder CDU-Politiker Elmar Brok mir in einem Interview über die Beziehungen Europas zum Rest der Welt den Satz in der Block diktiert: "Eines Tages werden sich die Massen aus Afrika und anderswo auf den Weg zu uns machen, um sich ihren Anteil an Lebenschancen und Wohlstand zu holen." Das habe ich nicht vergessen, und es beeindruckt mich heute - wo es so weit ist - noch stärker. Ob Broks Weitsichtigkeit stets Maxime seines politischen Handelns als einer der wichtigsten Strippenzieher in den europäischen Gremien und internationalen Begegnungen gewesen ist, soll hier nicht die Hauptrolle spielen. Realpolitik beim Bau des oft beschworenen europäischen Hauses ist hartes Brot. Die Architekten dieses Hauses jedenfalls haben uns das Bauprojekt über die letzten Jahrzehnte hinweg als gewissermaßen alternativlos hingestellt: Europa, die Europäische Union, Hort von Frieden und Wohlergehen, von wirtschaftlicher Prosperität und grenzenloser Solidarität. Kritik an dem rasanten Ausbau, die etwa auf mangelnde demokratische Solidität des europäischen Fundaments hinwies, wurde häufig "beiseiteharmonisiert", oder - schlimmer noch - als europafeindlich, reaktionär, national diffamiert. Heute zeigt sich, dass die Erweiterung der EU auf 28 Mitgliedsstaaten in vielen Fällen übereilt war oder zumindest zweifelhaften Motiven folgte. Übertreiben wir die Metaphorik nicht, aber das Zusammenleben in einem Gebäude setzt doch zumindest so etwas wie Gemeinschaftssinn voraus. Wir erleben alles andere als das. In der sogenannten Flüchtlingskrise herrscht kalter nationalstaatlicher Egoismus, und es hat den Anschein, dass sich gerade diejenigen dabei besonders skrupellos und hartherzig gebärden, die ihrerseits gar nicht schnell genug unter den europäischen Schutzschirm schlüpfen konnten, als sich die Gelegenheit ergab. Vor der Aufnahme in die EU muss jeder Kandidat einen Anforderungskatalog abarbeiten - was ist da eigentlich geprüft worden bei Polen, Tschechien, Ungarn, den baltischen Staaten? Werte wie Gerechtigkeit, Solidarität, Achtung von Menschenrechten und -würde können allenfalls eine Nebenrolle gespielt haben. Anders ist nicht zu erklären, dass etwa ein ungarischer Regierungschef es "eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Zeit" nennt, eine Verteilung der Flüchtlinge in der EU zu vereiteln. Europa gibt im Umgang mit der von Elmar Brok vorausgesehenen Völkerwanderung ein jämmerliches Bild ab, und Deutschlands engste Partner in Westeuropa hübschen es kaum auf. Es bleibt derzeit Angela Merkels Geheimnis, wie sie sich die europäische Lösung des "Wir schaffen das" vorstellt, an der sie so hartnäckig festhält. Sicher ist, ein Europa, das angesichts der Flüchtlingsfrage nicht zu einer gemeinsamen Verantwortung findet, hat seinen Sinn verfehlt und läuft Gefahr, alles zu verlieren: Freiheit, Wohlstand und am Ende auch den Frieden.

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